Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
nachgeschaut?«, sagte Otto noch, bevor er seine Kunden bediente. Während er beschäftigt war, durchwühlte ich meinen Schulrucksack. Nichts. Dann nahm ich mir die Sporttasche vor, und da, in der Außentasche, entdeckte ich das Päckchen. Gleiches Geschenkpapier, gleiches Goldband. Fast gleicher Inhalt: Zwei Glaskugeln in Gold. Super. Absolut erste Sahne.
Wow! Mein Wichtel war eine Person, die wusste, was mir gefiel. Und – noch besser – es könnte sich um einen Jungen handeln, der mir auf dem Wichtelweg mitteilen wollte: Hey, Holly, ich mag dich so sehr, dass ich dich 24 Mal beschenken werde.
Ich fand, das war ein schöner Gedanke …
Nell spielte Blockflöte im Schulorchester. An diesem Nachmittag übte sie für die Weihnachtsfeier. Ich fand das Gepiepse absolut nervig und drehte meinen Kassettenrekorder auf volle Lautstärke. Okay, kein Mensch kann bei einem solchen Lärm Hausaufgaben machen, also zog ich einen zweiten Pulli über, drehte die Heizung herunter und riss das Fenster auf. Obwohl Nell »Oh du fröhliche« flötete, wurde ihr Gesicht immer finsterer. Es dauerte nicht lange, dann hatte ich es geschafft: Sie verzog sich in den vollgerümpelten Abstellraum im Keller.
Ich knallte das Fenster zu und setzte mich zum Aufwärmen vor die aufgedrehte Heizung.
Der 2. Dezember war, abgesehen von den Perlen meines unbekannten Wichtels, ein voll bescheuerter Tag. Nachdem Nell wieder hochkam, war sie sauer und tat so, als wäre ich Luft. Und dann klingelte auch noch ihr Handy! »Oh, du bist es!«, sagte sie leise und wurde rot. Beim Anruf eines Mädchens wird man nicht rot, also war’s ein Junge, der sie sprechen wollte. »Moment mal«, sagte sie sogar. »Ich geh kurz raus. Holly muss lernen, ich will sie dabei nicht stören.«
»He!«, protestierte ich. »Bin ich vielleicht ein Streber?«
Nell zuckte die Schultern, wedelte lässig mit der Hand und ging nicht nur vors Zimmer. Sie rannte die ganze Treppe runter und ins Wohnzimmer, was mir ganz klar bewies, dass sie einen Freund hatte. Das regte mich auf. Dass sie seinen Namen nicht verriet, regte mich noch mehr auf, und dass es sogar Matteo sein könnte, regte mich am allermeisten auf. Am Abend regte mich aber der Anruf der Polizei wegen Ruhestörung am aller-allermeisten auf.
»Was habt ihr für einen Lärm veranstaltet?«, fragte Biene erbost.
»Ihr?«, entgegnete Nell mit unschuldigem Gesicht. »Ich hab im Keller Blockflöte gespielt.«
Weil sie nichts weiter sagte, musste ich mit der ganzen Geschichte rausrücken, worauf Biene noch viel wütender wurde. »Mein Gott, Holly! Du weißt doch, dass Opa Pitti keine Gelegenheit auslässt, uns zu ärgern! Ich erwarte, dass du dich mit Nell arrangierst, hörst du?!«
Otto murmelte was von streitsüchtigen Zicken, nahm den Mantel vom Haken und verkrümelte sich, ohne auch nur ein Wörtchen darüber zu verlieren, was er vorhabe.
»Wohin gehst du?«, rief Biene ihm noch nach, aber die Tür war schon zu. Da war der Abend auch für Biene gelaufen.
3. Dezember
W egen des Anrufs der Polizei, und weil Otto um nichts in der Welt verraten wollte, wo und mit wem er den Abend verbracht hatte, war Biene am Morgen unausstehlich. Auch Nell tat so, als wäre ich Luft, und ging zur Schule, ohne auf mich zu warten. Ich hasse Streit! Überhaupt hatte ich eine riesengroße Wut auf Opa Pitti! Was musste er auch so empfindlich sein! Er wartete ja nur auf eine Gelegenheit, um sich beschweren zu können! Aber gut, ich würde mich auch beschweren. Nicht bei Opa Pitti – o nein! Ich würde mich bei seinem Enkel beschweren, bei Matteo! Der würde was zu hören bekommen, aber hallo!
Als es zur großen Pause klingelte, raste ich als Erste aus dem Klassenzimmer und wartete vor der Tür der 8b auf Matteo. Als er mit seinem Freund Ben herauskam, trat ich ihm sofort in den Weg. »Mensch, dein Großvater hat sich bei der Polizei beschwert!«, schrie ich ihn an.
»Hat er das?«, spielte Matteo den Unschuldigen.
»Er ist doch schwerhörig und im Winter sind die Fenster geschlossen!«
»Deines war offen«, entgegnete er milde.
»Woher willst du das wissen?«
»Opa Cosimo hat’s mir gesagt. Er war im Garten und hat den Hasenstall ausgemistet.«
»So? Den Hasenstall hat er ausgemistet?«, höhnte ich. »Und dabei hat ihn die Musik gestört? Dass ich nicht lache!«
»Er konnte sein Mittagsschläfchen nicht halten, weil die Musik so wummerte. Nur deshalb hat er den Hasenstall ausgemistet.«
»Ist mir doch egal! Wenn er meine Musik
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