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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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Gelegenheit, unser kämpferisches Geschick zu prüfen.«
    Er warf ihr einen fragenden Blick zu.
    »Unsere Kundschafter sind auf ein größeres Heer zwischen Glasbridge und Kolglas gestoßen, das von der Südseite des Tals heraufzieht.«
    »So bald schon?«, wunderte sich Kanin. »Ich hatte gehofft … nun, das spielt keine Rolle. Wie viele Mann sind es?«
    »Drei- bis viertausend, sagen sie. Mit Kilkry-Haig-Reitern als Vorhut.«
    Das war ein herber Schlag. Über Lannis allein hätte sich Kanin einen Sieg zugetraut; aber ein durch die stolze Reiterei von Kilkry verstärktes Heer würde ihn auf eine härtere Probe stellen. Was nun auf ihn zukam, würde sich ganz und gar von den Einzelgefechten unterscheiden, die in den letzten Tagen überall im Tal stattgefunden hatten. Er hatte bestenfalls ein gleich starkes Heer, musste jedoch einen Teil seiner Kämpfer weiterhin für die Belagerung der Burg abstellen, um Croesan an einem Ausfall zu hindern. Schlimmer noch: Fast ein Drittel seiner Truppen gehörten den Barbarenstämmen der Tarbain an. Die Reiterei von Kilkry würde sie niedermähen wie Gras. Shraeve und ihre Inkallim waren vermutlich in der Lage, eine Schlacht zu seinen Gunsten zu entscheiden, aber er dachte nicht daran, sie um Hilfe zu bitten.
    »Das wird in der Tat eine schwere Prüfung«, murmelte er.
    »Wir sollten Aeglyss kommen lassen«, schlug Wain vor. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf, als sie den Zweifel in Kanins Zügen las. »Er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, unser Wohlwollen zu erringen. Das können wir ausnutzen. Vielleicht gelingt es ihm noch einmal, die Schleiereulen zum Kampf zu überreden. Ich glaube zwar nicht daran, aber ein Versuch kostet nichts. Wenn er Glück hat, können wir ihn und die Waldelfen nach der Schlacht abschieben wie beim letzten Mal. Wenn er Pech hat, hat er eben Pech.«
    Kanin schnitt eine Grimasse. »Ist unsere Lage wirklich so verzweifelt? Wir wollten diese Angelegenheit gemeinsam durchziehen. Für unseren Vater. Für das Haus. Ich will nicht, dass unser Vorhaben … besudelt wird. Außerdem – was können ein Na’kyrim und eine Handvoll Waldelfen gegen ein Heer ausrichten?«
    Sie hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Nur – was verlieren wir dabei? Ich kann ihn ebenso wenig leiden wie du, aber wenn die Vorsehung Aeglyss als Waffe gegen unsere Feinde bestimmt hat, dann steht es uns nicht zu, auf diese Waffe zu verzichten.«
    »Zumindest sollen sie gute Bogenschützen sein, diese Waldelfen.« Kanin wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Inkallim zu. Ihre Schwerter blitzten in der tief stehenden Morgensonne. Ihm fiel auf, dass Shraeve ihn scharf musterte. Ungeniert starrte sie den Titelerben an, ohne auf ihre Kriegerschar zu achten.
    Er drehte sich um. »Also gut. Sprechen wir mit Aeglyss. Wenn es ihm gelingt, die Schleiereulen noch einmal für unsere Sache zu gewinnen, besitzt er mehr Talente, als ich dachte. Aber wie du schon sagtest – ein Versuch kostet nichts.«
    IV
    Weder Schlachtgesänge noch Hochrufe erklangen, als Kanin und Wain an der Spitze der Truppen Anduran verließen. Eine düstere Stille hing über den dicht gestaffelten Reihen der Krieger. Während in dem Schweigen der Horin-Gyre-Kämpfer eine gewisse Entschlossenheit lag, spürte man bei den Tarbain-Verbänden, die das Heer zahlenmäßig verstärkten, eher so etwas wie Unsicherheit. Eine Massenschlacht auf offenem Gelände gegen einen starken Feind war nicht die Kriegsführung, die ihnen lag. Sie bevorzugten im Grunde ihres Herzens immer noch Überfälle und Anschläge aus dem Hinterhalt.
    Obwohl Kanin und seine Schwester bis zuletzt über das klügste Vorgehen diskutiert hatten, hatte das Ergebnis nie ernsthaft in Frage gestanden. Sie wussten beide, dass sie sich nicht in den Norden zurückziehen konnten. Täten sie dies, würden Croesan und Lheanor oc Kilkry-Haig ihre Streitkräfte vereinigen und ihnen folgen. Stellten sie sich dagegen dem Kampf, war ein Sieg immer noch möglich – immer vorausgesetzt, die Vorsehung hatte keine anderen Pläne mit ihnen. Und wenn ihnen dieser eine Sieg gelang, konnten sie vielleicht die Festung Anduran erstürmen, bevor ihre Feinde einen neuen Entlastungsangriff in die Wege leiteten. Wain sprach sich entschieden für eine Schlacht aus – das Schicksal auf die Probe stellen, in offenem Gelände kämpfen, weit genug von der Stadt entfernt, damit Croesan nicht eingreifen konnte. Der Verlauf des Schwarzen Pfads war seit langem im Buch des Glaubens vermerkt.

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