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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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mit dem Zusammenstellen des Hauptheers nicht allzu viel Zeit lassen. Wenn Anduran tatsächlich belagert wird, gewinnen wir nichts durch Verzögern und Hinhalten. Der Anblick von Soldaten des Schwarzen Pfads vor der eigenen Haustür hat Croesan sicherlich einen Denkanstoß gegeben. Wenn er jetzt nicht begreift, dass es nur von Vorteil für ihn ist, sich mit Euch gut zu stellen, dann begreift er es nie mehr.«
    Gryvan wandte sich ab und ließ die Blicke noch einmal über Vaymouth hinwegschweifen. Die Nacht brach schnell herein. Aus den Schatten, in denen die Residenzstadt des Hauses Haig versank, flammten unzählige Lichtpunkte auf, als die Bewohner Fackeln, Kerzen und Laternen anzündeten. Der Hoch-Than gähnte und rieb sich die Stirn.
    »Tut, was Ihr für richtig haltet«, sagte er. »Wir können einen Teil der Leute von Dargannan-Haig einsetzen. Sie befinden sich noch in der Stadt. Die Großen dürfen zwar niemals rasten, aber ich hätte mir doch gern eine etwas größere Ruhepause zwischen den Siegen gegönnt.«
    Gryvan lachte über seine eigenen Worte, und Mordyn, zufrieden mit den Zugeständnissen, die er dem Herrscher an diesem Abend abgerungen hatte, stimmte ein.

    Flankiert von Leibwächtern in prächtigen Uniformen, ritt der Kanzler zu seinem Palast zurück. Zwei Fackelträger bahnten ihm einen Weg durch die überfüllten Straßen. In manchen Teilen der Stadt schien bei Dunkelheit ein lebhafteres Treiben zu herrschen als während des Tages. Erstmals in diesem Sommer waren Nachtmärkte in Mode gekommen, und obwohl sich die träge Wärme der Abende mittlerweile verflüchtigt hatte, waren einige immer noch geöffnet.
    Die wogende Menschenmenge machte mehr oder weniger bereitwillig eine Gasse frei, sobald sich die Gruppe um den Kanzler näherte. Selbst diejenigen, die ihn nicht erkannten, schlossen aus der Eskorte und seiner vornehmen Kleidung, dass er zu den einflussreichen Männern der Stadt gehörte. Es war schon eine schwindelerregende Höhe, die der Spross eines Holzhändlers erklommen hatte, aber Mordyn Jerain hatte von Anfang an nicht so recht in die Kaufmannsschicht gepasst. Er war nicht sonderlich beliebt unter seinesgleichen gewesen, damals in Tal Dyre, als Vaymouth für ihn nicht mehr bedeutete als eine fremde Stadt. Er musste ein überhebliches Kind gewesen sein – klüger als die meisten und sich schon damals instinktiv bewusst, dass er besondere Fähigkeiten besaß. Aber so genau erinnerte er sich nicht mehr. Es schien ihm oft, als habe ein anderer seine Kindheit durchlebt, ein Knabe, den nur ein dünner Faden mit dem Mann verband, der er heute war. Er eignete sich die Kunst der Manipulation zum Selbstschutz an, und er merkte rasch, dass er auf diesem Gebiet ein Naturtalent war. Als er mit vierzehn die Insel verließ, hatte er mehr Verbündete als Feinde unter den anderen Halbwüchsigen, und wer etwas gegen ihn sagte, erntete meist eine Tracht Prügel.
    Er behauptete gern, ihm sei schon beim ersten Anblick von Vaymouth klar gewesen, dass er nie mehr nach Tal Dyre zurückgehen werde. Die Kaufmannsinsel konnte es in jenen Tagen zumindest an Wohlstand immer noch mit Vaymouth aufnehmen, aber die Residenzstadt der Haig-Geschlechter war so weitläufig und erfüllt von prallem Leben, dass sie auf den ehrgeizigen jungen Mordyn berauschend wirkte. Während sein Vater sich abmühte, ein Geschäft aufzubauen, machte sich Mordyn mit den Sitten der großen Stadt vertraut. Vermutlich brach es seinem Vater das Herz, als er die Wurzeln zu Tal Dyre kappte und eine Stelle als niederer Hofbeamter des Hauses Haig annahm. Vermutlich, aber der Kanzler wusste es nicht, denn seine Beziehungen zu den Angehörigen waren abgebrochen, als sein Vater vor vielen Jahren der Hauptstadt den Rücken kehrte und nach Tal Dyre heimkehrte. Und seine Gewährsleute in Tal Dyre hüteten sich, ihn mit Familiennachrichten zu belästigen.

    Der Rote Steinpalast war erfüllt vom Duft der in Honig getränkten Gewürznelken, die auf Gittern über den Kohlebecken lagen – ein kleiner Luxus seiner geliebten Gemahlin, den ihr der Kanzler nicht verweigern mochte. Eine schwache Brise spielte mit den Seidenvorhängen an den Fenstern des Schlafgemachs. Mordyn hörte die mit Nägeln beschlagenen Stiefel eines Leibwächters über die Terrasse knirschen. Das Geräusch war so vertraut, dass es kaum in sein Bewusstsein drang und ihn nicht von seiner Arbeit ablenkte. Mit vorsichtigem Druck massierte er Melissenöl in Taras nackte Schultern. Das Gefühl der

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