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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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befahl der Titelerbe. »Wenn es von einem Hof stammt, der nicht weiter als eine Stunde Fußmarsch entfernt liegt, dann lass sie auspeitschen. Sie wissen, dass sämtliche Güter in der Umgebung der Stadt unseren Leuten auszuhändigen sind, oder?«
    »Gewiss, aber diese Tarbain sind wie Kinder. Sie merken sich einfach nichts.«
    »Das kann nicht meine Sorge sein«, fuhr Kanin seinen Leibwächter an. »Ich brauche dich nicht, damit du mich belehrst. Ich brauche dich, damit du meinen Anordnungen Geltung verschaffst.«
    Igris straffte die Schultern und setzte eine starre Miene auf. Kanin war nahe daran, sich für seinen Wutausbruch zu entschuldigen, aber dann zog er es doch vor zu schweigen.
    Igris verließ den Raum. Kanin hörte ihn auf der Treppe herumbrüllen. Es lag in der Natur des Zorns, dass er nach unten weitergegeben und dabei verstärkt wurde. Wenn er am Ende bei den Barbaren auf dem Marktplatz ankam, hatten sie vermutlich nichts zu lachen.
    »Die Tarbain sind nicht mehr lange unter Kontrolle zu halten«, meinte Wain. »Viele von ihnen durchstreifen auf eigene Faust das Tal. Fast alle Wilden sind bereits weg. Die Bekehrten werden ihnen folgen.«
    »Meinetwegen. Wir wussten, dass es so kommen würde, und sie werden Lannis und Kilkry einige Sorgen mehr bereiten. Aber die Stadt und die Höfe der näheren Umgebung müssen das Heer mit Nahrung versorgen. Hätte uns Gyre alle Schwerter zur Verfügung gestellt, um die wir baten, wären wir nicht gezwungen, uns auf diese Barbaren zu verlassen.«
    Drunten tauchte Igris mit zwei weiteren Männern auf. Er ging auf die Tarbain zu und schimpfte laut auf sie ein. Sie schrien zurück und fuchtelten mit den Speeren. Der Ochse, von seinen Peinigern einen Moment lang außer Acht gelassen, stand einfach da und senkte den Kopf, als suche er auf dem unwirtlichen Kopfsteinpflaster nach Gras.
    »Ich begebe mich zur Burg«, sagte Wain.
    Kanin nickte. Er wandte sich nicht um, als sie den Raum verließ. Stattdessen beobachtete er, wie Igris einen der Barbaren mit einem Fausthieb niederstreckte. Eine wilde Schlägerei entstand. Der Ochse trollte sich.

    Schatten bewegten sich auf den Zinnen von Burg Anduran. Von ihrem sicheren Aussichtspunkt in einem der Häuser nahe der Burg aus konnte Wain die Gestalten gerade noch erkennen. Das Licht war zu schwach, um sie deutlicher zu sehen. Andere waren besser platziert: Ein paar Armbrustbolzen stiegen zwischen den primitiven Schanzwerken und Weidengeflechten unterhalb der Burgmauern auf. Die Schemen auf dem Wall verschwanden. Wain war sicher, dass keiner der Bolzen getroffen hatte. Sie wartete nun bereits seit einer Stunde auf die Ankunft der Belagerungsmaschine.
    Die Schwester des Titelerben murmelte einen Fluch. Während sie zum Hauptplatz von Anduran zurückschlenderte, achtete sie kaum auf die Gruppen erschöpfter, zerlumpter Krieger, an denen sie vorbeikam. Das zermürbende Warten der Belagerung stellte ihre Geduld auf eine harte Probe. Sie wusste, dass sie hinnehmen musste, was die Vorsehung für sie bereithielt, und war auch gewillt, es zu tun, aber der Glaube gestattete – mehr noch, befürwortete – Hoffnung. Mitunter wurden die unwahrscheinlichsten Siege errungen, denn es zählte nichts außer den Worten des Letzten Gottes, und die Vorsehung zog selten in Betracht, was die Sterblichen für wahrscheinlich hielten oder nicht. Das – wenn sonst nichts – hatte das Auftauchen von Aeglyss an der Spitze der Schleiereulen bewiesen.
    Irgendwo in der Nähe hustete ein Invalide zähen Schleim aus. Erste Zeichen von Krankheiten machten sich in den Reihen der Horin-Gyre-Krieger bemerkbar. Wunden eiterten durch den Schmutz und die Feuchtigkeit. Schüttelfrost und Fieber lauerten auf den Straßen. Die Schwächsten hatte man getötet, noch ehe sie die Stadt erreichten; Dutzende waren auf dem Marsch durch Anlane gestorben. Nun stand erneut eine Auslese bevor.
    Die Anwesenheit einer riesigen Kyrinin-Streitmacht, die ihr Lager jenseits der halb verfallenen Stadtmauer errichtet hatte, trug nicht gerade dazu bei, die Stimmung unter den Belagerern zu heben. Obwohl sie in der Schlacht die Wende herbeigeführt hatten, traute niemand den Waldelfen oder begriff auch nur annähernd, was sie in solchen Scharen aus den Tiefen des Walds gelockt hatte. Wütend stellte Wain fest, dass wieder einmal Aeglyss durch ihre Gedanken spukte. Ihr Bruder weigerte sich, den Na’kyrim zu empfangen, und hatte darauf bestanden, dass die Schleiereulen mindestens einen

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