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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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glatten, geschmeidigen Haut unter seinen Fingern übte eine nahezu hypnotische Wirkung auf ihn aus. Er atmete tief ein und genoss das üppige Duftgemisch, das von den Nelken, dem Öl und ihrem Körper aufstieg. Nichts auf der Welt kam der vollkommenen, allumfassenden Beschaffenheit eines solchen Augenblicks gleich.
    Er hauchte ihr einen zarten Kuss auf den Nacken, schmeckte das Öl auf den Lippen. Sie seufzte wohlig. Er berührte ihre Haut mit der Zunge.
    »Ich habe heute Vormittag deinen Blick in der Großen Halle aufgefangen«, flüsterte sie.
    »Du ziehst alle Augen magisch an.«
    Er träufelte ihr noch etwas Öl auf die Haut und massierte ihr den Nacken. Sie nahm das Haar hoch und ließ den Kopf leicht nach vorn sinken.
    »Du musst müde sein«, meinte sie.
    »Noch nicht.«
    »Kam Gryvan deinen Wünschen entgegen?«
    »O ja. Es war nicht schwer, ihn zu überzeugen. Eine reine Vernunftentscheidung.«
    »Dann wird es also bald Krieg im Norden geben? Die Damen bei Hofe zwitschern so aufgeregt wie schon lange nicht mehr. Ein Krieg gegen den Schwarzen Pfad entspräche weit mehr der … Tradition als die Unterwerfung eines rebellischen Thans. Nichts gibt ihrem Leben mehr Würze als das Hin und Her von Armeen und Berichte von fernen Siegen.«
    »Ferne Siege sind die besten Siege«, murmelte Mordyn. Er presste ein Ohr gegen ihren Rücken und horchte auf das Schlagen ihres Herzens. »Noch einen oder zwei davon, und wir werden den beliebtesten Hoch-Than haben, den das Haus Haig je hervorbrachte.« Er vernahm das leise Pochen und bildete sich ein, dass sein Herz im gleichen Rhythmus schlug wie das ihre.
    »Ja«, sagte sie, als sie sich umwandte und ihn in die Arme nahm. »Sorgt dafür, dass sich die Kämpfe und das Gemetzel in sicherer Entfernung abspielen! Dann können wir uns mit den schöneren Seiten des Lebens befassen.«

VI
    In Anduran schleifte ein Maultiergespann ein mächtiges Katapult über den Hauptplatz. Die Wurfmaschine sah aus wie ein eckiges Geschöpf aus einer fremden Welt, das die Ordnung der Stadt störte.
    »Sie ziehen das zweite Gerät hoch«, sagte Kanin. Wain spähte ihm über die Schulter. Sie standen an einem hohen Fenster des Hauses, das sie beschlagnahmt hatten.
    »Hoffen wir, dass es diesmal stabiler gebaut ist«, meinte sie. Der Wurfarm des ersten Katapults war beim Spannen zersplittert. Der Mann, der den Riss im Holz übersehen hatte, büßte für seine Schlamperei mit einem von Peitschenhieben zerfetzten Rücken.
    »Wie lange wird es dauern, bis noch mehr von diesen Maschinen fertig sind?«, erkundigte sich Kanin.
    »Bis morgen früh sollten drei bis vier weitere einsatzbereit sein.« Er kannte sie gut genug, um die Spur unterschwelliger Enttäuschung zu hören, die in ihrer Stimme mitschwang.
    »Nicht genug, findest du?«, hakte er nach.
    »Wer weiß? Der Sieg bei Grive hat uns ein wenig Zeit verschafft, aber das wird nicht reichen. Es ist möglich, dass sie von selbst herauskommen, sobald wir Köpfe über die Mauer werfen. Vielleicht leiden sie bereits unter Hunger oder Krankheiten. Im Hochsommer wären unsere Aussichten auf Erfolg besser.«
    »Mag sein«, pflichtete ihr Kanin bei. Nun, da die Begeisterung über ihren Sieg allmählich abflaute, erkannte er ebenso wie Wain, dass sich ihre missliche Lage kaum verbessert hatte. Über kurz oder lang würden weitere Heere das Tal heraufmarschieren. Sie hatten Kuriere mit dem Auftrag losgeschickt, einen Teil der Truppen, die Tanwrye belagerten, in den Süden zu entsenden. Das konnte gelingen oder auch nicht: Die Kämpfer der dortigen Lannis-Garnison würde beim geringsten Zeichen von Schwäche einen Ausfall wagen. Andere Boten waren nach Kan Dredar unterwegs. Sie sollten Ragnor oc Gyre bitten, sein eigenes starkes Heer in Bewegung zu setzen, nun, da das Haus Horin-Gyre mit seinem kühnen Vorstoß so fette Beute in unmittelbare Reichweite gebracht hatte. Wie der Hoch-Than diese Botschaft aufnehmen würde, wusste Kanin allerdings nicht.
    Ein Tumult im Freien riss ihn aus seinen Gedanken. Er beugte sich aus dem Fenster. Eine Horde von Tarbain trieb einen Ochsen drunten auf der Straße vorbei. Das Tier brüllte störrisch und zerrte an seinem Strick. Die Stammeskrieger schwangen ihre Speere und stachen unter aufgeregtem Geschrei auf seine Flanken ein.
    »Was soll das denn?«, fauchte Kanin. »Igris!«
    Der Hauptmann seiner Schildwache kam in den Raum gestürzt und stellte sich neben ihn ans Fenster.
    »Finde heraus, woher sie dieses Tier haben«,

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