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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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gleichen Einfall. Und wenn schon! In unseren Augen ist das bestenfalls eine Räuberhorde.«
    »Kilkry und Haig werden das ähnlich sehen.« Sie drehte sich um und schaute ihn an.
    Kanin zog eine Augenbraue hoch. Seine Laune war bereits schlecht gewesen, bevor Shraeve in seine Gedankengänge platzte.
    »Ihr fürchtet die Stärke unserer Feinde?«, fragte er. Seine Hoffnung, dass sie gekränkt sein könnte, erfüllte sich nicht.
    »Nur Kinder und Ungläubige empfinden Furcht. Fürchte dich nicht vor dem Einschlafen …«
    »… denn du weißt, dass du wieder erwachen wirst. Ich kenne das Buch, Shraeve.«
    »Ihr habt die Speere der Schleiereulen gezählt«, sagte sie. »Seid Ihr auch über die Gefährten des Mädchens im Bild?«
    Die Frage traf Kanin unvorbereitet. Das war also der eigentliche Grund ihres Besuchs. Er wusste nicht, was er antworten sollte.
    »Fünf entkamen in die Berge«, fuhr Shraeve fort. »Das Mädchen und zwei weitere Menschen, dazu zwei Kyrinin. Eine seltsame Gruppe, findet Ihr nicht?«
    Kanin hob verärgert die Schultern. »Wir leben in seltsamen Zeiten. Mich beschäftigen dringendere Fragen. Ich erführe allerdings gern, woher Ihr das wisst. Ich selbst bekam die Nachricht erst gestern. Ihr habt gute Ohren oder viele Augen.«
    Shraeve wandte sich wieder dem Fenster zu und sprach in die Abendluft. »Die Waldelfen sind gute Fährtenleser, fast so gut wie die Angehörigen der Jagd. Cannek befragte einen der Verfolger.«
    Kanin knurrte abfällig. »Und überlebte er das Verhör? Falls die Jäger die Waldelfen gegen uns aufbringen, hätte ich es gern, dass man mir rechtzeitig Bescheid gibt.«
    Shraeve beachtete seinen Einwurf nicht. »Zwei Kyrinin: ein Mann und eine Frau, der Mann größer und schwerer als die meisten seiner Artgenossen. Drei Menschen. Zunächst natürlich das Mädchen, das Ihr haben wolltet. Dann ein Mann, sehr schwer, sehr kraftvoll. Ein Krieger vielleicht. Der dritte ebenfalls ein Mann, aber wesentlich kleiner. Jünger, noch ein halbes Kind. Und er schonte beim Laufen ein Bein.«
    Kanin begriff, noch bevor sie ihre Schlussfolgerung zog: »Kennets Sohn floh aus Kolglas mit einem unserer Messer in der Seite und in Begleitung eines Leibwächters, der ihn stützte.«
    »Ich verstehe«, sagte Kanin mit zusammengebissenen Zähnen. Er spürte erneut Zorn in sich aufsteigen, obwohl er sich bemühte, ihn zurückzudrängen. Und er fragte sich, ob Shraeve ihm die Hitze anmerkte, die ihm in die Wangen gestiegen war. »Dann wird es also Zeit, dass ich mich mit dem Na’kyrim unterhalte, auch wenn er keinen Wert auf Besucher legt.«
    »Ich dachte das Gleiche«, sagte die Inkallim ruhig. »Morgen Vormittag?«

    Kanin ritt aus der Festung, flankiert von Igris und Shraeve und gefolgt von zehn Mann seiner Schildwache. Hunde schnappten nach den Fesseln der Pferde. Die Rudel herrenloser, halbwilder Köter, die durch die Stadt streunten, hatten sich zu einem Ärgernis für die Bewohner entwickelt. Sie suchten in den verlassenen, niedergebrannten Vierteln nach Aas und wagten sich mit jeder Nacht näher an die Wachfeuer der Krieger heran; sie stahlen das kostbare Essen und fielen Alte und Kranke im Schlaf an. Kanin hatte angeordnet, die Tiere zu töten, wo immer sie auftauchten, verbot jedoch seiner Eskorte, dem Befehl jetzt Folge zu leisten. Er konnte an diesem Morgen keine Ablenkungen gebrauchen.
    Sie kamen am Kerker vorbei. Über dem Tor war ein halbes Dutzend Köpfe aufgespießt, an denen sich bereits die Vögel zu schaffen machten. Sie gehörten den Tarbain, die in ihrem Suff die Flucht des Lannis-Haig-Mädchens ermöglicht hatten. Die meisten Wilden, die er mit in den Süden gebracht hatte, waren mittlerweile über das Tal verstreut, und es scherte ihn wenig, was sie dort anrichteten, solange sie seinen eigenen Leuten bei der Suche nach Nahrung nicht in die Quere kamen. In Anduran selbst galten strengere Regeln, und seit Anyaras Flucht wussten die wenigen Tarbain, die sich in der Stadt aufhielten, dass Disziplinlosigkeit hart bestraft wurde.
    Der kleine Reitertrupp überquerte den Marktplatz. Rund um die Schmiede herrschte ein aufgeregtes Treiben. Man hatte von den Höfen der Umgebung sämtliche Pferde zusammengetrieben, die für den Kriegseinsatz tauglich waren, und viele mussten neu beschlagen werden. Auch einige der robusten Lannis-Arbeitspferde waren zu sehen. Sie waren weder als Reittiere noch als Streitrosse zu gebrauchen – sie warfen jeden, der sich in einen Sattel schwang, gnadenlos ab

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