Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
Vom Netzwerk:
verengte sich ein wenig. Es war nur ein winziges Zucken, aber Mordyn zog eine gewisse Befriedigung aus der Tatsache, dass er seinen Gastgeber in Erstaunen versetzt hatte. Er war bisher erst einmal an Torquentine mit der Bitte herangetreten, einen Menschen zu beseitigen, und damals hatte es sich um einen Mann von niederem Stand gehandelt, einen Zuhälter, der einen von Mordyns Beamten zu erpressen versucht hatte. Bei Gann nan Dargannan-Haig sah die Sache anders aus.
    Einen Mann ermorden zu lassen, der einem – wenngleich in Ungnade gefallenen – Herrscherhaus angehörte und obendrein als Marionette einer der mächtigsten Gilden galt, war ein ungemein kühner Schachzug, aber die Schattenhand glaubte fest daran, dass sich dieses Wagnis lohnte. Selbst wenn die Goldschmiede seinen Tod als Unfall werteten, bedeutete er für sie einen herben Rückschlag. Und einige Andeutungen an den richtigen Stellen würden schon dafür sorgen, dass sie den Kanzler verdächtigten, ohne ihm etwas beweisen zu können. Wenn Lammain, der Gildemeister, nur eine Spur der Klugheit besaß, die Mordyn ihm zutraute, würde er die Warnung erkennen, die hinter der Tat steckte.
    »Nichts allzu Schwieriges, sagt Ihr«, meinte Torquentine gedehnt. »Ich finde, Ihr verlangt eine ganze Menge, Kanzler.«
    Mordyn erwiderte nichts darauf. Torquentine würde diesen Auftrag nicht zurückweisen. Dem Kanzler einen Gefallen zu erweisen, brachte ihm große Vorteile, und sein Arm war lang genug, um den Mord diskret und gefahrlos auszuführen.
    »Nun gut«, sagte Torquentine. »Ich werde mich um den glücklosen Gann kümmern. Die Welt wird seinen Verlust leicht verschmerzen. Denkt nur: In diesem Moment liegt er vermutlich genüsslich in den Armen einer Frau, in süße Träume eingesponnen, während wir hier sitzen und sein Ende beschließen.«
    Die Stimme des Kolosses verklang, und das Lid über dem gesunden Auge schloss sich flatternd. Nach einer Weile seufzte er und kehrte in die Gegenwart zurück.
    »So sind die Wechselfälle des Glücks«, murmelte er. »Darf ich im Gegenzug auf Eure Gunst hoffen? Vielleicht auf etwas mehr als den üblichen Lohn? Was Ihr verlangt, ist keine Kleinigkeit.«
    Der Kanzler hob fragend die Augenbrauen. Er und Torquentine spielten seit Langem nach den gleichen Regeln, und er hätte es vorgezogen, nicht davon abzuweichen.
    »Gann ist schließlich nicht irgendein Herumtreiber.« Torquentine lächelte. »Seine Kerze auszublasen, erfordert sorgfältige Planung und ist mit großen Mühen verbunden.«
    »Was genau fordert Ihr von mir, Torquentine?« Mordyn mischte eine Spur von Ungehaltenheit in seine Worte.
    Der auf den Kissen thronende Koloss hob seinerseits die Augenbrauen. Die Narbe, die quer über sein Gesicht verlief, spannte sich gefährlich.
    »Offen gestanden, ich weiß es noch nicht. Vielleicht könnten wir die Lösung dieses Problems auf eine spätere Zeit verschieben. Ich denke, die Antwort wird sich irgendwann von selbst ergeben. Das ist fast immer so.«
    »Ihr versucht mich zu Eurem Schuldner zu machen, Torquentine«, sagte der Kanzler ruhig.
    »Ach, sprechen wir nicht von Schuld, sondern lieber von einem Handel. Von einem Handel, bei dem Eure Vertragsbedingungen im Augenblick noch nicht … ganz klar definiert sind.«
    »Einverstanden.« Mordyn erhob sich. Er hasste es, einem Mann wie Torquentine ein Versprechen zu geben, bei dem alles offen blieb, aber er hatte jetzt nicht die Zeit, um Kleinigkeiten zu feilschen. Schließlich war er die Schattenhand, und Abmachungen ließen sich leicht brechen. »Ich muss gehen. Meine Gemahlin erwartet mich.«
    »Ah, die göttliche Tara, deren Vollkommenheit überall gerühmt wird. Ich könnt Euch nicht vorstellen, wie es mich schmerzt, ihre edle Schönheit nicht mit eigenen Augen bewundern zu können!« Torquentine seufzte und ließ sein Auge missmutig über die Wände des Gemachs wandern, während er sich über den Riesenbauch strich. »Manchmal bedaure ich sehr, dass mich meine unmäßige Liebe zum Essen hier in diesem Kellerloch festhält.«
    Bereits die Erwähnung seiner geliebten Gemahlin durch einen so widerwärtigen Fettwanst wie Torquentine erfüllte Mordyn mit Ekel und Abscheu. Er wandte sich dem Ausgang zu, doch auf der Schwelle wandte er sich noch einmal um.
    »Sind Euch irgendwelche Gerüchte über Lannis-Haig zu Ohren gekommen?«
    »Lannis-Haig, Lannis-Haig. Diese Barbaren im Norden, nicht wahr? Haben keinen Sinn für die schöneren Dinge des Lebens. An welche Gerüchte genau

Weitere Kostenlose Bücher