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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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eine Gratwanderung. Es hat wenig Sinn, die Goldschmiede vor den Kopf zu stoßen. Der Vorteil liegt auf unserer Seite, wenn wir weiterhin gut mit ihnen und den anderen Gilden auskommen. Aber sie müssen erkennen, wo ihre Grenzen in diesem Spiel liegen. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass ihre Figur vom Brett verschwindet. Wenn wir das geschickt bewerkstelligen, werden sie zwar ahnen, dass wir hinter der Sache stecken, aber nichts beweisen können. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dies fast immer die beste Lösung ist. Ungewissheit zwingt zum Handeln, ohne Feindseligkeit hervorzurufen.«
    Aewult schnaubte verächtlich. Mordyn überhörte die Missfallenskundgebung. Noch traf Gryvan die Entscheidungen, und er hoffte, dass dies auch in Zukunft so blieb. Der Hoch-Than warf einen kurzen Blick auf seinen Sohn.
    »Geh und suche Alem T’anarch auf«, sagte er streng. »Richte ihm aus, dass sich die Audienz leider ein wenig verzögert, dass dies aber beileibe keine Geringschätzung des erhabenen Reichs Dornach bedeutet.«
    »Das wird er nicht glauben«, entgegnete Aewult.
    »Das soll er auch nicht glauben«, fauchte Gryvan. »Nun geh schon!«
    Der Titelerbe gehorchte und wollte im Hinausgehen den angebissenen Apfel zurück in die Obstschale werfen. Er verfehlte sein Ziel. Der Apfel zerspritzte auf den Fliesen.
    »Also schön«, sagte Gryvan. »Löst das Problem mit den Mitteln, die Euch zur Verfügung stehen. Befreit uns von Gann, und ich verlasse mich auf Euer Urteil, dass die Goldschmiede die Botschaft verstehen werden.«
    »Dafür werde ich sorgen«, erwiderte Mordyn mit einer knappen Verbeugung.
    »Und was ist mit diesen Unruhen im Herrschaftsgebiet von Lannis-Haig?« Dies war der zweite Punkt, der den Hoch-Than zu seinem kurzen Zornausbruch getrieben hatte. Die Geschichte bereitete Mordyn Jerain mehr Sorge und Kopfzerbrechen als die kleinen Ränkespiele der Goldschmiede. Er schüttelte den Kopf, eine genau kalkulierte Reaktion, die Bedauern und eine Spur von Unsicherheit zum Ausdruck bringen sollte. Es wäre unklug gewesen, sich in dieser Angelegenheit allzu zuversichtlich zu zeigen.
    »Ich finde es erstaunlich, dass Anduran so schnell gefallen ist, Herr – falls Lagair Haldyns Berichte stimmen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich in einer Sache von solcher … Tragweite täuscht.«
    »Erstaunlich. Ihr findet es erstaunlich?« Gryvans Stimme klang immer noch ein wenig gereizt. Sein Zorn war nicht völlig verflogen. »Ich finde es weit mehr als erstaunlich. Glaubt Ihr, ich hätte mich all die Monate hindurch auf diesen Briefwechsel mit Ragnor oc Gyre eingelassen, wenn ich geahnt hätte, dass er einen Eroberungszug in unsere Gebiete plante? So widerspenstig Lannis-Haig sein mag, das Glas-Tal gehört immer noch in meinen Herrschaftsbereich. Es wird nicht in den Besitz der Gyre-Geschlechter übergehen.«
    »Niemals«, sagte Mordyn mit Nachdruck. Das stand für ihn fest, so unklar der Ablauf der Ereignisse im Norden auch sein mochte. »Ehrlich gesagt, hoher Than, ich weiß nicht, ob Ragnor ein falsches Spiel mit uns getrieben hat oder ob der Vorstoß des Hauses Horin-Gyre nur unter einem ungewöhnlich glücklichen Stern stand. Aber nun heißt es, mit Entschlossenheit zu handeln – ungeachtet der Noten, die in der Vergangenheit zwischen Ragnor und uns gewechselt wurden. Die Anhänger des Schwarze Pfads müssen hinter das Tal der Steine zurückgedrängt werden, ehe sie sich im Glas-Tal niederlassen.«
    »Natürlich. Unser Heer ist noch nicht aufgelöst. Aewult selbst soll die Truppen in den Norden führen.«
    Mordyn unterdrückte das Unbehagen, das ihn kurz erfasste. Er hätte den Titelerben nicht an die Spitze des Heers gestellt; keines der Adelsgeschlechter war von Aewult nan Haig sonderlich begeistert, aber Kilkry und Lannis hassten ihn. Allerdings war jetzt nicht der rechte Zeitpunkt, sich gegen den Willen des Hoch-Thans zu stellen. Der Kanzler wusste, dass Gryvan verärgert war, weil er ihn so spät über die Machenschaften der Goldschmiede unterrichtet und obendrein die Niederlage des Hauses Lannis-Haig nicht vorhergesehen hatte.
    Er trat einen Schritt zurück und betrachtete die Bodenfliesen im Gemach des Hoch-Thans. Wenn er sich recht erinnerte, waren sie vor zwölf Jahren gelegt worden. Gryvan hatte die besten Handwerker von Taral-Haig kommen lassen und in den Keramikwerkstätten von Vaymouth die teuersten Platten bestellt, die es gab. Ein Schafhirte hätte drei Lebensspannen lang arbeiten müssen,

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