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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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Reizhusten über, der seinen ganzen Körper durchschüttelte.
    »Übermorgen«, wiederholte er, als der Husten nachgelassen hatte. »Nun, da werde ich wohl erscheinen müssen.«
    »Natürlich«, sagte Anyara. »Es wird dir guttun, wieder unter Leute zu kommen.«
    Kennet bedachte seine Tochter mit einem schwachen Lächeln, und beim Anblick dieses flüchtigen, kraftlosen Gesichtsausdrucks hätte Orisian am liebsten die Flucht ergriffen. »Geh mit Orisian«, sagte er zu Anyara. »Du solltest nicht den ganzen Tag an meinem Krankenbett verbringen. Aber sag den Dienern, dass sie hier drinnen einige Kerzen anzünden sollen. Ich mag das Dunkel nicht. Zumindest jetzt noch nicht.«

    »Es geht ihm nicht besser«, stellte Orisian fest, als er und Anyara die Treppe hinunterstiegen. »Ich hatte gehofft, er würde während meiner Abwesenheit Fortschritte machen.«
    »Es geht ihm nicht viel besser«, stimmte ihm Anyara zu. »Aber immerhin – er wird das Winterfest mitfeiern. Das ist doch schon etwas. Er hat dich übrigens sehr vermisst. Es ist gut für ihn, dass du wieder daheim bist.«
    Orisian hoffte, dass sie recht hatte. Das Leiden seines Vaters berührte wunde Stellen in seinem Innern. In den Monaten, nachdem das Fieber seine Mutter und seinen Bruder dahingerafft hatte, war in Orisians Leben eine schmerzhafte, durch nichts zu überbrückende Leere entstanden. Die Wunde war immer noch nicht verheilt, aber zumindest hatte er gelernt, sie zu ertragen. Ähnlich schien es seinem Vater in der ersten Zeit ergangen zu sein: Er hatte tief und anhaltend getrauert, sich jedoch mit den Gegebenheiten abgefunden – so wie es sein musste, wenn das Leben weitergehen sollte. Die Veränderung war mit dem ersten Jahrestag ihres Todes eingetreten. Danach hatten die schwarzen Gedanken Kennet immer häufiger in ihren Bann gezogen und ihn seiner Umgebung entfremdet.
    Orisian bereitete der Zustand seines Vaters tiefen Kummer. Dazu kam ein quälendes Schuldbewusstsein, dass er selbst nicht in der Lage war, den Schmerz Kennets ein wenig zu lindern. Aber er hegte noch andere, weniger edle Gefühle, für die er sich insgeheim schämte. Manchmal musste er einen heftigen Groll niederkämpfen, wenn er sah, wie sich sein Vater an die Toten klammerte und wie viel Kraft ihm das raubte – Kraft, die er den Lebenden vorenthielt. Seine übertriebene Liebe zu den Verstorbenen schien Orisians Trauer und Gefühl des Verlusts zu überschatten und als gering abzutun. Und wenn sein Vater ihn musterte, hatte Orisian oft den Eindruck, dass er seinen toten Bruder Fariel zu sehen hoffte – Fariel, der so stark, so klug, so geschickt und schnell gewesen war, dass Orisian niemals in seine Fußstapfen treten konnte.
    Er und seine Schwester betraten den Innenhof. Die Dunkelheit brach rasch herein, und es war kälter geworden. Die Wolken vom Nachmittag hatten sich aufgelöst und einen Himmel mit einer Unzahl schwach glitzernder Sterne freigegeben. Sobald der Mond einen neuen Umlauf begann, war Winteranfang. Die Geschwister blieben mitten im Hof stehen und schauten nach oben, aber Anyara wandte sich rasch wieder von den Gestirnen ab.
    »Wie war es in Anduran?«, fragte sie und rieb sich die Arme, um die Kälte zu vertreiben.
    »Alles blüht und gedeiht«, erwiderte Orisian. »Onkel Croesan hat zahllose Pläne.«
    »Wie immer.«
    »Er hat auf dem Vorplatz eine große Halle und nahe der Burg neue Scheunen errichten lassen. Sämtliche Wälder nach Süden zu werden gerade in Acker- und Weideland umgewandelt. Neue Höfe entstehen. Überall herrscht geschäftiges Treiben.«
    »Nun, das wird auch Zeit. Die Herzfieberseuche liegt lange genug zurück.« Anyaras Worte klangen so nüchtern, als wäre sie nie selbst von der Krankheit betroffen gewesen. Orisian dagegen wusste noch genau, wie er um ihr Leben gebangt und gefürchtet hatte, auch sie zu verlieren. Vielleicht war es in gewisser Weise einfacher gewesen, jene langen, schrecklichen Tage im Delirium zu verbringen, als hilflos neben der todkranken Schwester zu stehen.
    Anyara schniefte. »Es ist kalt hier draußen. Hast du Hunger?«
    »Appetit.«
    Anyara packte ihn am Arm und zog ihn mit.
    »Dann sehen wir in den Küchengewölben nach, was es gibt.«
    »Anyara«, protestierte Orisian, »du bringst uns bloß in Schwierigkeiten!«
    »Feigling!«, lachte seine Schwester.
    Die Küchengewölbe nahmen fast das gesamte Untergeschoss des Wohnturms ein. Wie immer um diese Zeit am Abend ging es dort zu wie in einem Bienenhaus. Küchenjungen

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