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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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Stiegenschacht des Turms und betrat die Wendeltreppe, die zum Innenhof hinunterführte.

    Im Süden von Kolglas folgte die Straße der felsigen Küstenlinie. Gleich hinter der Stadt rückten Büsche und Bäume so nahe heran, dass der Weg ein schmales, zwischen Vegetation und Meer eingezwängtes Band bildete. Tiefes Dunkel herrschte. Die Stadt selbst duckte sich hinter einen niedrigen Hügel, und nur der Widerschein der Winterfeuer, der den Himmel erhellte, verriet ihre Nähe. Die Fenster der Burg auf der Insel vor der Küste waren ebenfalls erleuchtet. Man hörte nichts außer dem sanften Klatschen der Wellen, die ans Ufer rollten, außer dem Rascheln der letzten Herbstblätter im Nachtwind und den gedämpften Stimmen, die vom Burghof her über das Wasser wehten.
    Ein stattlicher Hirsch trat ins Freie und schritt die Straße entlang. Er hielt inne, hob den Kopf mit dem schweren Geweih und sog prüfend die Luft ein. Seine Muskeln spannten sich an. Er warf einen unsicheren Blick zum Waldrand. Dann lief er los, tauchte in den Schatten der Bäume und war verschwunden.
    Lange Zeit rührte sich überhaupt nichts. Dann stob jenseits des Wassers, am ufernahen Eckturm der Burgmauer, ein heller Funkenschauer auf, der an einen Schwarm winziger Glühwürmchen erinnerte. Er glomm kaum länger als zwei Herzschläge und hinterließ ein schwaches Nachleuchten in den Augen jener, die nach ihm Ausschau gehalten hatten. Im Unterholz raschelte es. Sie traten auf die Straße hinaus und überquerten sie lautlos, Krieger und Kriegerinnen, die Schwerter mit einem Schrägriemen am Rücken befestigt. Sie erreichten die Küste, wateten in das eiskalte Wasser hinein und schwammen mit langen, kraftvollen Zügen. In kürzester Zeit hatten dreißig von ihnen den Wald verlassen und sich in die Fluten geworfen, der düster aufragenden Inselfestung entgegen. Sie waren in der Schwärze der Nacht fast gänzlich unsichtbar. Und die einzigen beiden Wächter, die ihre Annäherung möglicherweise entdeckt hätten, lagen tot neben einem Kohlenbecken auf dem Eckturm.
    Geduckt stiegen sie aus dem Wasser und kletterten über die Felsbrocken, um gleich darauf mit der tiefsten Finsternis am Fuß der Burgmauern zu verschmelzen. Im Gänsemarsch tasteten sie sich an dem Wall entlang, trittsicher auf dem glitschigen, unebenen Untergrund, und pressten sich gegen den kalten Stein. Die Mauer machte einen Knick, und sie hielten inne. Ein Mann robbte auf dem Bauch über die muschelverkrusteten Felsen und spähte zum verschlossenen Burgtor hinüber. Die Flut lief jetzt rasch aus. Hier und da brach bereits die holprige Oberfläche des Damms zwischen Burg und Stadt durch das Wasser. In der Stadt loderten Fackeln und Freudenfeuer. Niemand befand sich in der Nähe des Strands. Der Späher begab sich zurück zu seinen Gefährten. Sie zogen ihre Schwerter aus den Schrägriemen und warteten im Schatten der alten Burg.

    Im Hof von Burg Kolglas war alles Fackelschein und wirbelnde Bewegung. Die Zuschauer drängten sich vor dem Wohnturm und um die Ställe und feuerten die Akrobaten mit ihrem Beifall zu immer waghalsigeren Kunststücken an. Kennet selbst stand am oberen Ende der kurzen Vortreppe, die zum Hauptportal des Wohnturms führte. Orisian hatte sich vor ihn gestellt. Er spürte die Hände seines Vaters auf den Schultern und genoss die seltene Nähe.
    Die Menge lärmte und rangelte gutmütig um die besten Plätze. Von den Stufen aus hatte Orisian eine gute Sicht über die Köpfe hinweg auf den breiten, von Flammen erhellten Platz, wo die Gaukler ihr Können vorführten. Sie wirbelten über das Kopfsteinpflaster und warfen einander brennende Fackeln zu. Die beiden langen Stangen wurden in die Mitte des Innenhofs gebracht. Männer richteten sie auf und hielten sie senkrecht, während je eine Frau sie mit bloßen Füßen erklomm. An der Spitze angelangt, spannten sich die Frauen kurz an, ehe sie gleichzeitig in die Luft schnellten, aneinander vorbeiflogen, mitten im Sprung einen Salto drehten und die Plätze wechselten. Die Stangen schwankten heftig, als sie landeten, aber sie hielten sich mit Leichtigkeit fest und nahmen lachend den tosenden Beifall der Menge entgegen.
    Orisian hörte, wie sein Vater keuchte.
    »Eine glänzende Darbietung, nicht wahr?«, schrie ihm Kennet ins Ohr und umklammerte seine Schultern noch heftiger.
    Orisian nickte begeistert. Anyara, die neben ihm stand, lächelte ihm zu, und er spürte, wie die Sorgen von ihm abfielen. Das hier war endlich ein

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