Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)
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»Bleibt liegen!«, mahnte er. »Ihr dürft Euch nicht anstrengen.«
»Mir geht es gut«, widersprach Orisian.
»Mag sein, mag sein. Aber es war eine böse Wunde, die Ihr Euch da eingefangen habt, und sie ist noch nicht gänzlich verheilt. Diese Elfen hätten Euch mit ihren Heilmethoden umbringen können.«
Orisian tastete den Wickel um seine Brust ab. »Sie haben mir einen Umschlag verpasst«, sagte er.
Rothe schnitt eine Grimasse. »Ich möchte gar nicht wissen, welche Heilkräuter sie da verwendeten.«
»Wie lange ist das alles her?«
»Sieben Tage, Orisian.«
»Sieben Tage! Ich dachte, es müssten zwei oder drei sein. Aber ich kann mich an fast nichts erinnern.«
»Sieben. Und die meiste Zeit unterwegs. Wir kamen erst vor drei Tagen hier an. Und sie ließen mich die ganze Zeit im Ungewissen. Nicht ein einziges Mal durfte ich Euch sehen. Außerdem nahmen sie mir mein Schwert ab – die Waffe, die mich mein halbes Leben begleitet hat.«
Jetzt erst bemerkte Orisian die mittlerweile etwas verblassten Kampfspuren auf Rothes Wange und Stirn, dazu einen dünnen roten Strich über dem Nasensattel. Er konnte sich denken, dass sein Lehrmeister bis zum Äußersten gegangen war, um an seine Seite zu gelangen.
»Nun«, sagte er, »wenigstens sind wir jetzt wieder vereint.«
»Als Gefangene in einem Lager der Waldelfen. Ich versuchte Euch nach Glasbridge zu bringen, ich versuchte es, ehrlich, aber ich kenne mich mit Booten nicht gut aus, und die Strömung war einfach zu stark. Sie trug uns an den Fuß des Car Anagais. Dort überwältigten uns die Elfen gleich nach der Landung.« Ein schmerzerfüllter Ausdruck huschte über seine Züge. »Verzeiht mir, Orisian, dass ich Euch gegen Euren Willen fortbrachte. Ich hatte keine andere Wahl. Ich konnte nicht zulassen, dass Ihr Eurem Vater zu Hilfe eiltet.«
»Du bist mein Leibwächter, und du hast mir das Leben gerettet. Dafür musst du mich nicht um Verzeihung bitten. Ich war … ach, lassen wir das! Weißt du, wo wir uns jetzt befinden?«
»Schwer zu sagen. Wir bewegten uns immer durch dichten Wald. Ich denke, wir sind noch irgendwo im Gebiet des Car Anagais. Vielleicht an den Südhängen des Car Criagar, aber eigentlich glaube ich nicht, dass wir so weit kamen.«
Orisian überdachte die Auskunft eine Weile. »Was sollen wir tun?«, fragte er dann.
»Abwarten, bis Eure Wunde besser verheilt ist. Und hoffen, dass es sich diese Waldwesen nicht in den Kopf setzen, uns zu töten, ehe wir eine Gelegenheit zur Flucht finden.«
»Es müssen Angehörige des Fuchs-Clans sein«, meinte Orisian. »Die haben keinen echten Grund, uns etwas anzutun. Sie sind nicht wie die Schleiereulen …«
»Die Gedanken der Waldelfen sind uns ebenso fremd wie ihre Augen. Trau ihnen nie, Orisian! Wir müssen uns hier gegenseitig beschützen.«
Orisian wollte einwerfen, dass dies der Clan von Inurians Vater sei und dass bestimmt alles gut werde, aber ihm war klar, dass dies für Rothe keinen Unterschied machen würde. Der Krieger hatte sein Leben lang für das Haus Lannis gekämpft und sich dabei stets von zwei grundsätzlichen Bedingungen leiten lassen – der Bedrohung durch die Gyre-Geschlechter im Norden und der Bedrohung durch die Kyrinin, die in den Wäldern rings um das Tal hausten. Selbst Orisian, der genau wusste, dass Füchse und Schleiereulen nicht ein und dasselbe waren, konnte die Berichte von niedergemetzelten Holzfällern und von Familien, die in den Flammen brennender Waldhütten umgekommen waren, nicht ganz aus seinen Gedanken verbannen.
In diesem Moment kam die Kyrinin-Frau zurück. Bei ihrem Eintreten spannte sich Rothe an, aber er schaute sie nicht an.
»Genug geredet«, sagte sie. »Beide herauskommen.«
»Er sollte schlafen«, knurrte Rothe, der sich immer noch nicht nach der Frau umdrehte.
»Genug geschlafen«, entgegnete die Frau. »Er ist gesund.«
Als sie ans Lager trat, um Orisian beim Aufstehen zu helfen, schob sich Rothe dazwischen, umschlang Orisian mit einem seiner kräftigen Arme und hob ihn hoch. Die Frau breitete einen Umhang aus dichtem dunklem Pelz aus. Rothe entriss ihr das Stück und legte es Orisian um die Schultern.
»Seid Ihr kräftig genug?«, fragte er.
Orisian dachte darüber nach. Obwohl er sich noch angeschlagen und ziemlich schwach fühlte, hatten die Schmerzen nachgelassen, und sein Körper schien wie die Kyrinin-Frau der Ansicht zu sein, dass er genug genug geschlafen habe. Die schlaffen Muskeln waren bereit, sich zu dehnen und
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