Winterwunder
waren Pfingstrosen, ihre bevorzugten Farben – zumindest zur Zeit – rosa und grün. Sanfte Töne.
Sanft, dachte Parker erneut und wechselte die Richtung, um ihre Balkontüren zu öffnen und hinauszutreten. Sie würde nur erst ein bisschen frische Luft schnappen, kühle Nachtluft.
Die Braut wollte es sanft und zart. Als sie Parker gebeten hatte, in den Brautsalon zu kommen, um das ausgewählte Kleid anzuschauen, hatte sich gezeigt, dass sie begriffen hatte, wie das Kleid im Mittelpunkt der Hochzeitsplanung stand – Farben, Themen, Stimmungen, alles richtete sich nach dem Brautkleid.
All die hübschen, fließenden Lagen, erinnerte sich Parker, der sanfte Schimmer der winzigen Samenperlen, die zarten Spitzenbesätze.
Pastellfarben und Pfingstrosen, schimmernder Tüll und gehauchte Treuegelöbnisse.
Sie konnte es vor sich sehen. Sie würde dafür sorgen, dass es genau so wurde. Darin war sie besonders gut.
Es gab keinen Grund, keinen guten Grund dafür, dass sie sich so unruhig fühlte, so verunsichert, so verwirrt.
Keinen Grund, hier draußen zu stehen, auf die nachtfeuchten Gärten zu starren und sich an den unerwarteten Kick einer Motorradfahrt zu erinnern, die nur ein paar Minuten gedauert hatte.
Und die schnell, gefährlich und lächerlich aufregend gewesen war.
Ähnlich, ganz ähnlich dem unsanften, stürmischen Kuss eines aufdringlichen Typen in ihrer eigenen Diele.
An solchen Dingen hatte sie kein Interesse – absolut nicht. Sie war vielleicht fasziniert, aber das war etwas ganz anderes. Faszinierend fand sie auch Haie, wie sie auf ihre unheimlich lautlose Art durch ein Riesenaquarium schwammen, aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie zu ihnen ins Wasser steigen wollte.
Der Vergleich war nicht fair, gestand sie sich seufzend ein. Er war alles andere als fair.
Malcolm war vielleicht dreist, aufdringlich, aber er war kein Hai. Mit Mrs G. war er so unbefangen umgegangen, hatte sogar ein bisschen geflirtet. Parker besaß ein untrügliches Gespür dafür, wenn jemand es mit einem Menschen, den sie liebte, nicht ernst meinte, aber bei Malcolm hatte ihr Radar nicht ausgeschlagen.
Dann war da seine Freundschaft mit Del. Beruflich mochte Del Beziehungen zu Blendern und Haien dulden, aber niemals privat.
Also lag das Problem – wenn es denn eines gab – bei ihr. Sie würde es einfach beheben müssen. Probleme zu beheben, zu lösen, aus der Welt zu schaffen, das war ihr Job.
Sie würde sich einfach die Lösung für dieses überlegen, sie anwenden und dann zur Tagesordnung übergehen. Dazu musste sie besagtes Problem zunächst genauer bestimmen, doch sie konnte sich schon ganz gut denken, worin es seinen Ursprung hatte.
Irgendwo in ihrer Faszination – nicht ihrem Interesse, sondern ihrer Faszination – fühlte sie sich zu Mal hingezogen.
Das war pure Chemie.
Sie war ein Mensch, sie war gesund, und Laurel hatte Recht. Malcolm war ein scharfer Typ. Auf seine primitive, ungehobelte Art.
Motorräder und Leder, zerrissene Jeans und dreistes Grinsen. Grobe Hände, ein hungriger Mund.
Parker presste sich eine Hand auf den Bauch. Ja, das war definitiv ein Aspekt seiner Anziehungskraft. Nun da sie sich das eingestanden hatte, konnte sie an der besten Methode arbeiten, sie zu entschärfen.
Wie eine Bombe.
Wie die Bombe, die in ihr explodiert war, als er sie an sich gerissen hatte. An sich gerissen, dachte sie erneut. Sie mochte es nicht, wenn jemand sie an sich riss.
Oder?
»Egal«, murmelte sie. Probleme löste man durch Antworten, nicht durch weitere Fragen.
Sie wünschte nur, sie hätte nicht so viele elende Fragen.
Das Telefon in ihrer Tasche klingelte. Sie zog es heraus wie eine Frau, die in stürmischer See nach einem Floß greift.
»Gott sei Dank.« Sie atmete erleichtert auf. Die Chaosbraut würde ihr zweifellos ein Problem bieten, das sie effizient lösen konnte. Und das sie von ihrem eigenen ablenken würde.
»Hallo, Sabina! Was kann ich für Sie tun?«
4
Mit BlackBerry und Laptop präparierte Parker sich für die Teambesprechung am Morgen. Sie saß an dem großen runden Tisch in der ehemaligen Bibliothek ihres Elternhauses, der Vows nun als Konferenzraum diente.
Die Wände voller Bücher und der satte Geruch nach Leder waren geblieben, und an frischen Herbst- oder kalten Wintermorgen prasselte ein Feuer im Kamin, wie es gewesen war, solange sie denken konnte. Die Lampen, die gemütliche Sitzecken beleuchteten, hatten ihrer Großmutter gehört, und die Teppiche, von Zeit und
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