Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)
hatte der Alte es doch geschafft, Leonies Leben zu zerstören, und wenn es durch seinen Tod war. Die Tat war laut Kripo am Samstagabend verübt worden in der Zeit der Dämmerung zwischen 21.30 und 22.30 Uhr. Er selbst war gleich nach der Auseinandersetzung mit Rosskamp wutschnaubend in seinem Wagen davon gerast. So aufgebracht, dass er fast die Serpentinen nicht mehr hatte nehmen können und beinahe im Graben gelandet wäre. Einige Zeit war er ziellos durch Bad Neuenahr gefahren, um sich zu beruhigen. Zu irgendeiner Zeit hatte er schließlich, immer noch aufgewühlt, das Bistro Both's aufgesucht, sich auf einen der Barhocker geschwungen und einen Cognac und mehrere Bier getrunken . Erst auf der Toilette hatte er im Spiegel erschrocken festgestellt, wie demoliert sein Gesicht aussah und daraufhin flugs das Lokal verlassen. Das alles würde Münch nachprüfen und bestätigt finden. Da niemand auf ihn wartete, war Broll wieder hochgefahren, um Leonie aufzusuchen. Das würde er verschweigen, um nicht den Verdacht gegen ihn zu erhärten. Auf Höhe des Parkplatzes waren ihm jedoch Zweifel gekommen, nicht nur wegen seines schrecklichen Aussehens. Er hatte gedreht und den Heimweg nach Remagen eingeschlagen. Er musste kurz vor 21.30 Uhr daheim gewesen sein. Die einzige Zeugin, von der er hundertprozentig wusste, dass sie ihn gesehen hatte mit ihren grünen Augen war eine Katze. Sie hatte vor der Haustür gehockt, als er heimkam, und er hatte sie hereingelassen. Sie war an ihm vorbeigehuscht, hatte sich gleich in der Parterre vor Frau Schneiders Wohnungstür gesetzt und mit den Tatzen an die Tür geschabt. Schmunzelnd war er an ihr vorbei weiter bis in den dritten Stock gestiegen. Als er seine Wohnungstür aufschloss, hatte er noch gehört, dass sich die Tür der unteren Wohnung öffnete, hatte Frau Schneider „Letti, meine Letti“, sagen hören, dann hatte er die Wohnungstür hinter sich zufallen lassen.
Wie erwartet, lachte Münch. Thomas schnaufte. „ Frau Schneider muss mich gesehen haben“, beteuerte er nachhaltig. „Mein Stellplatz am Haus ist beinahe direkt neben ihrem Wohnzimmerfenster, das zur Straße liegt. Sie sieht immer alles, was draußen vor sich geht.“ Das Wort „immer“ brüllte er.
Münch ordnete sogleich an, dass zwei Bonner Polizisten die Zeuging aufsuchten. Nach einer halben Stunde kam die Meldung. Die Katze sei bei der Nachbarin und Frau Schneider heute Morgen in einen Urlaub nach Griechenland aufgebrochen. Münch grinste ihn an. „Das wird dann wohl ein Weilchen dauern, aber ich glaube nach wie vor, dass Sie zurückgefahren sind und Rosskamp aus Hass ihm gegenüber und aus Liebe zu seiner Tochter umgebracht haben.“
Thomas stritt das energisch ab. Es reichte ihm langsam.
„ Umgebracht haben“, fügte Münch noch hinzu, „nachdem Sie sich ein paar Bierchen reingezogen haben.“
„ Jetzt reicht es aber wirklich“, protestierte Broll ungeachtet dessen, in welcher Lage er sich befand. Och dann schoss ihm das Blut in den Kopf, als er an Michael Seeberg von der Winzerge nossenschaft Walporzheim dachte. Die Ermordung Rosskamps würde bald in aller Munde sein und Seeberg sich daran erinnern, dass Rosskamp und er, Broll, zeitgleich in Walporzheim waren. Ich sitze wirklich in der Falle. Bei dem Gedanken wurde ihm heiß bis in die Zehenspitzen. Er gab sich jetzt noch insgeheim einen Tritt dafür, Rosskamp gefolgt zu sein. Wäre er doch da schon seinem Chef gegenübergetreten. Thomas Broll fragte sich zum wiederholten Male, wer es gewesen sein könnte? Er konnte nicht glauben, dass Leonie die Tat begangen hatte, auch wenn es so aussah. Es durchaus möglich war.
„ Woran denken Sie, Herr Broll“, erklang wie aus weiter Ferne die Stimme des Kommissars.
Broll schüttelte seinen Kopf, um sich aus seinen Gedanken zurückzuholen. „Ich überlege, wer es gewesen sein könnte, Rosskamp war nicht sehr beliebt.“ Münch sah ihn nur an und anschließend auf seine Uhr. Dann verließ er das Zimmer, stattdessen trat ein junger Polizist ein, nickte dem Verdächtigen kurz zu und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Wand.
19
Sie waren noch auf der A 61 unterwegs. In wenigen Minuten würde der Polizeiwagen in den Zubringer Bad Neuenahr einbiegen. Seit der Abfahrt aus Bonn hatte Leonie kein Wort mehr gesprochen. Einmal nur hatte sie durch das Heckfenster geschaut, ob die Journalistin auch bestimmt mit dem Smart folgte, wie sie angeboten hatte. Später wollte sie ihren Mann bitten, sie
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