Wir - die Unsterblichen
zur Härtung im Herstellungsprozeß verwendet werden.«
Ich nippte an meinem Kaffee, ohne das geringste zu begreifen.
»Nun schön, ein Stahlblock! Und was soll das, Werner? Sie wollen doch nicht behaupten, ein solcher Block habe etwas mit Koltows Ideen zu tun.« Ich stutzte. Jetzt fiel es mir wieder ein. »Richtig, Koltow sagte etwas von einer Million Jahren. Was hat das mit dem Stahlblock zu tun?«
»Das ist es ja eben! Der Stahlblock wurde nachweisbar in einem Braunkohleflöz gefunden, dicht unter der Oberfläche, aber zweifellos inmitten der Kohle. Wie kam er dorthin?« Cabrius tippte mit dem Zeigefinger auf die Tischdecke. »Kohle ist zwischen dreihundert und vierhundert Millionen Jahre alt, Braunkohle wesentlich jünger. Auf keinen Fall aber jünger als eine Million Jahre. Wie kommt ein solcher Stahlblock, der zweifellos modernster Herkunft ist, mitten in diese uralte Kohle hinein? Hat es auf der Erde früher einmal, in grauer Vorzeit, eine hochstehende Zivilisation gegeben, und ist dieser Stahlblock das letzte Zeugnis dieser untergegangenen und verschollenen Zivilisation?«
Ich sah ihn zweifelnd an.
»Hm, da müßte ich mal meinen Freund Erich fragen«, murmelte ich schließlich, »der versteht mehr davon als ich. Möglich wäre es immerhin, denn was wissen wir schon davon? Was mehr als fünftausend Jahre zurückliegt, ist nur Vermutung und Annahme. Eine Million Jahre – das ist unvorstellbar.«
»Richtig, da sind wir einer Meinung. Ich habe lange mit Winter gesprochen, der alles natürlich nur aus den Archivberichten rekonstruieren konnte. Ich habe ihm dabei geholfen, und es ging ein ganzer Vormittag dabei verloren. Der Block ist in der Tat innerhalb eines Flözes gefunden worden, unter Zeugen. Insofern ist die Angelegenheit leicht nachzuprüfen. Es handelt sich um ein Braunkohlevorkommen in Österreich, ziemlich jung und erst kürzlich entdeckt. Um die Rentabilität festzustellen, wurden ganze Proben in Labors geschickt. In unserem speziellen Fall handelt es sich also um einen fast zentnerschweren Brocken, der erst im Labor unter staatlicher Aufsicht auseinandergenommen wurde. Und mitten drin lag der Stahlblock!«
»Das geht aus den Berichten hervor?«
»Einwandfrei und hundertprozentig! Der Block wanderte dann ohne jede Erklärung für seine Existenz in unser hiesiges Museum. Fachleute haben ihn bewundert, konnten seinen Ursprung jedoch nie erklären.«
Ich nickte und schwieg. Eben noch hatte mir eine Frage auf den Lippen gelegen, nun hatte ich sie schon wieder vergessen. Dabei war es eine wichtige Frage gewesen …
»Am Mittwoch sehen wir uns ja, diesmal bei Ackerbuild. Ich bin gespannt, was die anderen dazu sagen werden.« Cabrius erhob sich. »Bezahlen Sie den Kaffee …?«
Jetzt fiel es mir wieder ein.
»Sie sagten 1943, Werner. Was geschah dann mit dem Block?«
Cabrius setzte sich wieder.
»Menschenskind, das hätte ich fast vergessen zu erwähnen. Im Jahr 1943 wurde das Museum wegen der wachsenden Bombardierungsgefahr geräumt. Alles wurde in witterungsbeständige Kisten gepackt, fein säuberlich in Listen eingetragen, numeriert und dann in den Katakomben des Stadtbergs gelagert. Dort waren die naturhistorischen Schätze vor Bomben und anderen unangenehmen Begleiterscheinungen unserer Zivilisation sicher. So wenigstens dachte man. Jedenfalls wurde das ganze Zeug nach dem Krieg wieder ins Museum zurückbefördert und ausgepackt. Alles war unbeschädigt und gut erhalten. Nur der Stahlblock fehlte, und mit ihm fehlte auch der Karton, in dem er untergebracht worden war. Die Listen waren komplett, aber der Stahlblock war nie mehr aufzufinden. In den Wirren nach dem Krieg hatte man andere Sorgen, also wurde der Diebstahl schnell vergessen und der Stahlblock von der Liste des Museumsguts gestrichen.« Cabrius sah mich herausfordernd an. »Nun, mein Lieber, was sagen Sie dazu? Eine seltsame Geschichte, nicht wahr? Aber ich sehe noch immer keinen Zusammenhang mit dem, was wir vergangene Woche diskutierten. Was hat der verschwundene Stahlblock mit dem Problem der Zeit zu tun, und was hat er vor allen Dingen mit Koltows Theorien zu tun? Woher konnte unser Professor überhaupt wissen, daß es diesen Block jemals gegeben hat?«
Ich bezahlte den Kaffee und erhob mich, als Cabrius aufstand.
»Keine Ahnung, aber vielleicht erfahren wir es am Mittwoch. Jedenfalls ist uns Koltow eine Erklärung schuldig. Winter muß mich für verrückt gehalten haben, als ich so hartnäckig nach seinem verschwundenen
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