Wir - die Unsterblichen
Bernstein kollegial. »Wir haben oft genug darüber gesprochen. Haben Sie die Polizei benachrichtigt?«
»Natürlich. Schließlich ist ein Mord geschehen. Einige Beamte sind noch im Hause …« Er verstummte, als die Begleiter Bernstein diesen fest am Arm packten und in Richtung Straße zogen. »Wo wollen Sie denn hin?«
»Oh … habe noch etwas zu erledigen, Dr. Berger. Ich melde mich später.« Das Taxi wartete noch mit laufendem Motor. Kel Dave war immer ein vorsichtiger Mann gewesen. »Das hätte aber schiefgehen können!«
»Lassen Sie das meine Sorge sein, Professor. Sieht so aus, als hätte Montelli sich selbständig gemacht. Pech für Sie, fürchte ich.« Sie stiegen ein. Der Wagen fuhr an und verschwand stadteinwärts. »Das sieht Montelli wieder ähnlich. Nun hat er drei Morde auf dem Gewissen. Wenn er so weitermacht, schlägt er mich noch.«
Bernstein schwieg. Seine Lage hatte sich durch Montellis Flucht nicht gerade verbessert, auch wenn der Killer ihm glaubte. Er war zu einer Art Sicherheitsfaktor geworden.
Den folgenden Tag verbrachte Bernstein in der Wohnung Kel Daves. Der Leibwächter und Knacker Ben Miller schlief im Vorraum auf einer Matratze, und an ihm wäre der Gelehrte niemals vorbeigekommen. Dave selbst war den ganzen Tag unterwegs, und selbst Miller wußte nicht, was er trieb. Bernstein nahm an, daß er sich über die Einzelheiten von Montellis Flucht informierte. Aber es war nicht sicher, wieviel und was die Polizei darüber verlauten ließ.
Abends kam Dave zurück, abgehetzt und schlechter Laune.
»Ich habe meine Verbindungen spielen lassen, Professor. Offiziell wurde nichts bekanntgegeben. Aber ich weiß nun, daß Sie mich nicht angelogen haben. Stimmt alles, aber Montelli ist verschwunden. Wie sollen wir ihn wiederfinden? Freiwillig wird er sich bestimmt nicht melden.«
Bernstein richtete sich auf dem Bett auf. Er sah Dave an.
»Warum nicht?« fragte er. »Denken Sie mal nach, Mr. Dave. Wir zwei sind nun Verbündete, nachdem er geflohen ist. Warum sollten wir also nicht zusammenarbeiten? Sie wollen das Geld, ich will Montelli. Und Montelli will mich, seinen Körper – sobald er das Geld hat.«
Dave setzte sich. Miller brachte einen Drink aus der Hausbar.
»Vielleicht haben Sie recht, Professor. Aber wie soll Montelli erfahren, wo Sie sich aufhalten?«
»Wir lassen es ihn wissen«, sagte Dr. Bernstein einfach.
Kel Dave starrte ihn mißtrauisch an.
»Wie meinen Sie das? Soll ich vielleicht in der Zeitung eine Anzeige aufgeben?«
»Warum nicht? Oder wollen Sie mir vertrauen und mich freilassen? Dann allerdings hätten wir ihn schnell …«
Dave schüttelte den Kopf.
»Lieber nicht. Die Anzeige klingt besser. Schlagen Sie mal einen Text vor.«
Miller verschüttete fast seinen Whisky.
»Kel, hast du einen Vogel? Willst du in der Zeitung bekanntgeben, wo wir wohnen, damit uns die Polente schnappt?«
»Natürlich nicht, Ben. Eine getarnte Anzeige, deren Sinn nur unser Freund Montelli kapiert, ist doch klar. Kleiner Hinweis auf das Vertauschen der Gehirne, auf den Bankraub und auf unseren verehrten Gast. Sollst mal sehen, wie schnell Montelli hier aufkreuzt.«
»Hoffentlich hast du recht …«
»Wenn die Kalkulation unseres Professors stimmt, ganz sicher.« Guiseppe Montelli fühlte sich nach der Flucht wie neugeboren. Niemand kannte ihn, und sein Gesicht hatte noch niemals einen Steckbrief geziert. Fast empfand er das als Beleidigung, aber dann sah er ein, daß Sicherheit vor Ruhm ging.
Bereits am ersten Tag allerdings spürte er die körperliche Erschöpfung. Früher hätten ihm die Anstrengungen nichts ausgemacht, aber mit Bernsteins Körper war eben kein Staat mehr zu machen. Das veraltete Modell hatte bald ausgedient.
Das Geld, dann Bernstein – und dann zurück in die eigene Haut!
Das war Montellis Programm.
Sicher, er war der Gaskammer entronnen, und es war sicherlich der phantastischste Fluchtweg gewesen, den je ein Mensch genommen hatte, aber nun, da er frei und bald auch reich war, hatte er keine Lust, in einem alten und kränklichen Körper dahinzusiechen. Er würde Professor Bernstein und seine Assistenten zwingen, den Tausch rückgängig zu machen.
Es gelang ihm, in einem kleinen Hotel unterzukommen, ohne daß er die Miete im voraus bezahlen mußte. Zum Glück trug er noch Bernsteins ursprüngliche Kleidung, und einen Hut, der sein Gesicht halbwegs verdeckte, fand er kostenlos in der Garderobe. Als es Abend wurde, machte er sich auf den Weg, um sein Geld
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