Wir Ertrunkenen
dass es zunimmt.»
Es verging eine so lange Zeit, bis Albert wieder etwas sagte, dass Pastor Abildgaard mit einem kleinen Triumphgefühl – er tat, was er konnte, um es zu verbergen – annahm, das Gespräch sei beendet. Er machte Anstalten, die Besichtigung der ausgestellten Gegenstände fortzusetzen.
Albert stand mit den Händen auf dem Rücken da und betrachtete mit einem grübelnden Blick seine Schuhspitzen. Dann räusperte er sich.
«In den Jahren vor dem Krieg …», sagte er, als er aufsah und Abildgaards Blick festhielt, «… sind Sie da häufig zur Dampskibsbro gegangen, um die Abfahrt der Fähre zu verfolgen?»
«Ja», antwortete Abildgaard, «das ist ja, mit Verlaub, die einzige Unterhaltung, die die Stadt zu bieten hat, na ja, abgesehen von der Ankunft der Fähre, die die Abfahrt an Spannung sogar noch übertrifft. Natürlich habe ich das getan.»
«Ist Ihnen dabei irgendetwas Besonderes aufgefallen?»
Der Pastor schüttelte den Kopf. «Nichts, woran ich mich erinnere.»
«Die ungewöhnlich große Anzahl Bauern, schwer beladen mit Gepäck.»
«Ich ahne, worauf Sie hinauswollen.»
Abildgaard lächelte entwaffnend, als wüsste er genau, dass er seines kleinen Triumphes von vorhin beraubt würde, als bereitete er sich vor, es wie ein guter Sportsmann zu nehmen.
«Ja, das tun Sie bestimmt. Aber ich werde es trotzdem sagen. Es waren Bauern auf dem Weg nach Amerika. Das geistige und kulturelle Rückgrat des Landes, mit uralten Erbhöfen und einem Land, das ihre Vorväter Hunderte von Jahren hindurch bestellt haben. Und dann lediglich ein treuloses Lebewohl. Während die Seeleute hier aus Marstal, diese wurzellosen, ruhelosen, vaterlandslosen Freibeuter …»
«Das habe ich nie gesagt», unterbrach ihn Abildgaard.
«… diese Schauerleute und Halunken, diese Strolche und halben Verbrecher, Trunkenbolde und Hurenböcke mit einem Mädchen in jedem Hafen, die ein Dänisch sprechen, das so sehr mit Wörtern aus allen
Kontinenten durchsetzt ist, dass nicht einmal ihre eigenen Mütter sie verstehen, mit Armen und Oberkörpern, die ebenso übersät sind von Tätowierungen wie eine Spielkarte mit Herzen, Karos, Schippen oder Kreuzen …»
«Ich muss protestieren», wandte der Pastor ein. «So habe ich nie über die Seeleute gesprochen. Ich habe großen Respekt vor den Versorgern der Stadt.»
«Dazu haben Sie auch allen Grund. Umso mehr, da Sie noch nie die Seeleute der Stadt in einer Reihe mit Kommoden auf dem Rücken auf der Dampskibsbro haben stehen sehen, um nach Amerika auszuwandern. Es ist gut möglich, dass wir jahrelang unterwegs sind, aber wir kommen wieder nach Hause. Wir bleiben.»
Als es Frühling wurde, leerte sich der Hafen. Man hatte die Versicherung neu geordnet, so dass die Reeder keinen Verlust erlitten, wenn ein Schiff verloren ging. Der Frachtmarkt entwickelte sich von nun an nur in eine Richtung – aufwärts. Wir hatten Fahrten wie nie zuvor, nicht nur nach Norwegen, Westschweden und Island, sondern auch nach Neufundland, Westindien und Venezuela, ja sogar quer durch die Kriegszonen, nach England und in die französischen Kanalhäfen. Alles war wie immer, nur besser. Wir beschwerten uns über die Engländer, die eine Vielzahl lästiger Restriktionen für die Schifffahrt einführten und schamlos Geld für Lotsen und Schlepper forderten. Hier waren die Deutschen weit humaner. In den deutschen Ostseehäfen gab es Lotsen und Schlepphilfe umsonst.
Noch hatte Marstal nicht ein einziges Schiff verloren.
Dann begann der U-Bootkrieg.
Die Meldung über den ersten Verlust traf ein. Es war der Schoner Salvador, der am 2. Juni in Flammen aufging, an einem warmen Frühsommertag. Albert notierte es in der rechten Spalte seines Kontorbuchs. Schon bald würde sie sich füllen.
Es waren keine Toten zu beklagen. Die Besatzung kehrte heim und benahm sich, als hätte sie etwas Außerordentliches geleistet. Hoho, sagten
sie in den Wirtshäusern der Stadt und auf der Straße, wenn Neugierige sich um sie drängten. Sie konnten sich nicht beklagen. Sicher, sie hatten ein Schiff verloren, aber das U-Boot hatte das Rettungsboot ein Stück abgeschleppt. Der Steuermann, Hans Peter Kroman, hatte eine Pfeife mit Tabak geschenkt bekommen; es war Tabak der Marke «Hamburg», übrigens ein ausgezeichneter Tabak, und Kapitän Jens Olesen Sand zwei Flaschen Cognac für die weitere Reise. Die deutsche U-Bootbesatzung? Feine Leute, ein bisschen blass vielleicht durch den Aufenthalt in der Tiefe, aber ansonsten
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