Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
aber nur kurz. Jetzt hatte er den Fall schon so lange auf dem Tisch, dass er sich nicht beherrschen konnte.
»Es wäre wunderbar, wenn wir den Bilderraub endlich aufklären könnten«, sagte er und grub noch tiefer im Wagen. »Was zum Teufel!?« Fluchend machte er einen Schritt zurück, zog die volle Windel heraus und schmiss sie auf den Boden.
»Es tut mir wirklich leid, Herr Kommissar, aber die Bilder …«, stammelte Frau Tham.
Mit schnellen, ruckartigen Bewegungen wischte sich Petterson die Hände ab und ging nun etwas vorsichtiger zu Werke. Nur der Goldrahmen war sichtbar, also holte er sein Taschenmesser heraus.
»Sind Sie sicher, dass es sich hierbei um die vermissten Gemälde handelt?«, fragte er säuerlich und begann, ganz vorsichtig das Papier zu entfernen.
»Wie gesagt, wir durften ja nichts anfassen. Mir war klar, dass Sie DNA-Spuren sichern wollen, also haben wir nichts berührt. Uns ist ja bekannt, dass Ihnen der internationale Kunstraub Schwierigkeiten macht«, sagte die Direktorin.
»Ja, stimmt«, murmelte Petterson und schnitt vorsichtig das Papier auf, um das Bild nicht zu beschädigen. Ein großes Stück Verpackung warf er auf den Boden. Im selben Moment hörte er einen Aufschrei und sah, wie die Museumsleiterin die Hände vors Gesicht schlug.
»Um Gottes willen!«
Kommissar Petterson entfernte das restliche Papier und trat einen Schritt zurück. Er kannte das Bild, denn er hatte es schon oft gesehen. In dem protzigen Goldrahmen erschien das beliebte Motiv mit dem weinenden Mädchen, das fast jeder Schwede als Kopie im Klo hängen hat. Wortlos stellte Kommissar Petterson das Bild auf den Boden und machte sich daran, das zweite auszupacken. Dieses Mal war er nicht so vorsichtig. Er setzte ein paar lange Schnitte und riss das Papier herunter.
»Kaum zu glauben!«
Auf dem Bild war ein Schiffer mit Südwester und Pfeife.
»Wie aus der Fußgängerzone.« Frau Tham schnappte nach Luft.
»Meinen Sie, dass die Polizei nichts Wichtigeres zu tun hat?«, sagte Petterson, und seine Stimme wurde nun unangenehm laut. »Ganz zu schweigen von dem Ding.« Er hob die Babypuppe hoch und setzte sie rittlings über den Rahmen – aber so derb, dass die kleine rosa Mütze abfiel.
»Wenn ich das gewusst hätte, es tut mir aufrichtig leid«, sagte Frau Tham, und ihre Wangen leuchtete nun in tiefem Rot. Da erklang plötzlich ein prustendes Lachen. Kommissar Strömbeck hatte die ganze Zeit neben ihm gestanden und Fotos geschossen. Jetzt konnte er nicht länger an sich halten.
»Für die Ermittlungen«, sagte er und grinste breit. »Ich stelle das mal ins Netz.«
Kommissar Petterson hob abweisend beide Hände.
»Kommt nicht in Frage. Wenn das in der Zeitung erscheint …«
»Genau. Polizei an der Nase herumgeführt. Die Seniorengang hat wieder zugeschlagen .« Strömbeck platzte vor Lachen.
»Hören Sie auf!«, sagte Petterson, und einen Moment lang stand er regungslos da. Dann stemmte er die Hände in die Seiten. »Erinnern Sie sich? Märtha Anderson hatte zu Protokoll gegeben, dass sie sich wünsche, die Bilder zurückzugeben, doch dass sie aus der Suite im Grand Hotel gestohlen worden seien. Wie erklären wir uns dann das hier? Jetzt haben wir die Rahmen ohne Bilder.«
»Wir sollten überprüfen, wer hier mit einem Kinderwagen war. Es gibt ja die Aufnahmen der Überwachungskameras.«
»Überwachungskamera? Nicht schon wieder«, stöhnte Petterson.
»Nein, wissen Sie, was wir tun?«, sagte Strömbeck, ausnahmsweise ganz ernst. »Wir geben eine Pressemitteilung heraus und verkünden, dass wir die Bilder gefunden haben. Das verunsichert die richtigen Diebe. Wir locken sie aufs Glatteis. Dann erhalten wir vielleicht Anhaltspunkte.«
»Ein bisschen weit hergeholt. Und wenn die Journalisten die Bilder sehen wollen?
»Dann sagen wir, dass sie das können, aber noch warten müssen, bis die Untersuchung der Gemälde abgeschlossen ist.«
»Mmh«, sagte Petterson. Die Direktorin war so mitgenommen, dass sie kein Wort herausbrachte. Petterson sah sie an.
»Und was machen wir dann damit?«, fragte er und zeigte auf das Bild mit dem heulenden Mädchen. Strömbecks Mundwinkel verzogen sich wieder.
»Flohmarkt?«
»Nein, da können wir vielleicht noch wertvolle DNA sicherstellen«, sagte Petterson.
»Das meinte ich ja bereits«, erwiderte die Direktorin. »Dann stellen wir die Bilder so lange ins Magazin. Nicht zu glauben, Straßenkunst im Nationalmuseum …«
»Vergessen Sie nicht den Kinderwagen«,
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