Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
sprechen zu dürfen.
»Hallo, Intendantin Tham, Nationalmuseum.«
Märtha holte tief Luft und verstellte ihre Stimme.
»Ein Kinderwagen mit dem Monet und dem Renoir steht bei Ihnen im Fahrstuhl am Eingang«, sagte sie und legte schnell wieder auf.
Dann stieg auch sie in das Taxi ein und wies den Fahrer an, nach Bromma zum Flughafen zu fahren. Von dort starteten Inlands-, aber auch Auslandsflüge, und diese falsche Fährte gefiel Märtha besonders.
»Auftrag ausgeführt«, sagte sie.
»Ausgeführt? Bist du ganz sicher?«, fragte Stina. »Wir haben die Babypuppe vergessen.«
»Ach herrje«, sagte Märtha, und obwohl ihnen da ein ernster Fehler unterlaufen war, fing sie an zu lachen. »Bilder im Wert von 30 Millionen Kronen, und dann haben wir eine Plastikpuppe mit Mütze vergessen. Man kann nur immer wieder sagen, dass das Leben voller Überraschungen steckt.«
Als sie in Bromma ankamen, drehten sie eine Runde durch die Abflughalle und sorgten dafür, dass mehrere Reisende auf sie aufmerksam wurden. Dann stiegen sie in den Bus, der wieder zurückfuhr. Zuerst lieferten sie Malin bei Emma ab, danach kehrten sie ins Haus Diamant zurück. Snille und Kratze halfen ihnen aus den Mänteln, und Anna-Greta war so aufgedreht, dass sie sogar den Plattenspieler links liegenließ. Dafür hatte sie in ihrem Zummer Tee und Kekse vorbereitet.
Sie schenkten sich ein und machten es sich auf dem Sofa bequem.
»Und?«, fragte Anna-Greta. Dabei putzte sie ihre Brille und hielt sie gegen das Licht. Sie hatte sich eine neue, moderne Fassung zugelegt, die ihr sehr gut stand und die nun auch nicht mehr von der Nase rutschte. Das alte 50er-Jahre-Gestell hatte sie zum Flohmarkt gebracht.
Nach ein paar Schlucken Tee begannen Märtha und Stina zu erzählen. Als sie zu der Stelle kamen, an der der Kinderwagen in sich zusammenfiel, runzelte Anna-Greta amüsiert die Stirn und gab einen völlig neuen, gackernden Lacher von sich, so dass die anderen sich irritiert ansahen. Doch als Märtha berichtete, dass sie die Babypuppe vergessen hatten, ertönte das übliche Wiehern, was die anderen wieder beruhigte. Anna-Greta war wohl so müde gewesen, dass sie für ihr Wiehern etwas länger gebraucht hatte.
»Diese Auszeichnung ›Testsieger‹ scheint völlig unzuverlässig zu sein«, sagte sie schließlich, als sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte.
»Früher gab es in den Geschäften Fachpersonal, das man fragen konnte«, meinte Märtha. »Heute wird alles übers Internet verkauft, und jeder Hinz und Kunz gibt sein Urteil ab. Der eine Wagen kracht etwas weniger schnell zusammen als der andere, schon gilt er als gut. Nicht wahr?«
»Aber die Gesellschaft entwickelt sich eben. Das Internet wird bleiben«, sagte Kratze.
»Die Tatsache, dass sich die Gesellschaft entwickelt, muss nicht bedeuten, dass sie dies zum Besseren tut«, resümierte Märtha. »Nicht immer.«
»Du und deine Philosophien«, brummte er.
Eine Zeitlang war es still, und jeder nippte an seiner Teetasse. Stinas Tasse klapperte lauter, und schließlich stellte sie sie zurück auf den Tisch.
»Wisst ihr was, ich glaube, wir haben schon wieder etwas vergessen«, sagte sie.
Alle horchten auf, Stinas Tonfall kündigte etwas Wichtiges an.
»Vergessen, was denn?«, fragte Snille.
»Warum denn diese Heimlichtuerei mit den Bildern? Märtha, hast du nicht bei der Vernehmung gesagt, dass wir die Bilder nur kidnappen wollten, damit wir sie anschließend nach Erhalt des Lösegeldes zurückgeben können?«
»Ja, natürlich«, antwortete Märtha.
»Also. Dann hätten wir es doch gar nicht so kompliziert machen müssen. Wir hätten die Bilder unter den Arm klemmen und sie abliefern können – und uns den ganzen Quatsch mit der Babypuppe und so gespart. Es ist doch nicht strafbar, etwas zurückzugeben. Ebenso dein unnötiger Umweg über den Flughafen.« Stina schniefte leise, dann musste sie mehrmals niesen. Sie hatte Zug abbekommen und sich wieder eine Erkältung eingefangen. »Wir haben den ganzen Zinnober umsonst veranstaltet«, sagte sie abschließend, holte ihr Taschentuch heraus und schnäuzte sich.
Märtha sah hinunter auf den Tisch. Sie war knallrot geworden. Snille faltete die Hände über dem Bauch, und Kratze summte vor sich hin. Anna-Greta unterbrach das Schweigen.
»Aber mein Gott, wenn man alt ist, dann passieren einem eben manchmal Fehler. Das macht doch nichts!«
»Für die nächsten Verbrechen sollten wir uns junge, kräftige Menschen, die klar denken können,
Weitere Kostenlose Bücher