Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
steht, es handele sich um den raffiniertesten Kunstraub der Geschichte.« Ihre Augen glitzerten. »Wir seien wesentlich geschickter vorgegangen als die letzten Diebe im Nationalmuseum. Die schossen mit Maschinenpistolen, ließen Autos in Flammen aufgehen und türmten mit den Bildern auf einem gestohlenen Boot. Völlig falsch. Man muss doch nicht so viel Aufsehen erregen.«
»Nein, da hast du recht«, sagte Kratze und betrachtete missmutig Märthas Rollator. Snille hatte den Abstandhalter wieder anmontiert. Und wenn Märtha doch nur ihre hässliche Gürteltasche im Zimmer gelassen hätte.
»Sie glauben, der Täter war ein bärtiger Mann mit langen braunen Haaren«, fuhr Märtha fort.
Stina gluckste und Anna-Greta explodierte fast vor Vergnügen. Sie hatte immerhin die Idee gehabt.
»Und dann soll der Bärtige sogar nett ausgesehen haben«, las Märtha weiter.
»Ja, das habe ich hinzugefügt, damit es authentisch klingt. Ein richtiger Dieb hätte das nicht gesagt«, erklärte Anna-Greta und ließ ein so fröhliches Wiehern heraus, dass Kratze sich zwingen musste, nicht die Hände vor die Ohren zu halten. Anna-Greta hatte nie geheiratet, und das wunderte ihn nicht. Vielleicht hatte es in ihrer Jugend ein paar Bewerber gegeben, aber sie hätte sie sicher zu Tode gelacht – wenn sie nicht schon mit dem Luftstoß allein verschwunden waren.
»Habt ihr das gesehen?«, fragte Märtha und sah von der Zeitung auf. »Hier steht in der ›Expressen‹ auf Seite sieben: Der Reporter zerbricht sich den Kopf über das Schild BIN GLEICH ZURÜCK. Er glaubt, das sei ein Hinweis auf eine religiöse Sekte, die meint, Jesus Rückkehr auf die Erde stehe bevor. Er spekulierte auch darüber, ob die Tat vielleicht einer terroristischen Vereinigung zuzuschreiben sei, die weitere Anschläge plane. Die Polizei hat jedenfalls ihre Präsenz verstärkt.«
»Hat ihre Präsenz verstärkt wegen ein paar ausgebüchster Alter«, grinste Snille.
»Und einem Schild mit der Aufschrift BIN GLEICH ZURÜCK«, kicherte Stina und griff zu ihrer Nagelfeile. Jetzt mussten sie alle derart lachen, dass es bis an die Rezeption zu hören war. Märtha bemerkte es und forderte die anderen auf, leiser zu sein.
»Aber eigentlich ist es ein bisschen ungünstig, dass das Schild von Hand geschrieben war. Diese Spur kann uns verraten«, sagte sie.
»Aber Märtha, jetzt hast du doch wohl nicht vergessen, warum wir eigentlich hier sind?«, fragte Snille mahnend.
»Nein, natürlich nicht, aber ich finde, das Gefängnis kann auch noch warten.«
Die anderen signalisierten leise Zustimmung. Ein paar Hotelgäste kamen auf dem Weg zur Veranda vorbei, doch in der Bibliothek waren sie nach wie vor unter sich. Märtha lehnte sich vor.
»Auch wenn sie andere Leute verdächtigen, können wir uns nicht entspannt zurücklehnen«, begann sie. »Wir haben ja keine Ahnung, wann sie anfangen werden, uns zu suchen, und wenn Schwester Barbro …«
»Das Wichtigste ist, dass wir das Geld bekommen«, unterbrach sie Anna-Greta. »Warum leiten wir unsere Lösegeldforderung nicht gleich heute an die Presse weiter?«
»Ja, wir könnten ein Fax schicken, das geht ganz schnell«, meinte Stina.
»Das ist doch altmodisch, wenn es schon PCs gibt«, hatte Snille einzuwenden.
»Aber dann können sie die Nachricht zurückverfolgen, das ist dir doch klar«, meinte Stina, der die Klassiker ausgegangen waren und nun von Märtha einen Krimi hatte leihen müssen. Leise Spuren im Cyberspace hieß er.
»Ach was, wir machen das auf die gute, alte Art, wie damals in der Penne«, sagte Kratze, nachdem er eine Weile überlegt hatte. »Wir kaufen eine Zeitung und schneiden die Worte und Buchstaben aus, die wir brauchen. Dann kleben wir sie auf ein Blatt Papier, stecken den Brief in einen Umschlag und werfen ihn in einen Briefkasten.«
Eine Weile herrschte Stille, weil alle über seinen Vorschlag nachdachten.
»Aber die Post ist doch heutzutage so langsam«, meinte Anna-Greta nach einer Weile. »Und wirklich sicher ist sie auch nicht, finde ich.«
»Dann habe ich eine bessere Idee«, antwortete Kratze. »Wir rufen an. Ich kann die Stimme ganz gut verstellen.«
»Nein, lass mich anrufen«, schlug Anna-Greta vor, doch sofort schlug ihr Protest entgegen. Keiner wollte das Risiko eingehen, dass sie aus Versehen anfing zu lachen. Nach einigem Hin und Her einigten sie sich darauf, eine Mitteilung aus gedruckten Buchstaben zu verfassen. Und natürlich würden alle darauf achten, dass sie dabei Handschuhe
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