Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir haben gar kein Auto...

Wir haben gar kein Auto...

Titel: Wir haben gar kein Auto... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
das Rad herausnehmen, das geschlossene Ventil entfernen, zwischen Felge und Reifenmantel einen vernünftigen Hebel (und nicht diese Plastikgriffe!) einführen, ihn an eine Speiche hängen, einen neuen Reifenmantel anbringen, das Ventil durch das dafür vorgesehene Loch stecken und darauf achten muss, den Schlauch dabei nicht zu verletzen!
    Der Typ in der Werkstatt in München hat gut reden, als wir ihn mit dem Handy anrufen in der Hoffnung auf eine einfache und sofortige Lösung. Für ihn ist es ein Kinderspiel, aber um eine Speiche abzumontieren, braucht man einen Engländer und nicht dieses alberne Werkzeug, das besser in einen LEGO-Kasten passt!
    Bei Ikea erhält man wenigstens ein anständiges Montageset mit schwedischen Fleischklößchen, und die Anweisungen sind sogar auf Italienisch!
Gerade als die Situation ausweglos erscheint, kommt uns ein betagter Jogger zu Hilfe, der den Reifen im Handumdrehen wechselt. Allein mit der Kraft seiner Hände löst erdie Mutter des Rades und schraubt sie wieder fest, ohne dabei außer Atem zu kommen. Er lächelt, grüßt freundlich und setzt seinen Weg fort.
    Es gibt Augenblicke, in denen ich wegen meiner Unfähigkeit am liebsten im Boden versinken möchte. Dies ist einer davon.
    In diesem Zustand der Apathie, Müdigkeit und Frustration fahre ich die letzten fünfundzwanzig Kilometer, die uns noch von Füssen trennen. Nach einem überaus frugalen Mahl in unserem Hotel schauen wir uns noch einen unserer alten Filme im MDR an, bevor uns der Schlaf übermannt.
    Ein schöner Kuppler war jenes Set an der Amalfiküste!
    Unsere Beziehung hatte noch nicht begonnen, und schon bekam ich eine erste Kostprobe der Ungeduld von Signora Speidel! Eine wunderbare Schauspielerin, eine phantastische Kollegin, eine faszinierende Frau, aber Widder von Kopf bis Fuß! Ich werde Ihnen jetzt mal etwas erzählen. Auf dem Abschnitt, der noch heute einer der schönsten Küstenstreifen der Welt ist, kann es durchaus passieren, dass man im Stau steckt, wenn man nach einem langen Drehtag ins Hotel zurückfährt.
    Genauer gesagt, wir saßen in einem Bus, der uns von Vietri nach Amalfi zurückbrachte. Nun, für einen Italiener wie mich ist es durchaus etwas Alltägliches, eine Stunde im Verkehr stecken zu bleiben. Für die
signora tedesca
dagegen offensichtlich nicht.
    Â»Avanti spaghetti«,
brüllte sie alle zwei, drei Minuten in Richtung des Fahrers, wie ein aufreizendes Leitmotiv.
    Sie meinen jetzt, das sei ein Zeichen für die Unverträglichkeit von Sternzeichen oder gar die Unvereinbarkeit der Charaktere eines Italieners und einer Deutschen? Okay, während für einen bayerischen Widder ein Kleinlaster an der Ampel bereits »Verkehr« bedeuten mag, sind für ein italienischesFischlein ein umgekippter Fernlaster auf einer Kreuzung, sieben Streifenwagen, zwei Löschzüge der Feuerwehr und fünfzehn in einen Auffahrunfall mit sechs Schwerverletzten verwickelte Fahrzeuge bekanntlich eine leere Straße. Aber muss man deswegen diesen armen Kerl so anschreien?
    Wir sind eben verschieden, werden Sie jetzt vielleicht sagen. So hat ein Deutscher in der Regel eine sehr individuelle und pragmatische Vorstellung von Entfernungen. Denn wenn er Ihnen mit besorgtem Gesicht sagt: »Verdammt, wir müssen auf die andere Seite von München!«, dann wird er Sie in höchstens zwanzig Minuten ans Ziel bringen. Stöhnend und gestresst. Wenn Ihnen dagegen ein Römer sagt: »Wir müssen auf die andere Seite von Rom!«, und es ist 11.00 Uhr vormittags, dann braucht er etwa eineinviertel Stunden, um Sie hinzubringen. Um 7.00 Uhr braucht er zwei Stunden. Und wenn es 18.00 Uhr ist, dann sollten Sie vorsorglich ein Zimmer in irgendeinem Agip-Motel an der Umgehungsstraße reservieren. Aber so ist der Italiener eben, er nimmt die Dinge, wie sie kommen. Und beweist dabei vor allem eines: Geduld. Viel Geduld!
    Ein weiblicher bayerischer Widder dagegen hat sehr wenig Geduld. Sie ist immer kurz vorm Explodieren, hasst es, sich unterzuordnen, hasst es, auf der Post in der Schlange zu stehen, wird hysterisch, wenn ein Mann mehr als fünfzehn Minuten im Badezimmer braucht, aber noch hysterischer, wenn sie es aus irgendwelchen Gründen nicht schafft, eines aufzusuchen. Sie bringt es sogar fertig, mit dem Wassertopf zu streiten, weil das Wasser nicht schnell genug kocht, oder mit dem Computer, weil er zu langsam

Weitere Kostenlose Bücher