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Wir haben gar kein Auto...

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Titel: Wir haben gar kein Auto... Kostenlos Bücher Online Lesen
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schnarchenden Berg, der von nichts auch nur das Geringste mitbekommt. Ich glaube, ich könnte einen Kanonenböller neben ihmabschießen, und er würde nur genüsslich grunzen. Aber sicher wird er mir beim Frühstück sagen, er hätte sooo schlecht geschlafen, und sooo kalt sei ihm gewesen,
die ganze Nacht.
    Irgendwann schlafe ich dann auch wieder ein, meine eiskalten Füße tief in den kochenden Berg gedrückt. Andocken nenne ich diese Schlafposition, die so viel Tröstliches in sich birgt.
Come un ghiro,
wie ein Murmeltier, kann ich dann schlafen.
    Die Morgensonne weckt uns. Gottlob, der nächtliche Sturm hat sich verzogen. Die feuchte Wäsche kommt zurück auf den Balkon, und wir gehen erst mal zum Frühstücken. Heute, am dritten Tag, bricht Bruno beim Anblick des überreichen Frühstücksbuffets geradezu in Jubelschreie aus. Zwar isst er nur das obligate Croissant mit Joghurt und trinkt, man glaubt es kaum, einen Milchkaffee, aber ich merke, er hat Hunger. Als ich wie üblich zwei leckere Wurstsemmeln für unterwegs schmiere, ist er geradezu begeistert.
    Â»Die sind mit Liebe gemacht«, bemerkt er anerkennend.
    Wie erwähnt, die Bestie liebt es, gefüttert zu werden.
    Zeit zur Abfahrt ist es, die Wirtin vom Hotel Zum Hechten nebst Gemahl gibt reizend Auskunft über die kürzeste Strecke zum Schloss Neuschwanstein. Dann erkundigen sie sich nach unserem nächsten Ziel, und als ich dann frohgemut erwähne, dass wir eigentlich vorhaben, heute noch mit den Rädern über den Fernpass zu kommen oder zumindest bis an den solchen, schaut der Herr des Hechtens stirnrunzelnd unsere bepackten Räder an und sagt: »Mit dem Gepäck? Na, servus!«
    Â»Was hat er gesagt?«, fragt mich Bruno.
    Â»Na, auf Wiedersehen«, sag ich schlicht.
    Es macht ja keinen Sinn, meinen Helden schon frühmorgens zu beunruhigen, zumal er sich in seinem feuchten T-Shirt und den ebensolchen Socken dann doch nicht ganzso wohl fühlt. Die anderen feuchten Klamotten schimmeln wahrscheinlich bis heute Abend in den Satteltaschen friedlich vor sich hin.
Funghi e porcini,
pfui Deibel!, aber er will es ja nicht anders. Ich hatte ihm vorgeschlagen, aus seinen Kamerakabeln doch rechts und links Wäscheleinen vom Lenker bis zur Rückleuchte zu spannen und daran seine Socken aufzuhängen. Der Fahrtwind wird das Problem schnell lösen.
    Also manchmal haben Italiener einfach keinen Humor!
    Wie im Märchenbuch liegt das Schloss da. Eingebettet in bewaldete Hügel, ragen hohe Berge dahinter hervor, und still und sanft ruht der Forggensee zu seinen Füßen. Ja, unser »Kini« hat schon gewusst, an welchem Platzerl er sein Prunkschloss bauen muss. Für eine Bayerin wie mich ist der Besuch in Neuschwanstein eine Pflichtübung, die alle paar Jahre wieder auf einen zukommt, wenn es den befreundeten Touri in die Gegend verschlägt. Unzählige Male, schon als Kind, habe ich meine Mutter begleitet, wenn sie amerikanischen oder japanischen Geschäftsfreunden meines Vaters die diversen Königsschlösser gezeigt hat. »Das erhöht das positive Betriebsklima«, hat mein Papi immer gesagt und anschließend bessere Abschlüsse gemacht.
Mein Lieblingsschloss ist eigentlich Linderhof, sicherlich wegen der Grotte und des darin schwimmenden Schwanboots. Da ich die geborene Romantikerin bin und auch eine große theatralische Komponente in mir trage, habe ich immer, wenn ich die Augen zugemacht habe, den Ludwig in seinem Schwan zurückgelehnt, Wagner hörend, das Champagnerglas an den Lippen, den schwulen Lakai mit Paddel das Boot sanft stoßend, vor mir gesehen und mir gewünscht, doch in dieser Zeit geboren zu sein. Heute würde ich eher sagen, welch ein Privileg, heutzutage leben zudürfen, mit all den Annehmlichkeiten. Da lässt sich das Unangenehme gleich viel besser ertragen.
    Die Menschenmassen vor den Kassen halten sich in Grenzen. Schlau, wie ich bin, hab ich mich in die Schlange für die Führungen auf Italienisch eingereiht. Nicht nur, dass da weniger Menschen stehen, Bruno ist durchaus nicht der einzige italienische, kulturbeflissene Tourist, sondern die Wartezeit zu dieser Führung ist auf eineinhalb Stunden bemessen, was weit unter jeder anderen liegt. Somit wären wir theoretisch gegen 13.00 Uhr wieder abfahrbereit und perfekt in unserem Zeitplan.
    Das Wetter ist wahrhaft königlich, Bruno holt begeistert Videokamera und

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