Wir haben gar kein Auto...
geht es auch erst einmal, und wir können uns erholen.
»Aaaaaaaaaaaaaaallllllllllllttttttttttttt«, schreit es hinter mir.
Ich haue die Bremse rein, nur um festzustellen, dass Bruno Probleme mit der Kamera am Helm hat. Sie läuft nicht, und der Ton geht eh nicht, und es wackelt so mit der Handkamera.
»Ich muss doch die Landschaft filmen, sonst kann ich auch gleich alles sein lassen«, jammert er. Dann kommt der Knüller: Ich solle ihm endlich mal Zeit für seine Dinge lassen und nicht immer so drängeln, und
überhaupt,
so mache das alles keinen SpaÃ.
Oh Mann, ich glaub, ich spinn, denke ich kurz.
Pazienza,
Jutta, und tief durchatmen. Ich suche mir ein schönes Sonnenplätzchen und antworte mild: »Lass dir ruhig alle Zeit der Welt.«
Was sollâs? Es hilft ja nichts, es ist sein Ãrger, den er mit dem Kamerageraffel hat, ich halte mich da raus, weil ich eh nicht helfen kann. Die Sonne scheint mir aufs Gemüt, und der Blick ins Tal stimmt mich froh.
Nach einer halben Stunde scheint er das Problem im Griff zu haben, und wir fahren weiter, allerdings nur wenige Meter, um erneut mit lautem Fluchen, natürlich auf Italienisch, anzuhalten. Das Ganze wiederholt sich noch zweimal, und dann gibt er stinksauer auf. Seine Laune ist auf dem Nullpunkt angelangt. Ich wiederum bin auf ihn stinkig, weil er uns diesen schönen Tag mit seiner miesen Laune verdirbt, andererseits kann ich ihn ja verstehen, nur zu beruhigen vermag ich ihn nicht. Weder Scherze noch süÃes Gegurre besänftigt meinen dickköpfigen Abruzzeser. Wenn der Bruno sauer ist, dann ist er sauer.
Basta!
Also fahre ich vor ihm her und drehe mich erst mal nicht mehr um.
Nach einer Weile kommen wir ins schöne Reutte, wo der Via-Claudia-Augusta-Brunnen steht, den ich unbedingt sehen möchte, gehört er doch zum kulturellen Teil unserer Reise. Plötzlich, ich fasse es nicht, überholt mich Bruno und sagt irgendwas von »Suche nach Fotogeschäft«. Der Blick auf die Uhr verrät mir, dass er da Pech haben wird, denn es ist halb drei, und um die Uhrzeit ist garantiert alles zu.
»Ein nettes Café beim Brunnen wäre doch âne tolle Sache, und danach sind die Läden bestimmt auch wieder auf«, versuche ich ihn zu locken.
Aber er hört gar nicht, was ich erwidere, sondern düst einfach weiter. Ich lasse ihn sausen, da er sowieso über kurz oder lang nicht weiterwissen wird. Denn die Karte habe ich, er hat seine ja zu Hause vergessen. So sehe ich ihn mit Affentempo in dem Ort verschwinden. Weg ist er, ich bleib an einer Kreuzung stehen und schaue in alle Richtungen. Er bleibt verschwunden! Nun gut, er wird schon wieder auftauchen, ich suche jetzt meinen Brunnen und ein nettes Café und warte, bis er kommt. Falls nicht, werde ich ihn sicher vor dem Fernpass wiederfinden, und bis dahin ist sein Zorn hoffentlich verraucht.
Gerade als ich mich vor den eher unspektakulären Brunnen hinstelle und auch schon ein sonniges Plätzchen in einem Café erspechtet habe, wo ich mich gleich niederzulassen gedenke, steht er neben mir, als wäre nichts geschehen. Kein Wort von wegen sorry oder so was.
»Ich habe jetzt Lust auf einen Espresso«, sagt er nur. »Die Läden sind noch zu. Ah, da drüben ist ein schönes Café, warum gehen wir da nicht hin?«
Ich sag einfach nichts.
Reutte ist zwar ein netter Ort, aber sie sind dort nicht auf Hightech-Kameras spezialisiert, und der nette Herr in dem Laden, in dem man von der Zeitung über Lottoscheine bis zum Kodakfilm alles kaufen kann, dreht Bruno erst mal neue Batterien an. Die legt er nun ein, und oh Wunder, die Kamera läuft. Es wäre jetzt falsch und absolut ungerecht von mir, meinen Schatz als Trottel hinzustellen. Klar hat er das Batterieproblem erkannt, aber vielleicht nicht ernst genug genommen. Tatsache ist, dass er schon zweimal die Batterien ausgewechselt hat, aber diese Kamera ist offenbar extrem hungrig. Die Frage lautet nur: Warum? Egal, momentan ist das Problem nicht zu lösen, und so sind wir froh, dass dieses Ding wenigstens kurzfristig seinen Dienst tut und Bruno ein bisschen von dem Panorama einfangen kann.
Auch nach Reutte bleibt unsere Tagestour enorm anspruchsvoll. Die Landkarte zeigt gemütliches Grün, und man ist versucht zu glauben, damit seien sanfte Hügel gemeint, aber wir befinden uns jenseits der bayrischen Zugspitze und damit an der karstigen österreichischen Seite. Steil
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