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Wir haben gar kein Auto...

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Titel: Wir haben gar kein Auto... Kostenlos Bücher Online Lesen
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Fahrrad, ob es nach heißem Gummi riecht, aber alles ist gut, nichts brennt, nur die Handinnenflächen.
    Ich packe meine schlaue Landkarte aus und suche den Einstieg zur Via Claudia Augusta.
    Diese offeriert uns heute zwei Möglichkeiten: Wir können über die Schweiz einfahren oder über die grausam befahrene Reschenpassstraße. Welche Frage! Wie sind bloß die guten Römer über diesen Berg gekommen? Das würd ich jetzt schon gern wissen. Irgendwie lässt sich die Frage jedoch nicht aus der Karte beantworten. Stattdessen wird wieder ein Huckepackservice von Pfunds nach Nauders angeboten. Nein, das kommt heute absolut nicht in Frage, ich jedenfalls radle gen Italien. Anbieten kann ich es Bruno ja, und er soll für sich selbst entscheiden.
    Wie üblich lautet seine Frage: »Wie schwer sind die Steigungen?«
»Mit den Abfahrten ist es erst mal vorbei«, sage ich. »Wirmüssen froh sein, wenn es zwischen den Anstiegen mal eine Weile flach einhergeht.«
    Er denkt kurz nach und steht dann seinen Biker-Mann.
    In der Tat ist die kommende Strecke bis Pfunds wenig erbaulich. Ständig werden wir von ehrgeizigen Rennradlern überholt, die nicht mal schnaufen, wenn sie an uns vorbeidüsen. Ich frag mich wirklich, was daran so toll sein soll. Noch dazu liegt der Radweg direkt an der Straße, und wir dürfen den Gestank der Auspuffgase einatmen. Hinzu kommt, dass es sakrisch bergauf geht und sich die Sonne nicht entscheiden kann, ob sie jetzt scheinen will oder mit den Wolken Verstecken spielt. Mal schmeiß ich die Windjacke von mir, um sie im nächsten Moment fröstelnd wieder anzuziehen. Die lange Hose ist definitiv zu warm, aber wie soll ich mich hier, direkt neben der Hauptstraße, bis aufs Unterhöschen ausziehen? Das könnte zu Missverständnissen führen, die ich nicht näher beleuchten möchte. Ich sag nur so viel: Fernfahrer!
    Kennen Sie die »Salaria«? Wenn Sie die Autostrada del Sole, also von Mailand nach Neapel fahren und von Norden nach Rom einfahren wollen, kommen Sie automatisch auf die Salaria. Eine scheußliche, enorm von Fernfahrern und Pendlern befahrene Einfallstraße, die durch die Peripherie führt. Rom, wie so viele andere Großstädte dieser Welt, ist absolut hässlich außen herum. Überall stehen Baracken und Wellblechhütten, in denen Tausende von Migranten oder Illegalen leben. Mülldeponien oder solche, die es mal werden wollen, oder einfach nur weggeworfener Müll zieren die Straße. Da stehen sie dann, die Mädels in den kurzen Höschen, und versuchen, wenigstens so viel Geld heimzubringen, dass sie die hungrigen Mäuler ihrer Großfamilien stopfen können. Jung sind sie, viel zu jung für dieses Geschäft, und hoffnungslos, aber es kümmert sich keiner um sie, manlässt sie einfach anschaffen, bis wieder mal ein Mord passiert, das Volk kurz aufschreit und Signor Berlusconi Rambazamba macht.
    Dann führt er einfach ein neues Gesetz ein, nach dem jeder, der keiner geregelten Arbeit nachgeht und Ausländer ist, das Land zu verlassen hat. Wie soll das funktionieren, wo doch schon die Arbeitslosigkeit unter den Italienern so hoch ist? Außerdem braucht das Land illegale oder legale Einwanderer, die die Drecksarbeit machen, für die sich der feine Italiener zu schade ist. Sorry für diesen Exkurs, kehren wir zurück zu meinem Höschen.
    Ja, das ist mir zu warm. Als wir endlich durch ein kleines, malerisches Dörfchen mit dem Namen St. Christina fahren, ist mir eine Blamage wurstpiepegal, und ich ziehe mich am Wegesrand um. Meinem ewig frierenden, aber heißblütigen Italiener – liegt da nicht der Widerspruch auf der Hand? – ist es völlig unverständlich, dass ich schwitze. Wenn, dann höchstens wegen dieser verdammten Strecke, aber doch nicht wegen dem bisschen Sonne.
    Â»Oder liegt’s an deinem Alter?«, feixt er frech.
    Typisch Bruno! Wann immer ich eine Befindlichkeit habe, welche auch immer, sagt er:
»Eeeeeh … è l’età!«
    Mann, bin ich froh, wenn er endlich fünfzig wird und auch seine
menopausa
hat, die
crisi
hat er ja schon lange! Kriegen Männer die nicht schon ab vierzig?
    Längst ist es Mittag, und unsere Mägen möchten etwas essen. Natürlich habe ich auch heute Morgen zwei dicke Pausenbrote für uns geschmiert, aber uns gelüstet es nach einem Süppchen, und so radeln wir, in

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