Wir haben gar kein Auto...
lamentieren, dass Männer einfach nicht fähig sind, sich auf mehrere Dinge gleichzeitig zu konzentrieren, vielmehr kommt jetzt meine schlummernde kriminelle Energie zum Einsatz. Ich erkläre Bruno, dass ich nun mit meinem gezückten Ausweis zu dem Zöllner hinradeln und ihn nach dem Weg nach Martina und Nauders ausquetschen werde. Er solle derweil in gebührendem Abstand einfach an uns vorbeifahren und auf keinen Fall anhalten, ich käme dann gleich darauf nach.
Brunos Einwände nehme ich einfach nicht zur Kenntnis und fahre los. Da bemerke ich einige weitere flinke Biker hinter uns und hoffe, dass auch sie über die Schweiz fahren wollen. Der Zöllner ist freundlich und jung, gibt nett Auskunft, alles radelt an uns vorbei, inklusive Bruno, und unsere Ausweise interessieren ihn überhaupt nicht. Ob es wohl für diese Grenze ein Radlabkommen gibt, bei welchem dem »fahrenden Volk« keine Achtung beigemessen wird? Ich weià es nicht und werde es vermutlich auch nie herausbekommen. Momentan ist mir das auch reichlich egal, Hauptsache, wir müssen nicht über die PassstraÃe fahren.
Als so ruhig und gemütlich stellt sich dieser Weg allerdings nicht heraus. Denn auch auf dieser StraÃe gibt es jede Menge Fernverkehr, und ich bin verzweifelt auf der Suchenach einem erlösenden Via-Schild. Endlich taucht eines versteckt am Wegesrand auf, ich bin glücklich, und wir fahren ab von der StraÃe seitlich auf einen sehr schmalen Waldweg, der sich sacht unterhalb der HauptstraÃe entlangschlängelt. Eine groÃe Gruppe junger Menschen, bepackt mit Kletterausrüstung, versperrt uns den Weg.
Wo die wohl hinwollen?, frage ich mich.
Auch Bruno ist verwirrt, gibt es doch hier in der unmittelbaren Nähe keinen Berg, den man erklimmen könnte. Links von uns sehen wir einen reiÃenden Gebirgsbach, an dem steile Felsen aufragen. Die werden doch da nicht klettern wollen? Unser Waldpfad wird schmäler und schmäler, gleichzeitig auch unwegsamer, aber wildromantisch ist es und einfach groÃartig archaisch. Wir müssen die Räder über Sturzbäche tragen, auf groÃen Steinen zwischen dem Wasser den Weg finden â und ja nicht reinplumpsen, was wehtäte, aber auch sehr nasse Folgen hätte. Ein anderes Mal fahren wir auf einem ausgelatschten Holzbrett über ein wildes Bächlein. Alles wird gefilmt, und ich bin überglücklich, ist es doch jetzt genau so eine Tour, die ich mir immer erträumt habe.
Auch Bruno ist begeistert, und mein Groll von vorhin längst verflogen. Einzig, weit und breit ist kein Via-Zeichen zu erblicken. Auch in meinem Plan lässt sich die genaue Route nicht ausmachen. Aber vorhin war ein Hinweis, also muss es doch stimmen. Umkehren geht sowieso nicht, wir sind schon viel zu weit, und die Richtung stimmt in jedem Fall. Ich spreche uns beiden Mut zu, und es stimmt, wir werden schon sehen.
Da entdeckt Bruno ein Schild, auf dem der Name einer Ortschaft steht, und meint, dort sei er schon mal vor vielen Jahren gewesen. Es wäre doch sicherer, diesen Weg zu nehmen, als hier weiter ins Ungewisse zu fahren. Ich wiederumfinde es schade, den Pfad jetzt zu verlassen, erblicke ich doch soeben ein klares Via-Schild in genau der entgegengesetzten Richtung. Wir wägen ab, was wohl das Gescheiteste wäre. Wie doof, dass es ausgerechnet hier keine Radler weit und breit gibt, die wir hätten fragen können.
Also entschlieÃen wir uns, den Via-Claudia-Augusta-Weg einzuschlagen. Bruno wird später bei jeder Gelegenheit behaupten,
ich
alleine hätte es beschlossen â¦Â Ungemütlich ist er, und mehr schieben wir, als dass wir fahren können. Ãber Stock und Stein geht er, und dann stehen wir plötzlich vor einer phantastischen Ruine, die gerade renoviert wird. Sie befindet sich auf der anderen Seite des Flusses. Eine alte Steinbrücke führt zu ihr hinüber. Wieder entdecke ich das erlösende Zeichen und triumphiere. Wir sind an der alten Pass- und Münzstation Hochfinstermünz angekommen. Sicherlich waren hier auch schon die guten alten Römer handelsmäÃig unterwegs. Wir sind völlig hin und weg, so toll und interessant ist es. Nur schade, dass das Museum und die Ruine momentan geschlossen sind.
»Hier müssen wir unbedingt noch mal herkommen«, sage ich begeistert zu meinem Schatz.
Wieder begegnen wir einer Horde Jugendlicher, die mit ihrem Lehrer scheinbar die gleiche Tour
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