Wir haben gar kein Auto...
Süppchenphantasien schwelgend, nebeneinanderher.
»Jetzt eine richtig kräftigende
minestrone,
das wärâs doch«, schwärmt Bruno.
»Ja«, erwidere ich, »oder eine Leberknödelsuppe, wie siemeine Oma immer gemacht hat, mit frischem Schnittlauch, mmmh«, mache ich einen Gegenvorschlag.
Bruno erzählt mir, wie er sich immer heimlich als Kind den Rest der
minestrone
vom Vortag aufgewärmt hat, weil sie, so durchgezogen, noch viel besser schmeckte. Viele verschiedene Sorten von Bohnen müssten drin sein, dicke weiÃe und kleine rote, auÃerdem Graupen und Linsen und ganz viel kleingeschnittenes Gemüse. Das Ganze in einem Topf mit fertiger Rindfleischbrühe, stundenlang geköchelt, sei der Traum schlechthin.
Ich kann ihm nur beipflichten, wenngleich ich eine leichtere Suppe jetzt bevorzugen würde. »Na ja, du weiÃt schon«, sage ich, »jedes Böhnchen ein Tönchen.«
So eine Leberknödel- oder Leberspatzensuppe ist wirklich was Feines. Man kocht dazu stundenlang Suppenfleisch aus, mit viel Gemüse. Dann seiht man alles ab und gibt den Knödel hinein, der dann ziehen muss. Das Geheimnis jedoch ist der Knödel an sich, und jede Köchin hat da so ihr eigenes Rezept.
Mein Knödel oder auch meine Spatzen bestehen aus durchgedrehter Leber, unter die ich eingeweichte Semmeln mische, dazu feingehackte Petersilie, Majoran sowie ein Hauch Kerbel und ein Lorbeerblatt. Das Ganze wird mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt. Manche geben zum Binden noch ein Eigelb dazu, aber ich finde, das braucht es nicht. Dann entscheide ich mich, ob ich die Masse über eine Spätzchenreibe in die kochende Brühe gebe oder ob ich Knödel forme. Egal, beide Variationen sind für mich zum Niederknien.
Je länger Bruno und ich übers Essen reden, desto hungriger werden wir, und endlich taucht eine Ortschaft auf. Das Stadttor führt mitten durch ein altes Haus, das auf einer Brücke steht, unter welcher der Inn durchrauscht. In Pfunds gibtâs auch ein Wirtshaus, und nun raten Sie mal, mit welchemNamen? Klar doch, der Hirsch hat uns mal wieder eingeholt. Im Hirschen finden wir aber weder
minestrone
noch Leberknödelsuppe, daher essen wir Tomatensuppe und erlauben uns ein kleines Bier.
Der Wirt ist ein gemütlicher Mann, der es gar nicht eilig hat. Erst glauben wir, verdursten zu müssen, und dann zu verhungern. Als er in der Küche verschwindet, packe ich unsere Brote aus, die wir geschwind essen, damit er uns nicht dabei ertappt. Wenig später, wir können gerade noch runterschlucken, kommt er mit einer köstlich duftenden, frisch gemachten Tomatensuppe an. Nach dem ersten Löffel sind wir gänzlich versöhnt, und der eher schweigsame Mann fragt uns, wo wir herkämen und hinwollten. Richtig nett ist das Gespräch, und er gibt uns obendrein Auskunft über die beiden Möglichkeiten, nach Nauders zu gelangen. Allerdings habe ich das Gefühl, er hat die Strecken maximal mit dem Postbus abgefahren und keine Ahnung über deren Schwierigkeitsgrade.
Der Postbus kommt nicht in Frage, also trinken wir noch einen kräftigen Espresso, und dann greifen wir den wahren Reschen an. Bislang war das ja eher ein Zuckerschlecken.
Vier Kilometer dürfen wir noch mal stetig aufwärtsstrampeln, bis wir zu einer Brücke kommen, die Ãsterreich und die Schweiz voneinander trennt. Auf diesen vier Kilometern offeriert mir Bruno, er habe gar nicht gewusst, dass wir in die Schweiz fahren.
»Also ich habe keinen Reisepass dabei und auch keinen Personalausweis.«
»Wie bitte?«, platze ich heraus. »Ja, bist du denn nicht ganz gescheit? Es könnte doch auch etwas passieren, und kein Mensch kann dich dann identifizieren!« Ich fasse es manchmal nicht, wie einem Kleinkind muss man ihm solche Sachen vorher erklären.
Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass er eine solche Reise ohne Ausweis antreten könnte. Er hätte an so vieles denken müssen, vor der Abreise.
»Da konnte ich daran nicht auch noch denken«, erwidert er. »Und so ein Fass brauchst du deswegen nicht aufzumachen, so schlimm ist es nun auch wieder nicht.«
»Nein«, sag ich, »auÃer dass wir jetzt über die blöde HauptverkehrsstraÃe radeln müssen, na dann viel SpaÃ!«
Ich bin stinksauer, und gaaaanz langsam dämmert es auch ihm, welche Konsequenzen seine Vergesslichkeit hat. Ich erspare es mir, lange darüber zu
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