Wir haben gar kein Auto...
machen.
»Geht es denn auf diesem Weg weiter bis zum Reschenpass?«, frage ich hoffnungsvoll denselben.
»Ja, ja, immer weiter da rauf, a bisserl steil ist es, aber dann ischt da die StraÃn, und dann ischt es bequemer«, meint er in entzückendem Tirolerisch.
»Na also, aber du glaubst mir ja nie«, juble ich Bruno entgegen.
Dann begeben wir uns auf einen unglaublich steilen Kiesweg, und bereits nach hundert Metern wird klar, dass wir schieben müssen. Die nächsten zwei Kilometer sind für alleZeiten unvergessen. Ich und sicher auch Bruno gehen an unsere körperliche Grenzen. Wir schieben und schieben einen schier nicht enden wollenden Weg hinauf, verfolgt und überholt von der grölenden Tiroler Meute, die uns mitleidig anschauen, haben sie doch schon Mühe, ihr Eigengewicht den Berg raufzuschleppen. Ich bin total fertig, der Rücken tut mir weh, und ich pfeife aus dem letzten Loch, aber was hilftâs, wir müssen es schaffen, und gleich wird ja alles gut.
Wie gut es wird, sehen wir dann wenig später, als wir an der StraÃe angekommen sind.
Zuerst kann ich es nicht glauben und suche nach der Ausweichmöglichkeit, aber da gibt es keine. Weder auf unserer Landkarte noch auf dem Plan ist ein anderer Weg eingezeichnet. Wir stehen am Rand der ReschenpassstraÃe. Es gibt nur drei Möglichkeiten, und für eine müssen wir uns entscheiden: rauf, runter oder zurück.
Bruno kapiert nicht, was ich damit meine, und fragt mich immer wieder: »Wo verläuft denn jetzt die Via?«
»Nirgends«, antworte ich, »jedenfalls nicht hier oben. Drüben auf der Schweizer Seite sicherlich, aber hier müssen wir durch die Tunnel rechts am StraÃenrand fahren oder schieben.«
Ich weià auch nicht, auf welcher Höhe wir bereits sind, nahe an Nauders, also schon fast oben, oder in der Mitte. Keine Ahnung, wie viele Kilometer steil bergauf wir noch vor uns haben auf dieser stinkigen, kreuzgefährlichen StraÃe. Ich bitte Bruno, mir ehrlich zu sagen, was er tun will. Ich würde gerne runterfahren und dann über die Schweiz zum Reschenpass, aber das sind Minimum noch fünfunddreiÃig Kilometer, und wir haben schon eine ordentliche Tour hinter uns.
»Ich habe die Nase voll und will jetzt auf den Pass hoch«, erwidert er ungehalten. »Sag mir gefälligst, wo der Weg ist.«
Ist das jetzt ein sprachliches Problem, oder hört er schlecht? Ich wiederhole erneut, was ich ihm schon fünfmal gesagt habe.
Er wird immer ungeduldiger. »Nun gib endlich zu, dass du nicht weiÃt, wo wir sind, und dass ich uns falsch geleitet habe.«
Mir ist es völlig wurscht im Moment, wer von uns hier einen Fehler gemacht hat, ich will nur wissen, was ich ihm noch zumuten kann.
»Ich will hochfahren«, sagt er.
Nie, nie wieder werde ich mit dem Fahrrad diese StraÃe auch nur betreten, schwöre ich mir Minuten später. Ich habe richtig Angst. Die Autos rauschen an uns vorbei, so eng, dass ich befürchte, sie streifen uns. Nase und Mund muss ich mir zuhalten, um nicht zu ersticken, dazu geht es die ganze Zeit über bergauf. Ich habe Kreuzweh und bin total erschöpft.
Als es in den ersten Tunnel geht, ist Bruno weit hinter mir. Ich Glucke hab um ihn noch mehr Angst als um mich. Kurz bleibe ich stehen, aber es ist dunkel und scheiÃgefährlich hier drin, also setze ich mich wieder auf den Sattel und trete in die Pedale, was das Zeug hält, bis ich endlich drauÃen bin. Heulen könnte ich. Verfluchen, dass es überhaupt Autos gibt. Jedenfalls im Moment.
Flotte Rennradler überholen uns, ich schreie ihnen hinterher, wie viele Kilometer es noch bis Nauders seien. Sie hören mich nicht oder wollen nicht aus dem Schwung kommen, ich kann sie ja verstehen. Dann kommt der zweite Tunnel, ich krieg die Krise. Bruno, der jetzt dichter hinter mir ist, japst genauso wie ich.
»Wie weit ist es noch?«, fragt er.
»Gute Frage«, brülle ich, »keine Ahnung.«
Er will anfangen zu diskutieren, ich denke nur, das ist der absolut falsche Platz, um zu streiten, also zische ich wiederlos. Rein in den Stinktunnel und durch das Ding durch, so schnell es geht.
Danach steht für mich fest, ich dreh um, das kann ich nicht weiter verantworten. SchlieÃlich bin ich nicht lebensmüde.
Bruno kommt an, stellt sich zu mir auf den Seitenstreifen, wo es vier Quadratmeter Parkbucht gibt. Wahrscheinlich für Leute, die mal so ganz
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