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Wir haben keine Angst

Wir haben keine Angst

Titel: Wir haben keine Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauer Nina
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hatte die für den Sommer geplante Tour mit ihm und seinen Jungs wegen ihres ersten Jobs absagen müssen. Sie hatte jetzt einfach keine Zeit für studentische Sommerferien mehr.
    »Ganz viel Spaß euch!«, hatte sie spätabends vom Schreibtisch ans Lagerfeuer vor dem VW -Bus am Atlantik geschrieben. Es war die Zeit, in der sie fünfzehn Stunden arbeitete. Der Einzige, der das nicht krank fand, war der Chef der Partner-Agentur. Er verstand ihren Ehrgeiz. Ihre Aufopferung für das nächste Projekt. Ihre Begeisterung.
    Bevor er Anna nach dem immer regelmäßigeren gemeinsamen Weintrinken ins Taxi nach Hause setzte, strich er ihr zum Abschied über die Wange. Voller Bewunderung sagte er ihr, dass Menschen wie sie in der Branche wirklich sehr selten seien.
    Und wenn sie ihm noch aus dem Taxi ihre Ideen für die neue Kampagne schickte, antwortete er schon in derselben Minute. »Meine Güte«, schrieb er, »jetzt sehe ich, was ich ahnte: Nicht nur dein Äußeres, Anna, ist wunder-, wunderschön.«
    Zu Hause lächelte Anna in ihren Sternenhimmel. Sie fühlte sich erkannt.
    Als Felix nach drei Wochen Urlaub braungebrannt wiederkam, Anna extrakrosses Landbaguette und eine Baskenmütze mitbrachte und sie stürmisch küsste, schien er ihr fremd. Die Mütze fand sie albern. »Steht mir ganz gut, oder?«, sagte sie höflich. Felix nickte begeistert und berichtete ausgiebig vom Surfen. Anna erzählte nur das Nötigste von ihrem Projekt. »Komm, entspann dich«, überredete er sie, als sie nach dem ersten Glas Rotwein sagte, sie wäre müde und müsse morgen wieder an der Präsentation arbeiten.
    Am nächsten Tag im Büro hatte Anna Kopfschmerzen. Aber es fühlte sich immerhin wieder alles ein bisschen richtiger an. Felix verhindert eben, dass ich eine Maschine werde, die nur noch an die nächste Herausforderung denkt, sagte sie sich.
    Als sie sich auf dem Betriebsfest vom Agenturchef küssen ließ, berührte sie das deshalb nicht wirklich. Es schmeichelte ihr, es war aufregend. Aber ihr Zuhause war Felix. Und ein Zuhause war nichts, das man einfach so wieder wegschmeißt, wenn man es einmal gefunden hat. Doch die Energie, die sie bereit war, für ihre Beziehung aufzubringen, sank nach dem Sommer trotzdem rasant. Bei ihr hatte sich das Gefühl eingeschlichen, dass alles farbloser war als vorher. Durchschnittlich. Irgendwie zu normal. Und damit für Anna zu nichtig, zu alltäglich. Zu stetig, zu dahinplätschernd. Zu nett.
    Wenn sie ehrlich war, war es ihr mittlerweile sogar zu anstrengend, spät nach der Arbeit noch in Felix’ WG zu fahren. Und auch die Geschichten, die er ihr erzählte, interessierten sie, wenn sie ehrlich war, nicht mehr wirklich. Weder die Storys über die Punkrockband, in der Felix’ Mitbewohner spielte, noch die Probleme mit dem Putzplan. Anna dachte, es wäre der Stress, der sie so desinteressiert werden ließ. Und fuhr deshalb trotzdem jedes Mal wieder hin.
    Vielleicht sollte ich einfach mit Felix zusammenziehen, dachte sie kurz, als sie wieder einmal unten vor seiner Haustür stand und auf das Summen des Türöffners wartete, nachdem die Mitbewohner »Komm hoch, Baby« durch die Sprechanlage gerufen hatten. Anna hatte auf das Klingelschild geschaut. Dort standen, schräg durcheinander, übereinandergekritzelt, sechs Namen. Wenn sie zusammenzögen, dachte Anna, dann würden an der Tür nur noch zwei Namen stehen. Und später, ganz vielleicht, nur noch einer. Vielleicht würde es sich, wenn sie sich auf diese Weise mit Felix weiterwagte, dann auch wieder mehr als nett, mehr als normal anfühlen.
    Hätte Felix sie gefragt, ob sie diese nächsten Schritte schon jetzt langsam einmal riskieren sollten, vermutlich hätte sie ja gesagt. Doch er fragte nicht. Und von selbst hätte sie es nie im Leben angesprochen. Dafür hatte Anna zu viel Angst. Dafür war sie sich nicht sicher genug. Und überhaupt: Wenn, dann müsste das der Mann vorschlagen, fand sie.
    »Komm rein, Schnecke«, hatte Felix’ Mitbewohner oben an der Wohnungstür gesagt, sein Atem roch nach Bier. »Wir haben grad noch WG -Treffen, aber du kannst dich dazusetzen.«
    Nahezu unmerklich war das Leck ein Stück größer geworden.
     
    »Wenn du daran denkst, dass er mit jemand anderem zusammen sein könnte, tut dir das dann weh?«, fragte Marie Anna am Telefon, nachdem Anna ihr am Sonntagnachmittag wieder einmal all die Zweifel an ihrer Beziehung zu Felix darlegte, die sie selber so wenig benennen konnte. »Mir hilft bei solchen Entscheidungen

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