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Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

Wir haben Sie irgendwie größer erwartet

Titel: Wir haben Sie irgendwie größer erwartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Bekannten oder Verwandten zu treffen. Außerdem hatte er ungeheuren Hunger. Alles Eßbare, das in seiner Wohnung herumgelegen hatte (einiges davon bereits beträchtlich lange), war längst von ihm vertilgt worden. Er hatte kein Geld mehr und sah nur geringe Chancen, wieder an Geld zu gelangen. Selbst wenn sein Arbeitsplatz noch existierte (und nach zwei Wochen unentschuldigten Fehlens schien das recht unwahrscheinlich), war ihm doch klar, daß er zum Wohle der Menschheit niemals wieder an ihn zurückkehren könnte. Man kann nicht als Büroangestellter bei einem Provinzauktionator arbeiten, ohne auf schlechte Gedanken zu kommen, von denen, angesichts seiner gegenwärtigen Lage, jeder einzelne eine komplette Großstadt vernichten konnte. Gegen die sich aufdrängende Alternative – Diebstahl mit Hilfe des Tarnhelms – erhob sich derselbe Einwand. Sollte er wirklich anfangen zu stehlen – wer könnte dann sagen, welche Konsequenzen ein solch unrechtmäßiges Verhalten möglicherweise haben würde?
    Er betrachtete das Problem von allen Seiten und verwandelte sich sogar in Aristoteles, weil er hoffte, auf diese Weise seinem Denkvermögen auf die Sprünge zu helfen. Während der vergangenen zwei Wochen war die Metamorphose praktisch seine einzige Tätigkeit gewesen und hatte ihn wenigsten einigermaßen unterhalten können. Schließlich hatte er schon immer wissen wollen, wie die verschiedenen Figuren der Geschichte und Literatur wirklich ausgesehen hatten, insbesondere die von Dichtern und Schriftstellern beschriebenen Mädchen. Er war sogar so weit gegangen, die Gestalten seiner mutmaßlichen Häscher anzunehmen – also Wotans, Alberichs und Loges –, um sie nötigenfalls sofort erkennen zu können, allerdings hatte er sich dabei fast zu Tode erschrocken.
    Aristoteles’ Äußeres schien Malcolm tatsächlich zu inspirieren, und er überlegte sich verschiedene Möglichkeiten, wie er das Gold in Geld verwandeln konnte, ohne sich selbst innerlich zu sehr engagieren zu müssen. Nachdem er die Idee verworfen hatte, eine Kleinanzeige in die Quantock Gazette zu setzen, fiel ihm ein wirklich akzeptabler Gedanke ein. Ausgerüstet mit einem großen Koffer, befahl er dem Tarnhelm, ihn in einen Tresorraum der Bank von England zu bringen, in dem möglichst viele gebrauchte Geldscheine aufbewahrt wurden. Nach seiner Ankunft füllte er den Koffer zunächst mit Zehn- und Zwanzigpfundscheinen und ließ dann so viel Gold materialisieren, bis es ungefähr dem Gegenwert des Geldes entsprach. Als er endlich damit fertig war, hatte er sich die Stirn fast wund gerieben, und fast der gesamte Tresorboden war nun mit erlesenen Kostbarkeiten bedeckt. Nachdem er sich samt Koffer entfernt hatte, versuchte er dasselbe in den entsprechenden Banken Frankreichs, Australiens, der USA und anderer führender Industrienationen (weil er es unfair gefunden hätte, wenn nur ein oder zwei Länder plötzlich von der Goldwährung abhängig geworden wären). Mit dem immensen Vermögen, das er sich auf diese Weise erworben hatte, eröffnete er eine Unmenge Bankkonten, natürlich allesamt unter verschiedenen Namen, was eine grauenerregende Angelegenheit voll von unvorhersehbaren Komplikationen war. Außerdem kaufte er sich das Haus, das er sich schon immer gewünscht hatte, ein großes und äußerst attraktives Herrenhaus in der Nähe von Taunton, das zufällig gerade zum Verkauf stand.
    Wie er es vorausgeahnt hatte, wurde von keinem der betroffenen Geldinstitute, mit denen er diese Goldtransaktionen vorgenommen hatte, das plötzliche Verschwinden riesiger Geldsummen oder das genauso unerwartete Auftauchen ungeheurer Goldmengen erwähnt. Etwa einen Tag lang schwankte der Goldpreis wie verrückt, dann stieg er erheblich höher als je zuvor. Neugierig erstattete Malcolm seinen bevorzugten Banken einen erneuten Besuch ab, natürlich unsichtbar und diesmal gleich mit zwei Koffern in den Händen. Sämtliches Gold war verschwunden, und es lag wieder eine Menge Banknoten bereit, zur Erleichterung des Transports ordentlich verpackt und gestapelt. In der Nationalbank von Australien war sogar an einem Regal ein Stück Karton angeheftet worden, auf dem stand: ›Sie sind uns jederzeit herzlich willkommen.‹
    Da er mittlerweile im Westen wie im Osten ein Multimillionär war, richtete Malcolm seine Aufmerksamkeit auf die Renovierung des neuen Hauses. Sehr wahrscheinlich würde er darin sehr viel Zeit verbringen müssen, und zwar allein, und da Geld keine Thema war, beschloß

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