»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«
– SIEEEE !«
Der Mitarbeiter am Flugsteig nahm mich unverzüglich von der Stand-by-Liste. Es mussten drei Manager herbeigerufen werden, um das Ärgernis am Gate zu beseitigen – mich! Zumindest behandelte mich das zuständige Personal so. Tony wollte meinen Kopf und sorgte dafür, dass jeder einzelne Passagier im Terminal das auch mitbekam. Hätte er sich irgendwann wieder eingekriegt, hätte ich höchstwahrscheinlich richtig Ärger bekommen. Aber Tony war außer sich und konnte sich nicht mehr beruhigen. Selbst die drei Manager schienen über die Heftigkeit seines Ausbruchs schockiert zu sein. Um dem Ganzen ein Ende zu bereiten, beteuerte einer von ihnen, man würde sich schon um mich kümmern, und schickte ihn an Bord. Meine Strafe bestand darin, dass ich über Newark nach New York fliegen musste, da die letzten beiden Maschinen nach LaGuardia und JFK ohne mich gestartet waren. Ein Flug nach Newark ist, wie schon erwähnt, für jeden Flugbegleiter mit Wohnsitz in Queens eine echte Tortur, da die Heimfahrt schrecklich umständlich ist und ein halbes Vermögen kostet. Man könnte also sagen, dass Tony zumindest einen kleinen Sieg davongetragen hat.
Andererseits bin ich letzten Endes vielleicht doch als Gewinnerin aus dieser Sache rausgegangen. Denn die Lektion, die ich lernte, war weitaus kostbarer als die zweieinhalb Stunden Heimfahrt und die sechzig Mäuse, die dafür draufgingen: Problempassagiere sind und bleiben Problempassagiere. Und daran wird sich auch nichts ändern. Wir dürfen ihre miese Laune nicht persönlich nehmen, und zum Glück kommt auf jeden Kotzbrocken eine ganze Maschine voll netter Leute.
Als ich eine Woche später mit einer ähnlichen Situation konfrontiert war, beschloss ich, meine neugewonnenen Erkenntnisse in die Tat umzusetzen. Meine letzte Teilstrecke an diesem Tag lag hinter mir, und ich sollte erster Klasse von Miami nach New York zurückfliegen. Kaum hatte ich mich auf meinen Platz gesetzt, kam die Flugsteigmitarbeiterin an Bord und meinte, ein First-Class-Passagier habe in letzter Sekunde eingecheckt, deshalb müsse sie mich leider in die Holzklasse verfrachten. Sie wies mir einen Gangplatz vorm Notausgang zu. Ich nahm meine Sachen und ging ein paar Reihen weiter nach hinten.
»Ich will aber hier sitzen! Wieso darf sie hier sitzen? Sie ist doch nur eine Angestellte«, hörte ich eine Stimme ein paar Reihen hinter mir.
»Tut mir wahnsinnig leid«, sagte eine Kollegin an Bord und beugte sich zu mir herunter. »Ein Passagier regt sich fürchterlich auf, weil du hier sitzt. Würde es dir etwas ausmachen, die Plätze zu tauschen?«
Ich hatte keinerlei Probleme damit, denn nach meiner zehnstündigen Schicht war ich einfach nur müde. Der Mann meckerte aber weiter, wieso die Airline ihr Personal besser behandele als ihre Passagiere. Als ich mich vorbeugte, um ein zweites Mal meine Sachen einzusammeln, entfuhr mir möglicherweise ein leises »Was für ein Idiot«.
»Was haben Sie da gerade gesagt?«, schnauzte der Typ da die Flugbegleiterin an. »Haben Sie mich gerade einen Idioten genannt?« O Gott. Ich hielt den Kopf gesenkt und tat so, als wäre ich beschäftigt.
Ich weiß nicht, wie es kam, dass er meine Bemerkung gehört hatte und nun davon ausging, meine Kollegin habe ihn beschimpft. Jedenfalls tauchte ich auf meinem Sitz ab und verhielt mich mucksmäuschenstill, während meine Kollegin alles daransetzte, ihn zu beruhigen. Als das keine Wirkung zeigte, ging sie ins Cockpit und kehrte mit dem Kapitän zurück, der ihn ebenfalls zu beschwichtigen versuchte. Doch in diesem Moment bezeichnete der Passagier den Kapitän als »dämlichen Schwachkopf«. Eine Pilotenbeleidigung ist ein Garant dafür, ohne Umschweife aus dem Flugzeug geworfen zu werden. Was auch passierte. Fünf Tage später saß genau dieser Typ auf dem Rückflug von Chicago in der Reihe hinter mir, kein Witz. Ich blieb ganz brav auf meinem Platz sitzen, mied jeden Blickkontakt und verkniff mir die Frage, ob er schon einen Brief an die Airline geschrieben habe. Ich wollte nicht noch einmal über Newark nach Hause fliegen müssen. Wie gesagt – ich hatte meine Lektion gelernt: lieber einmal mehr den Mund halten und dafür Turbulenzen meiden.
Inlandsflüge? Wie öde ...
Bin bis morgen Abend in
Seattle, aber dann feiern wir!
Alles Gute zum Geburtstag!
Kuss, Jane
PS: Genieß deinen freien Tag
mit Yakov!!! ☺
PPS: Ich bin gemein, ich weiß.
Tut mir leid.
Der gelbe Zettel klebte am Badezimmerspiegel. Es war zwölf
Weitere Kostenlose Bücher