»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«
fürchterlich, in einen schmutzigen Essenswagen hineinzukriechen, um irgendetwas Essbares – und sei es nur ein halber Cashewkern – zu finden, nachdem der Kapitän angekündigt hat, dass es wegen schlechter Witterungsverhältnisse einen zweieinhalbstündigen Start- und Landungsstopp geben wird. (Und das, nachdem man bereits fünfeinhalb Stunden kreuz und quer durch die Gegend geflogen ist.) Ganz und gar wunderbar ist es hingegen, wenn man einen riesigen Berg voll übriggebliebener Sandwiches bunkern kann, nur für den Fall, dass man später vielleicht Hunger bekommt. Wir Flugbegleiter sind im Grunde Überlebenskünstler. Die Erfahrung hat uns gelehrt, stets auf Unvorhergesehenes vorbereitet zu sein. Und wie Waschbären haben wir uns auf Beutezüge spezialisiert, um unser Überleben zu sichern.
»Hey, Jungs, seht mal, was ich für uns ergattert habe«, rief ich und baute mich mit gefühlten zweihundert Gourmetsandwiches in den Armen in der Cockpittür auf.
Es entstand eine lange Pause. »Wieso das denn?«, fragte der attraktivere der beiden Piloten schließlich.
Wieso? Machte der Typ Witze? Ich sah ihn verblüfft an. »Falls wir während des Layovers Hunger kriegen sollten«, antwortete ich. Ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, weshalb die beiden nicht etwas mehr Begeisterung an den Tag legten! Die meisten Piloten, die ich bis zu diesem Zeitpunkt kennengelernt hatte, waren genauso gierig auf übriggebliebene Bordmahlzeiten wie wir Flugbegleiterinnen, wenn nicht sogar noch gieriger.
Das Problem mit diesen beiden undankbaren Piloten war, dass sie Angestellte des Multimilliardärs Mark Cuban waren, dem auch eine ganze Basketballmannschaft, die Dallas Mavericks, gehört. Wir waren an Bord von Marks Privatmaschine, einem vierzehnsitzigen Gulfstream Jet 5. Nur zur Information: Oprah besaß damals eine Gulfstream 4. Mit dem Kauf des Privatjets im Internet schaffte Mark es sogar ins Guinnessbuch der Rekorde für den teuersten Online-Einkauf aller Zeiten. Und da stand ich nun, an Bord einer Privatmaschine für schlappe 41 Millionen Dollar, mit einer Wagenladung Sandwiches auf dem Arm. Noch dazu in Privatkleidung, bestehend aus einer schwarzen Hose und einer roten Seidenbluse.
Der etwas nettere Co-Pilot, ein fünffacher Vater mit der Neigung, allen Leuten einen »gesegneten Tag« zu wünschen, sagte: »Aber du weißt schon, dass du eine Verpflegungspauschale kriegst, oder?«
Eine Verpflegungspauschale? Was hatte das damit zu tun? Bei meiner Fluggesellschaft belief sich diese Pauschale auf 1,50 Dollar pro geleistete Arbeitsstunde, also bei weitem nicht genug, um am Flughafen etwas Essbares zu bekommen. Ganz zu schweigen davon, mir etwas aufs Hotelzimmer zu bestellen oder nach Abzug der Kosten für mehrere Paar blickdichte Seidenstrümpfe von Donna Karan die Miete bezahlen zu können. Okay, ich sehe ja ein, dass Designer-Strumpfhosen für jemanden mit beschränkten Mitteln eine ziemliche Investition darstellen, aber diese Strümpfe waren die einzigen, die keine Laufmaschen bekamen, wenn ich an einem Passagiersitz entlangstreifte. Insofern sparte ich damit bares Geld. Zumindest redete ich mir das ein.
»Und zwar 75 Dollar am Tag«, fuhr er fort und riss mich damit ins Hier und Jetzt zurück.
»Wie … Moment! O mein Gott – äh, Entschuldigung – sag das noch mal!« Ich musste sichergehen, dass ich mich nicht verhört hatte.
In diesem Augenblick riss die Wolkendecke auf, die Sonnenstrahlen erleuchteten seinen kahlen Schädel, und ich hätte schwören können, im Hintergrund Engel singen zu hören. Ich ließ die zweihundert Sandwiches fallen. Heiliges Kanonenrohr, das nannte ich mal einen gesegneten Tag!
Für das, was ich bei Mark Cuban an zwei Arbeitstagen kassierte, hätte ich unter anderen Umständen zwei Wochen lang schuften müssen. Ich wäre nicht im Traum darauf gekommen, mir einen Layover zu wünschen, der länger als sechsunddreißig Stunden dauerte. Nun hatte ich zwischen zwei recht entspannten Arbeitstagen drei ganze Tage frei. Bei einem Tagessatz von 75 Dollar würde ein Verdienst herausspringen, für den ich ganze Berge verfuttern konnte. Was ich auch tun würde. Ich musste nur meine Quittungen aufbewahren, mehr nicht.
An diesem Abend verabredete ich mich mit den beiden Piloten zum Abendessen im Hotelrestaurant, das sich als Zweigstelle von Benihana, dem berühmten japanischen Restaurant, entpuppte. Das wurde ja immer besser! Ich ließ es richtig krachen und bestellte mir das gebratene
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