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»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«

»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«

Titel: »Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Poole
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schlafen – wahrscheinlich zähle ich nur mit geschlossenen Augen, wie oft die Toilettenspülung betätigt wird. Das erklärt auch die dunklen Ringe unter meinen Augen und die leicht zeitverzögerte Reaktion, wenn jemand nach meinem Nickerchen etwas von mir haben will:
    Sie: Könnte ich bitte noch etwas zu trinken bekommen?
    Ich (blinzel, blinzel, schluck): Äh. Klar.
    Sie (flüstern Ihrem Sitznachbarn zu): Was für eine blöde Kuh!
    Aber ich bin keine blöde Kuh, glauben Sie mir! Ich bin nur hundemüde.
    Außerdem können Auslands-Flüge ziemlich teuer werden. Mag ja sein, dass Flugbegleiter einen höheren Stundenlohn haben als andere, andererseits ist es schlicht unmöglich, dieses zusätzliche Geld nicht auszugeben, wenn man sich für längere Zeit am anderen Ende der Welt aufhält und dort alles sehr viel mehr kostet. Für eine Senior-Flugbegleiterin, die jeden Monat tüchtig abkassiert, mag das keine große Rolle spielen, für alle anderen hingegen schon. Einmal lud mich die Besatzung nach einem Flug nach Lima ein, mit ihnen essen zu gehen – nicht ohne mich vorher wissen zu lassen, dass sie es bei ihren Layovers in Peru immer anständig krachen ließen und in ein Restaurant gehen würden, wo allein ein Cheviche als Vorspeise stolze 60 Dollar kostete. Wenn ich nicht dazu bereit sei (sprich, es mir nicht leisten konnte), solle ich lieber gar nicht erst mitkommen. Tja, ich tat es trotzdem. Und ich bereue es nicht, weil sich das Cheviche als eines der köstlichsten entpuppte, das ich je gegessen habe. Allerdings konnte ich mir danach keinen Hauptgang mehr leisten, so dass mir nichts anderes übrigblieb, als mir später in einer billigen Bodega noch ein Brathähnchen mitzunehmen. In Paris trinken die Crews gern einheimischen Wein. Und zwar den von der teuren Sorte. Bevor ich mich nach einem Paris-Flug mit meinen Kollegen in der Hotellobby traf, ging ich noch schnell zum Geldautomaten, um ein wenig Bargeld in der Tasche zu haben. 50 Dollar sollten eigentlich reichen, dachte ich. Ich bekam beinahe einen Herzinfarkt, als ich feststellte, dass ich versehentlich meine gesamten Ersparnisse abgehoben hatte! Ein Tipp: Man sollte immer den aktuellen Wechselkurs kennen, bevor man seine PIN eingibt und ENTER drückt. 1000 Dollar sind sicher kein Vermögen, aber sie waren alles, was ich hatte, und nun trug ich dieses Alles bar in meiner Handtasche spazieren! Bei Nacht! In einer fremden Stadt! Nach ein paar Gläsern Wein war ich schon viel ruhiger – der gute Tropfen hatte mir eine hervorragende Methode gezeigt, wie ich das Vermögen in meiner Handtasche auf ein vernünftiges Maß schrumpfen lassen konnte! Am Ende des Abends stand fest, dass ich mich gleich auf den nächsten Überseeflug würde einteilen lassen müssen, um die kommende Miete bezahlen zu können. Manchmal ist ein langweiliger Layover im eigenen Land doch eine ziemlich gute Alternative!
    Gerade als ich mich mit meinem Nutella und dem altbackenen Croissant zu einem Selbstmitleids-Geburtstagsfrühstück an den Küchentisch setzte, kam Yakov herein und verkündete, er werde heiraten. Allerdings müsse er zuerst nach Russland fliegen und sich eine passende Frau suchen. Welche Auswirkungen würde das wohl auf unsere Wohnsituation haben? Ich brauchte nicht lange zu grübeln, denn Yakov gab uns genau fünf Tage, um unsere Sachen zu packen und zu verschwinden. Und bereits drei Tage später zog eine Familie aus Russland bei uns ein.
    In dieser Woche wurde ich bei dreizehn Maklern vorstellig, ehe ich einen fand, der sich einer Flugbegleiterin annehmen wollte. Alle fürchten, dass wir in ein Apartment ziehen und es dann an hundertfünfzig Kollegen untervermieten. Was ja auch stimmt. Deshalb interessierte es auch keinen Makler, dass ich 3000 Dollar in der Tasche hatte, die ich für die erste halbwegs anständige Bleibe hinzublättern bereit war. Erst als ich erklärte, dass ich mir das Apartment nicht mit einer x-beliebigen Flugbegleiterin, sondern mit meiner Mutter und Kollegin teilen würde, kam Bewegung in die Sache. »Sie ist mit meinem Vater verheiratet, der sehr gut verdient«, beteuerte ich. Das schien ihn zu überzeugen, denn er erbot sich, mir eine Wohnung in Forest Hills mit einem »süßen kleinen Balkon« zu zeigen. In Texas nennen wir so etwas Feuertreppe, aber egal. Nicht egal war jedoch, dass ich ab sofort zahlreiche Überstunden oder Langstreckenflüge absolvieren müsste – ansonst könnte ich es mir nie und nimmer leisten!

Kündigen? Niemals!
    Es ist

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