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»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«

»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«

Titel: »Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Poole
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bestätigen, ansonsten wird er als »versäumt« verbucht. Alles, was über einen einzigen verpassten Flug hinausgeht, kann üble Folgen haben: In der Probezeit droht sogar die Kündigung. Nach der Zuteilung eines Flugs bleiben höchstens zwei Stunden für die Fahrt zum Flughafen und die Anmeldung im System. Diese Meldung muss mindestens eine Stunde vor Abflug erfolgen, falls nicht, übernimmt einer der Kollegen im Stand-by, die an jedem Flughafen bereitstehen. Im Stand-by sitzt man stundenlang herum und wartet darauf, dass eine Flugbegleiterin nicht rechtzeitig eintrifft. Das mag im ersten Moment ganz nett klingen, aber in Wahrheit ist es die reinste Quälerei, besonders dann, wenn man fünf Stunden lang herumgesessen hat und genau zehn Minuten vor Schichtende auf einem fünfstündigen Flug einspringen muss. Und da Flugbegleiter auf Stand-by nie wissen, ob sie überhaupt und wenn ja wann sie wohin fliegen, gestaltet sich das Packen ziemlich schwierig. Überhaupt werden sie nur im absoluten Notfall eingesetzt, beispielsweise um eine Maschine mit der erforderlichen Mindestanzahl an Flugbegleitern zu besetzen. Auf jedem Flug müssen nämlich ein bestimmtes Passagier-Flugbegleiter-Verhältnis gewährleistet sowie ausreichend Mitarbeiter an Bord sein, um alle Notausgänge bei einer möglichen Evakuierung zu öffnen.
    Unser Reservedienst ist dem Bereitschaftsdienst eines Arztes nicht unähnlich – man muss jederzeit damit rechnen, zum Einsatz gerufen zu werden. Partys und Alkohol sind also absolut tabu. Außerdem müssen wir uns innerhalb eines bestimmten Radius von unserer Basis (in Georgias und meinem Fall gleich drei) aufhalten, um innerhalb weniger Minuten abfahrbereit zu sein. Aus diesem Grund trauen sich manche Flugbegleiter, solange sie auf Reserve sind, noch nicht einmal in den Waschsalon. Schließlich will keiner während des Schleudergangs weggerufen werden oder, noch unangenehmer, aus der Dusche gezerrt werden. (Keine Sorge – wir duschen trotzdem, nur beeilen wir uns eben.) Es kann durchaus vorkommen, dass man sich eine Pizza bestellt und bereits auf dem Weg zum Flughafen ist, um nach London zu fliegen, noch bevor die Pizza geliefert wurde. Es gibt keine Warnung, keine Zeitpolster und keine Ausreden.
    Jeden Tag um eine bestimmte Uhrzeit muss die Flugbegleiterin auf Abruf bei ihrem Arbeitgeber anrufen, um ihren Einsatzplan für den nächsten Tag zu erfragen. Wenn sie nicht eingeteilt wurde, bekommt sie eine Nummer zugeteilt. Diese richtet sich nach der Anzahl der in diesem Monat bereits geflogenen Stunden. Wer die wenigsten Stunden hat, bekommt die niedrigste Nummer und wird aller Wahrscheinlichkeit nach am nächsten Tag eingesetzt. Klingt einfach, oder? Ist es aber nicht. Denn diejenige mit der niedrigsten Nummer ist möglicherweise gar nicht »dienstberechtigt«. Deshalb ist man während des Reservediensts in ständiger Habtachtstellung. Eine hohe Wartenummer mag für diejenige, die sich auf einen ausgedehnten Schönheitsschlaf freut, zwar erst mal erfreulich klingen, bedeutet aber noch lange nicht, dass sie sich entspannt zurücklehnen kann. Es ist wie russisches Roulette. Man weiß nie, wann es einen trifft.
    Bevor man überhaupt seinen Dienst antritt, muss man offiziell zugelassen werden. Unsere Dienstberechtigung hängt von zahlreichen Faktoren ab. Die wichtigsten sind die bereits geleisteten Arbeitsstunden und -tage sowie der Maschinentyp. Eine Flugbegleiterin kann zwischen vierzehn und sechzehn Stunden am Stück arbeiten, je nach Airline und je nachdem, ob es sich um einen Inlands- oder einen internationalen Flug handelt. Zwischen dem Ende eines Flugs und dem Beginn des Nächsten müssen mindestens elf, bei Flugbegleitern mit Bereitschaftsdienst sogar zwölf Stunden liegen. Die Mindeststundenzahl im Layover-Hotel beträgt acht Stunden netto (also auf dem Zimmer), außerdem darf der Bereitschaftsdienst nicht länger als sechs Tage am Stück dauern. Wenn wir nicht einsatzfähig sind – sprich, eine dieser Zahlen über- oder unterschreiten –, wird der nächste auf der Liste angerufen. Passiert so etwas an einem Flughafen, an dem niemand stationiert ist, verzögert sich entweder der Flug oder aber er wird, wenn die Vorschriften der Luftfahrtbehörde nicht eingehalten werden können, komplett gestrichen.
    Genau diese rechtlichen Beschränkungen wirken sich ganz massiv auf die Flugbegleiter mit Bereitschaftsdienst aus, da sie bestimmen, wer am nächsten Tag zum Dienst gerufen wird. Ein Beispiel: Sagen

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