»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«
Mechaniker an, wie seine Verwirrung einem Ausdruck aufrichtiger Angst wich.
»Nein, nein, wir sind Flugbegleiterinnen«, erklärte ich schnell, und wir beide brachen in schallendes Gelächter aus.
Tricia, die den Mann mit dem Kabel über der Schulter mitten in unserem Wohnzimmer weiterhin nicht zu registrieren schien, ging an mir vorbei in die Küche und rief: »Lass mich mir erst einen Kaffee einschenken, dann muss ich dir unbedingt von dem Typ mit dem Riesending zwischen den Beinen von gestern Abend erzählen!«
Ich schluckte, sah den Kabelmann an und lächelte unschuldig. »Sie redet von Koffern.«
Zumindest hoffte ich das, denn wenn jemand in diesem Haus das Bedürfnis hatte, pausenlos über Sex zu reden, dann war es Tricia. Tricia wechselte ihre Männer wie andere Flugbegleiterinnen die Flugrouten. Manche gabelte sie in Bars in Manhattan auf, andere lernte sie an Bord oder durch Kolleginnen kennen, deren Freunde sie mit wiederum ihrem besten Freund verkuppeln wollten. Tricia war der personifizierte Traum all jener Männer, die sich schon immer eine Flugbegleiterin als Freundin gewünscht hatten. Sie ließ sich nicht zweimal bitten, in der Bordtoilette ihre Uniform auszuziehen und in nichts als einem sexy Dessous und einem übergeworfenem Uniform-Trenchcoat darüber wieder herauszukommen. Dann tänzelte sie seelenruhig durchs Terminal und grüßte freundlich jeden, der an ihr vorbeiging, ehe sie hinaustrat, in einen schicken Sportwagen stieg und mit dem attraktiven Typen hinterm Steuer in die Dämmerung davonbrauste. Aber nichts liebte sie mehr, als uns von ihren heißen und leidenschaftlichen Affären zu erzählen. »Ihr glaubt ja nicht, was ich dieses Wochenende gemacht habe«, begannen ihre Schilderungen meistens. Wir aber glaubten ihr jedes Wort. Ihr Leben war völlig verrückt. Und es lief nicht immer so, wie es ihr lieb gewesen wäre.
»O mein Gott, ich sag’s euch!« – wann immer sie mit diesem Satz anfing, verdrehte Jane nur die Augen, schnaubte und verzog sich in ihr Zimmer. Tricias Geschichten waren stets detailliert und überaus spannend. Anfangs gab es nichts Schöneres für mich, als ihnen zu lauschen. Beispielsweise wurde sie eines Tages in einen Unfall verwickelt und kam mitten auf der Straße wieder zu sich, nur um festzustellen, dass ihr jemand die Schuhe geklaut hatte. Von den Füßen weg! »Noch dazu ein sündhaft teures Paar!«, rief sie tränenüberströmt, ohne mit einer Silbe zu erwähnen, was aus dem Typen geworden war, der neben ihr im Wagen gesessen hatte. Ein anderes Mal vergaß sie drei große Einkaufstüten mit Klamotten auf dem Rückflug von San Francisco an Bord. Während sie mit der restlichen Crew auf den Shuttlebus wartete, bemerkte sie den Verlust und lief zurück zum Gate, doch die Taschen waren verschwunden. Der Reinigungstrupp behauptete steif und fest, sie nicht gesehen zu haben. Zwei Tage danach wurden die Tüten zwar anonym zurückgegeben, aber Tricia blieb felsenfest davon überzeugt, dass das Bodenpersonal gegen sie intrigierte. Durchaus möglich, denn wenig später bekam sie Todesdrohungen. Sie fingen um die Zeit an, als sie eine einstweilige Verfügung gegen einen ihrer Ex-Freunde erwirkt hatte, der pausenlos mit dem Wagen an unserem Haus vorbeifuhr.
»Der Typ verfolgt mich!«, rief sie, während sie eines Nachts ins Haus gestürmt kam und alle aus dem Schlaf riss. Derartige Katastrophen ereigneten sich so oft, dass Tricias Anwesenheit uns irgendwann alle restlos überforderte. Schon beim Anblick ihres Wagens in der Einfahrt schien sich eine Wolke der Düsternis über das Haus zu senken. Ob ich nun aus Tulsa, Oklahoma oder Bakersfield zurückkehrte: Sobald ich ihren silbernen Mercedes hinter Yakovs gelbem Taxi entdeckte, wäre ich am liebsten direkt zurückgeflogen, nur um mir den Stress zu ersparen.
Zum Glück verschwand Tricia mit jedem neuen Mann in ihrem Leben für zwei, drei Monate komplett von der Bildfläche. Die Turteltäubchen machten es sich in seinem Apartment in der Innenstadt oder seinem Haus in den Hamptons bequem, während bei uns eine Zeitlang Frieden einkehrte. Doch über kurz oder lang kam es unweigerlich zum großen Zerwürfnis, und Tricia kehrte mit Riesengeschrei und einem Crosstrainer nach Hause zurück. Zu Janes Entsetzen stellte sie den Schandfleck mitten ins Wohnzimmer. Dort verstaubte er, bis der nächste Mann ihr Leben umkrempeln würde. Eines Tages begann sie wie von Sinnen zu kochen und zu backen. Während Brownies und
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