»Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen«
schicken Sandalen. Ihr schwarzes Haar war stets nach der neuesten Mode frisiert. Obwohl sie ein gutes Stück älter war als ich, wirkte sie frischer und jugendlicher als viele Frauen meines Alters. Seit sieben Jahren arbeitete Dee Dee als Flugbegleiterin, damit war sie die dienstälteste im Haus und flog stets die besten internationalen Strecken. Ich war zutiefst beeindruckt von ihr. Wenn sie gerade nicht ein Musical in London besuchte, auf einem jamaikanischen Markt Gewürze einkaufte, in Paris shoppen ging, in Wien Schnitzel aß oder sich an der Copacabana sonnte, ging sie vor ihren Flügen, die stets am späten Abend starteten, auf der endlosen Promenade von Long Beach Rollerbladen oder fuhr mit der U-Bahn nach Manhattan. Außerdem pendelte sie von und nach Arizona, wo sie mit ihrem Ehemann und einem Hund namens Doug lebte. Diese Frau hatte mehr Energie als wir alle im Haus zusammen. Am Tag vor jedem Trip fuhr Dee Dee eine Stunde zum Flughafen, um zuerst nach Chicago und dann wieder nach New York zu fliegen, wo sie meist erst nach Mitternacht landete. Im Gegensatz zu Jane, die jedes Mal aufwachte, wenn Dee Dee spätnachts die Treppe ins Dachgeschoss erklomm, bekam ich nie etwas davon mit.
Ich war noch nie vorher mit Dee Dee geflogen und ziemlich aufgeregt, als ich als Ersatz auf ihrer Maschine nach London eingeteilt wurde. Zu Hause verstanden wir uns ausgesprochen gut, und so freute ich mich schon auf unseren ersten gemeinsamen Einsatz. Auf dem Flug ließ sie mich dann wider Erwarten ziemlich links liegen, was mich ein bisschen wunderte. Aber ich sagte mir, das liege bestimmt daran, dass sie ihre Kolleginnen ein paar Tage nicht mehr gesehen hatte – schließlich flog Dee Dee seit Jahren mit ihrem Team. Außerdem sorgte sie dafür, dass ich während unseres sechsunddreißigstündigen Layovers mit ihren Leuten in London ausgehen durfte.
Einige Stunden nach der Landung trafen Dee Dee und ich uns mit ein paar Crewmitgliedern in der Hotelbar, wo wir Rabatt auf die Getränke bekamen. Natürlich war die Bar brechend voll. Flugpersonal, so weit das Auge reichte. Wir hatten uns gerade ein Bier bestellt und knabberten Chips, als sich ein gutaussehender Pilot, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, mir zuwandte. Ich wusste zwar, dass er nur eins im Sinn hatte, aber das war mir in diesem Moment egal. So etwas war mir bisher noch nie passiert. Sein Interesse schmeichelte mir, und ich wollte es genießen – nicht zuletzt, weil Brent bei unserem letzten Beziehungsgespräch erklärt hatte, er habe »mich zwar echt supergern«, wolle sich aber trotzdem nach wie vor mit anderen Frauen treffen. Das tat weh. Was ich von den Aufmerksamkeiten des Piloten nicht behaupten konnte. Meine Mutter hatte ohnehin immer davon geträumt, dass ich eines Tages einen Piloten heiraten würde und keinen Personal-Trainer-Schrägstrich-Leadgitarristen-einer-Coverband. Nicht dass ich ernsthaft vorgehabt hätte, mit diesem supersüßen Ersten Offizier, der mir gerade einen kleinen Spaziergang an der frischen Luft vorschlug, vor den Altar zu treten, aber zumindest sah ich uns vor meinem geistigen Auge das Maximum aus unseren Flugvergünstigungen herausholen und an unseren freien Tagen irgendwelche exotischen Orte besuchen.
»Hast du nicht einen Freund?«, riss Dee Dees Stimme mich aus meinen romantischen Träumereien.
Alle Blicke waren plötzlich auf mich gerichtet. Der Pilot wich einen Schritt zurück. Ich lachte nervös. »Du meinst wohl den Freund, der mich an meinem Geburtstag nicht angerufen hat, weil er mit einer anderen unterwegs war?« Ich hätte schwören können, dass ich ihr von diesem Vorfall erzählt hatte. Waren ihr die Drinks zu Kopf gestiegen, oder trübte der Jetlag ihr Erinnerungsvermögen? Ihre Bemerkung traf mich jedenfalls völlig unvorbereitet.
Der Spaziergang mit dem Piloten fiel natürlich ins Wasser, aber ich flirtete trotzdem weiter mit ihm. Dee Dee stand die ganze Zeit daneben, hörte unserer Unterhaltung zu und warf ständig indiskrete Kommentare ein, die sie besser für sich behalten hätte. Inzwischen spitzte auch der Rest der Truppe die Ohren. Irgendwann kamen wir auf Bücher zu sprechen, und ich meinte, dass mir die Rechte der Frauen ganz besonders am Herzen lägen. Da lachte Dee Dee und sagte so laut, dass es sämtliche Gäste in der Bar hören konnten: »Du? Hast du nicht früher mal bei Hooters gearbeitet?« Wieder richteten sich sämtliche Blicke auf mich, und ich beschloss, lieber ins Bett zu gehen.
Auf dem
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