Wir in drei Worten
gefolgt von dem Satz »Lieber Leser, ich habe ihn geheiratet«. Und Abspann. Als ich bemerkte, dass Ben zurückwich, schlug ich die Augen auf. Er hatte etwas hinter mir entdeckt. Das Lächeln verschwand von seinem Gesicht, und er nahm den Arm weg.
Ich drehte mich um und sah Rhys, der im Frack und mit einem breiten Grinsen auf uns zukam. Es war ein Rhys, wie ich ihn nicht kannte, als Mitglied einer Bigband verkleidet. Er hatte sogar versucht, sein Haar zu bändigen und zu scheiteln. Das Ergebnis war eine Frank-Sinatra-Frisur. Ich wandte mich zu Ben um. Inzwischen hatte Rhys uns erreicht.
»Ta-ta!«, verkündete er und streckte beide Hände aus wie ein Zauberer, der zeigen will, dass er nichts im Ärmel versteckt hat.
Ben verschränkte die Arme und schaute zwischen mir und Rhys hin und her. Er wartete. Wartete auf Worte, die man kaum hätte hören können, wenn sie denn ausgesprochen worden wären, aber trotzdem besser als nichts gewesen wären.
»Alles okay, Kumpel? Ich störe doch nicht, oder?«, rief Rhys in einem Tonfall, der ein Ja als Antwort ausschloss.
Ben erwiderte nichts und sah mich an. Seine Kieferknochen stachen hervor.
»Nein«, entgegnete ich automatisch, ein Platzhalter, um Zeit zu gewinnen. Was, zum Teufel, sollte ich tun? »Aber … äh … Ben und ich haben gerade … Wir haben …« Es getan und einander unsere Liebe gestanden?
»Komm her, Babe!«, brüllte Rhys, bevor ich Gelegenheit hatte, etwas zu sagen. Mit diesen Worten zog er mich gewaltsam in seine Arme und tanzte mit mir im Kreis herum.
»Moment, warte!« Ich fühlte mich, als müsste ich ersticken in einer Wolke aus muffigem Polyester-Baumwoll-Gemisch, Issey Miyake for Men und blinder Panik. »Rhys! Hör auf!«
»Was ist denn los?«
Nachdem es mir gelungen war, mich zu befreien, war Ben nirgends zu sehen. Und das sollte die nächsten zehn Jahre so bleiben.
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57
Z wei Wochen nach dem St. Ann’s-Square-Massaker lädt Ben mich auf einen Drink nach der Arbeit ein.
»Meine Güte«, sagt Ben, als ich vor dem Royal Exchange Theatre auf ihn zugehe. »Du bist nur ein oder zwei Minuten verspätet. Wenn ich eine mögliche Ungenauigkeit meiner Uhr berücksichtige, bist du womöglich sogar pünktlich. Hast du dafür eine Erklärung?«
»Durst?«, erwidere ich.
»Ich habe das Gefühl, dass ich eine Konfettikanone abfeuern sollte.« Er lächelt mich von der Seite an, während wir losgehen.
»Ich glaube, ich habe einiges wiedergutzumachen.«
»Red keinen Unsinn!«
»Wolltest du nicht mit Olivia und Lucy ins Kino gehen?«
Ben hat sich verpflichtet gefühlt, mir zu erklären, warum Olivia nicht mitkommen würde. Ich vermute, dass sie in dem Ringkampf Hurrikan-Simon gegen Bösewicht-Rachel eine etwas andere Position bezogen hat als Ben.
»Man müsste mich schon auf eine Trage schnallen und mir eine Spritze in den Arm verpassen, damit ich mir den Film anschaue, den sie sich ausgesucht haben.
Er ist es
oder so ähnlich.
Das ist mein Mädchen. Wo ist mein Hirn?
«
»
Wo ist mein Hirn?
hat sicher gute Chancen auf einen Oscar!«
»Wohl eher darauf, von einem Haufen Fliegen umschwärmt zu werden.«
Wir lachen.
»Wie wäre es hier?«, frage ich, einer Eingebung folgend, als wir an einer vielversprechenden Tür vorbeikommen. Beim Betreten des Cafés weiß ich sofort, dass ich einen Glücksgriff getan habe. Abgenutzte Holzstühle und Tische in nicht zusammenpassenden Farben, flackernde Teelichter, Kunststudentinnen als Bedienungen, alte Filmposter an den Wänden – ein Hipster-Gesamtpaket.
Wir suchen uns einen Platz unter dem Poster von
Blondinen bevorzugt,
und Ben holt uns belgisches Bier in braunen Glasflaschen. Er legt seinen schicken grauen Mantel diskret über den Stuhl, und ich bemühe mich, die müden Gesichter und fettigen Haare der anderen Gäste, die um sechs Uhr direkt aus dem Büro hierhergekommen sind, nicht mit Ben zu vergleichen, der aussieht wie James Bond nach einer hochkarätigen Partie Baccara mit ein paar Waffenhändlern in Montenegro. Mit einem guten Knochenbau wirkt man nie zerzaust, sondern höchstens verwegen, denke ich. Ich habe zehn hektische Minuten mit meinem Schminktäschchen auf dem Klo verbracht und mir Augen und Lippen angepinselt, als würde ich ein hartgekochtes Ei bemalen.
Ich erkundige mich vorsichtig nach Simon, während Ben seine Hemdsärmel nach oben krempelt und ich mich bemühe, nicht auf seine Unterarme zu starren. Wann wurde aus mir eine lüsterne Perverse? (
Zu spät,
höre ich Rhys
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