Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
Vom Netzwerk:
und schlechte. Und wie ich es sehe, bist du nicht besser als die Grettons dieser Welt. Irgendwann holt es dich schon noch ein, wie du mit anderen Menschen umspringst.«
    »Ich denke, dass du überreagierst.«
    »Weil mein Job am seidenen Faden hängt? Die meisten Leute würden dir in meiner Lage das Gesicht abziehen und es als Maske tragen.«
    »Die können dich nicht wegen etwas rausschmeißen, das ich getan habe!«
    »Natürlich können sie das, Zoe. Aber spar dir die Mühe, so zu tun, als ob du dir darüber Gedanken machst, welche Folgen deine Taten für deine Mitmenschen haben könnten. Du hast dir einfach genommen, was du wolltest, und lässt andere die Rechnung bezahlen.«
    Sie schweigt.
    »Ich habe noch eine letzte Frage«, sage ich. »Ist deine Mum dick?«
    »Was?« Zoe klingt plötzlich nicht mehr so selbstbewusst.
    »So schwierig ist das doch nicht: Ist deine Mum übergewichtig?«
    »Keine Ahnung, wovon du redest.«
    »Das dachte ich mir. Es muss schwierig sein, den Überblick zu behalten.«
    Endlich zeigt sich so etwas wie Scham in ihrem Gesicht, und ich komme zu dem Schluss, dass ich mir mehr nicht erhoffen kann. Ich drehe mich um und lasse sie stehen – mit ihrem niedlichen bunten Köfferchen, ihrem reizenden Wuschelkopf und ihrem Herzen aus Stein. Während ich den Hügel hinunter in die Innenstadt zur Arbeit zurückkehre, wird mein eigener Herzschlag allmählich langsamer.
    Ich will weiterkommen.
Offenbar bin ich nicht nur in Beziehungsfragen, sondern auch beruflich eine Niete. Ich gestatte mir fünf Minuten, um mich wie der Inbegriff der Versagerin zu fühlen. Dann überlege ich, was ich falsch gemacht habe. Ich war ein schlechter Mensch, als ich die SMS gelesen, und eine Idiotin, als ich ihr davon erzählt habe. Doch wenn ihr Verhalten mich zu einer miserablen Journalistin und sie zu einer erfolgreichen macht, ist das ein Wettbewerb, den ich lieber verlieren möchte.
    »Wie viel Schaden hast du angerichtet?«, fragt Gretton, als ich mich dem Gerichtsgebäude nähere. Er legt gerade eine Zigarettenpause ein und hat den schuldbewussten Blick einer Katze, die den Kanarienvogel gefressen hat. Und anschließend noch eine Packung Fischstäbchen. »Wird sie überleben?«
    »Ja, aber nicht hier.«
    »Ich habe dich gewarnt. Ich habe dir gleich gesagt, dass du dich vor ihr in Acht nehmen sollst. Erinnerst du dich?«
    »Schon gut.« Ich blinzle in die Sonne. »Ich dachte, du wolltest mich reinlegen.«
    »Du bist paranoid.«
    »Nein, nicht paranoid genug.«
    »Haben die in der Chefetage sich abgeregt?«
    Ich lächle und seufze. »Ach, du willst wissen, ob sie anstelle von mir irgendeinen Anfänger schicken und du einen Monat lang die besten Storys ganz für dich hast.«
    »Nein«, erwidert Gretton, schnippt Asche auf den Gehweg und gibt eine recht glaubhafte Imitation eines Menschen mit gekränkten Gefühlen zum Besten. »Eigentlich finde ich, dass wir ganz gut zusammenarbeiten. Wir halten die Regeln ein. Ich hoffe, dass du bleibst.«
    »Ich bin gerührt«, antworte ich. »Ich habe überlebt – verwundet, aber ungebeugt. Oder verwundet und gebeugt, aber nicht arbeitslos.«
    »Es ist nicht dein Fehler, dass du ihr nicht auf die Schliche gekommen bist«, fügt Gretton in einem Anfall von Großzügigkeit hinzu. »Ich habe ein paar Meilen mehr auf dem Tacho und bin schon öfter Leuten wie ihr begegnet.«
    »Ich hoffe, dass ich nie wieder so jemandem begegne.«
    »Sie hat die Brücken hinter sich abgebrochen. Sie wird keinen Fuß mehr in eine Lokalredaktion oder eine Agentur in dieser Stadt setzen, so viel steht fest. Baggaley ist ein nachtragender Mensch. Nein, für sie heißt es: London oder gar nichts. Ich würde ihr raten, bei der
Mail
zu bleiben.«
    »Danke.« Beinahe muss ich lachen. »Wenn Trost noch bitterer sein könnte, wäre es Ammoniak.«

[home]
    56
    E ine mutigere, energischere und vernünftigere Frau wäre am Morgen nach der Nacht vor dem Tag des Abschlussballs aufgestanden und losgezogen, um die Meinungsverschiedenheit mit der neu gefundenen und schon wieder verlorenen Liebe ihres Lebens aus der Welt zu schaffen.
    Ich hingegen kaute an den Fingernägeln, wechselte dreimal das Oberteil, grübelte darüber nach, wie ich ihm am helllichten Tag gegenübertreten sollte, und erinnerte mich an die Dinge, die wir im Halbdunkeln getan hatten. Ich kochte mir eine Tasse Tee nach der anderen, trödelte herum, legte mir in Gedanken Ansprachen zurecht und verbummelte die Zeit. Dann trafen die Mädchen mit

Weitere Kostenlose Bücher