Wir in drei Worten
genau, was jetzt kommt.
Sie räuspert sich. Und dann fängt sie an. »Also, du und Rhys, ihr befindet euch offensichtlich im Augenblick in einer Krise …«
»Mum! Es handelt sich hier nicht um eine Schlechtwetterzone, die man durchfahren muss. Wir haben uns getrennt.«
»Wenn du mir erlaubst, etwas dazu zu sagen – als eine Frau, die seit vierzig Jahren verheiratet ist …«
Ich zupfe missmutig an einer Naht des Sofas.
»Die Ehe ist nicht immer leicht. Man geht sich gegenseitig auf die Nerven. Die Ehe ist unerbittlich und sehr, sehr hart, und ehrlich gesagt wünscht man den anderen selbst in guten Zeiten an den meisten Tagen dorthin, wo der Pfeffer wächst.«
»Dann habe ich ja nichts verpasst!«
»Ich will damit nur sagen, dass deine Gefühle ganz normal sind.«
»Wenn Beziehungen immer so sind, wie wir sie erlebt haben, dann bleibe ich lieber allein.«
Pause.
»Du könntest die letzte Chance vergeben, Kinder zu bekommen. Hast du daran gedacht?«
Meine Mum: Als Motivatorin hat die Welt an ihr sicher nichts verloren.
»Erstaunlicherweise habe ich das sogar berücksichtigt, trotzdem danke.«
»Ich möchte nur, dass du dir ganz sicher bist, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, das ist alles. Du und Rhys wart eine sehr lange Zeit zusammen.«
»Deshalb bin ich mir auch ganz sicher.« Pause. »Es würde mir viel bedeuten, wenn du mich ernst nehmen und akzeptieren würdest, dass ich genau weiß, wen ich heiraten will und wen nicht. Es ist ohnehin schwer genug für mich.«
»Na ja, wenn du dir absolut sicher bist.«
»Bin ich.« Und natürlich begreife ich in dem Moment, in dem ich das ausspreche, dass ich mir nicht absolut sicher bin, bestenfalls sicher genug, um solch eine Entscheidung getroffen zu haben. Allerdings habe ich nie zuvor eine Verlobung gelöst und daher keine Vergleichsmöglichkeiten.
Meine Mum steht auf. »Dein Dad und ich werden dich bald besuchen. Lass uns wissen, ob wir dir irgendwelche Kleinigkeiten mitbringen können, die dir noch fehlen.«
»Okay, danke.« Plötzlich schnürt sich mir die Kehle zu, und ich umarme sie fest und atme tief den vertrauten Duft von YSL Rive Gauche ein anstelle des neuen Geruchs in Rupas Wohnung.
Als meine Mutter geht, bin ich einerseits erleichtert, andererseits fühle ich mich beinahe so verloren wie an dem Tag, an dem ich auf dem Parkplatz des Studentenwohnheims meinen Eltern nachwinkte. Ich brauche eine große Tasse Tee, am besten einen Becher, der zwei Henkel nötig hat, um ihn hochzuheben. Mit einem Schuss Whiskey drin.
Ich starre aus dem riesigen Fenster, und plötzlich erscheint mir die Weite nicht mehr glamourös, sondern bedrohlich. Ich stelle mir vor, wie winzig ich von der anderen Seite der Scheibe aussehe. Eine kleine, verängstigte, traurige Figur ohne Bedeutung, die über die Dächer von Manchester schaut.
Für einen kurzen Augenblick habe ich so starkes Heimweh, dass ich laut »Ich will nach Hause« schreien möchte. Aber mein Zuhause und Rhys sind untrennbar miteinander verbunden.
[home]
13
A m späten Nachmittag, als ich die Stille durch unpersönliches Radiogedudel verdränge, schallt plötzlich ein merkwürdiges weiteres Geräusch durch den Raum, und ich begreife, dass es sich um die Türglocke handelt. Ich nehme die Kette ab, öffne die Tür und sehe einen riesigen Strauß pinkfarbener und weißer Blumen und darunter zwei in Leggings steckende Beine.
»Alles Gute zum Einzug!«, ruft Mindy.
»Hallo, wow, Lilien. Und sie können sogar sprechen. Das ist sehr lieb von dir.«
Mindy schiebt sich durch die Tür, und Ivor schlendert, die Hände in den Hosentaschen, hinter ihr her. Er beugt sich vor und drückt mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Aus seinem zurückhaltenden Benehmen schließe ich, dass Mindy ihm auf dem Weg hierher einen Vortrag unter dem Titel »Gratuliere ihr zur richtigen Entscheidung« gehalten hat.
Er streckt mir eine Tüte von Marks & Spencer entgegen. »Von mir, aber, und das möchte ich betonen, ich habe es nicht selbst ausgesucht«, erklärt Ivor. »Ich habe es nicht angefasst und entweiht.«
Ich spähe in die Tüte. Ein Schlafanzug. Ein sehr hübscher aus cremefarbener Seide.
»Du weinst doch nicht etwa, oder?«, sagt Ivor. »Die Quittung liegt dabei.«
»Nein, ich weine nicht«, erwidere ich mit feuchten Augen. »Vielen Dank.«
Mindy dreht sich in alle Richtungen, um den richtigen Platz für die Blumen zu finden, und hinterlässt dabei eine Menge ockerfarbener Pollen an den makellosen
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