Wir in drei Worten
Wänden in der Farbe eines Hochzeitskuchens.
»Die sind auch von Ivor«, erklärt sie, entdeckt eine geeignete Stelle und marschiert zum Kaffeetisch, wobei sie eine weitere Spur von aus den zitternden Blumen fallenden Pollen wie eine dünne, feuerrote Puderlinie hinter sich herzieht.
Ich lege diskret eine Hand auf meine Lippen und betrachte das Schlamassel.
»Nichts zu danken!«, trällert Mindy, als sie sich herumdreht, mich sieht und aus meiner Haltung schließt, dass das Geschenk mich überwältigt.
Ivor ist meinem Blick gefolgt und fügt im Flüsterton hinzu: »Sagen wir, sie sind von dir. Ich werde sauber machen, okay?«
»Na, was sagst du, Ivor?« Mindy wirbelt wie ein Gameshow-Girl herum, um zu zeigen, dass sie die Wohnung meint.
»Ich finde, es sieht aus wie der Schlupfwinkel von Miss American Psycho. Patrick Batewoman.« Er hält einen Lappen unter den Wasserhahn, der mit seinem flexiblen Schlauch an eine Großküche erinnert. »Auf eine gute Weise.«
Während Mindy in ihren zinnoberroten Stiefeletten herumschlendert und sich alles ein zweites Mal gründlich anschaut, tupft Ivor behutsam an den Flecken. Er dreht sich nickend zu mir um, um mir mitzuteilen, dass sie sich entfernen lassen, und gibt mir mit einer Geste zu verstehen, dass ich mich zu Mindy gesellen soll.
»Möchtet ihr etwas trinken?« Ich frage mich, wo mein Teekessel ist und wo ich Milch hernehmen soll.
»Ich kann nicht bleiben – ich habe ein Date«, erwidert Mindy.
»Bo … Robert?«, frage ich.
»Bobby Trendy hat den Laufpass bekommen«, wirft Ivor ein und unterbricht seine Säuberungsaktion.
Robert war immer von Kopf bis Fuß mit AllSaints-Klamotten ausgestattet, und aus seiner Gesäßtasche hing eine Fahrradkette. Ivor hatte ihm den Spitznamen »Bobby Trendy« verpasst, und, einmal ausgesprochen, war er unglücklicherweise hängengeblieben.
»Ja. Er hat mich bei einem Familienessen wegen eines Paintball-Matches mit seinem Schwager versetzt.« Mindy fährt mit der Hand durch die Luft. »Da war das Maß voll. Es sollte einen TripAdvisor für Dates geben, wo man Beurteilungen einstellen kann. Netter Anblick. Schlechter Service. Sehr frühe Buchung empfohlen.«
»Kurzes Vergnügen.« Ivor hüstelt in seine Faust.
»Und woher stammt dieses neue Date? Von Guardian Soulmates?«, frage ich.
»My Single Friend.«
»Ist das das Portal, wo man von einem Freund empfohlen wird?«
»Ja. Ich habe mich als Mann angemeldet und mich selbst als pflegeleichte Mamacita, die ›hart arbeitet und ebenso gern spielt‹, verkauft.«
Ich ziehe ein Ach-du-meine-Güte-Gesicht.
»Das bedeutet nur, dass ich Geld habe, keine Klette bin und dass Sex drin ist«, fügt Mindy hinzu.
Ivor schneidet eine Grimasse.
»Ja, ich weiß«, erwidere ich. »Aber sollte das nicht ein anderer über dich schreiben?«
»Wer könnte mich besser beschreiben als ich selbst?«
»Aber warum meldest du dich dann auf einer Website an, wo es genau darum geht?«
Mindy zuckt die Schultern. »Männer vertrauen den Tipps anderer Männer. Empfehlungen von Frauen lauten meist ›quirlig, hat reges Sozialleben‹, und die Männer halten dich dann für eine hässliche, trinkende Langweilerin.«
»Narzissmus und Täuschung sind die klassischen Grundlagen für eine solide Beziehung«, merkt Ivor an und lässt sich neben uns auf das Sofa fallen.
»Wie auch immer, bei den Jägern von Guardian Soulmates habe ich schon zu stark abgefischt. Ich muss warten, bis die Vorräte wieder aufgefüllt sind. Der von heute ist dreiundzwanzig.« Mindy beißt sich auf die Lippe. »Und er steht auf Grime. Ich meine den Musikstil, nicht den Dreck. Keine Ahnung, worüber wir uns unterhalten sollen.«
»Na, über ihn natürlich, falls man aus deinen bisherigen Erfahrungen Schlüsse ziehen will«, meine ich, und Ivor lacht.
»Aber das Foto in seinem Profil – wie ein junger John Cusack«, seufzt Mindy.
Ivor wirft mir einen Blick zu. Ich erwidere ihn. Wir sagen beide nichts dazu.
Mindy hat eine Theorie über die Kompatibilität zweier Menschen, und keiner von uns hat sie bisher davon abbringen können. Für sie ist unmittelbare körperliche Anziehung die Grundvoraussetzung für eine funktionierende Beziehung – sie glaubt, man könne daran von Beginn an erkennen, ob etwas daraus wird oder nicht. Daher gibt sie sich nur mit Jungs ab, die sie für gutaussehend hält. Ihrer Meinung nach muss sie einen attraktiven Mann finden, mit dem sie dann auch andere Dinge gemein hat. Weder etliche
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