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Wir in drei Worten

Wir in drei Worten

Titel: Wir in drei Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mhairi McFarlane
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weiter als gaffende Zuschauer, die nur das zugrundeliegende Konzept verstehen müssen. Hund beißt Mann, Mann beißt Hund, Mann beißt Mann, weil sein Hund ihn schief angeschaut hat, und so weiter und so fort. In einem Fall wie diesem hingegen muss man kurzfristig zum Experten eines hoch professionalisierten Fachgebiets werden. Wenn ein Richter einen Anwalt oder Zeugen gereizt anweist, sich den Geschworenen zuliebe einfacher auszudrücken, seufzt die ganze Pressebank hörbar erleichtert auf.
    Als ich den Gerichtssaal zur Mittagspause verlasse, sehe ich Zoe im Gespräch mit einer Frau, die ich auf der Besuchergalerie gesehen habe.
    Gretton heftet sich wie immer an meine Fersen. »Was für einen Scheiß hat die jetzt schon wieder vor?«
    »Sie unterhält sich«, erwidere ich.
    Zoe und die Frau schauen zu uns hinüber; Zoe senkt verschwörerisch den Kopf.
    »Hast du eigentlich keine Eier in der Hose?«, höhnt Gretton. »Die spricht mit jemandem, der in diesen Fall verwickelt ist. Interessiert dich das denn gar nicht?«
    »Nicht wirklich. Vielleicht fragt sie ja nur nach der Uhrzeit.«
    »Du bist so verdammt naiv.«
    »So was nennt man Vertrauen.«
    »Vertrauen? Die Kleine lügt, wenn sie den Mund aufmacht.«
    »Du mochtest Zoe von Anfang an nicht.«
    »Ich durchschaue sie.«
    Ich schmunzle. »Gleich und gleich erkennt sich auf Anhieb, was?«
    Gretton stopft seine Chewits in die Hosentasche und marschiert mit geblähten Nüstern davon.
    Zoe kommt auf mich zu. »Lust auf Pub?«
    Ich nicke. Seit ich Zoe ins The Castle mitgenommen habe, hält sie das für ein allwöchentliches Ritual. Zu meiner eigenen Überraschung mache ich nicht nur mit, sondern habe sogar Spaß daran. Normalerweise verbringe ich meine Mittagspausen im sorgsam abgeschotteten Biotop des Presseraums. Nie hätte ich gedacht, dass ich hier eine Freundin finde.
    »Gretton hat die Krise gekriegt, als er dich mit dieser Frau hat reden sehen«, sage ich, als wir draußen sind. »Wer ist das?«
    »Dreimal darfst du raten!«
    »Die Schwester des Kunstfehler-Opfers?«
    »Mutter. Ich habe die Meute vorhin beobachtet und der Frau gleich angemerkt, dass sie die Rolle der Sprecherin übernehmen wird. Also habe ich mich ins Getümmel geworfen und ihr erzählt, dass Gretton meinte, ihre Tochter wäre noch am Leben, wenn sie ihr den Löffel vom Häagen-Dazs-Becher wegoperiert hätten.«
    Ich bleibe ruckartig stehen. »Das ist nicht dein Ernst?«
    »Doch. Und dann habe ich ihr erklärt, wenn sie danach mit jemandem reden will, soll sie sich an dich wenden.«
    »Aber … Gretton hat das im Presseraum gesagt.«
    »Na und?«
    »Gut, es war ziemlich daneben, aber jeder von uns lässt dadrin hin und wieder eine geschmacklose Bemerkung fallen. Das darf man nicht herumposaunen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es sich nicht gehört, darum.«
    Zoe beißt sich auf die Lippe. »Jetzt bin ich wohl zu weit gegangen, oder?«
    Wir setzen unseren Weg fort.
    Ich hänge die Tasche über die andere Schulter. »Das ging eindeutig unter die Gürtellinie. Wenn Gretton das rauskriegt, flippt er aus.«
    »Tut mir leid. Er war einfach so gehässig, dass ich fand, er hat es verdient.«
    »Ich weiß. Vergiss nur nicht, dass du damit uns allen schaden kannst. Die Leute machen meistens keinen großen Unterschied zwischen guten Journalisten und den Grettons dieser Welt. Viele verstehen nicht einmal, was eine öffentliche Verhandlung ist, und wundern sich, dass sie uns nicht rausschmeißen lassen können.«
    »Es tut mir wirklich leid.«
    »Tja, einfühlsame Interviews nach dem Motto ›Ich teile Ihren Schmerz‹ sind sowieso nicht seine Stärke. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich an die Mutter ranmachen wird, also kommt es wahrscheinlich gar nicht raus. Außerdem wird er die Familie mit seinen unnötig grausam ausgemalten Stories bis zum Ende des Prozesses sowieso vergrault haben.«
    Das Gespräch wird unterbrochen, als wir versuchen, heil über die Straße zu kommen.
    »Meine Mum ist dick«, verkündet Zoe, als wir den Weg fortsetzen.
    »Wirklich?« Zweifelnd betrachte ich ihre gertenschlanken Gliedmaßen.
    »Ich habe den Stoffwechsel von meinem Dad geerbt«, fährt sie fort. »Sie hat sich sogar über eine Magenverkleinerung informiert. Aber da war sie schon zu übergewichtig.«
    »Warum haben die …« Ich fange noch mal von vorne an. »Ist das denn nicht genau der springende Punkt?«
    Zoe nuschelt etwas von Operation und Narkoserisiko.
    »Dann hat sie endlich abgenommen, sich ein Magenband

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