Wir in drei Worten
Das ist respektlos.«
Rachel Woodford verteidigte die Ehre von Georgina Race. Ein nie dagewesenes Ereignis.
»Hey, jetzt komm mal wieder runter.«
»Von dir hätte ich mehr erwartet«, fügte ich hinzu.
»Hier draußen in der wirklichen und unvollkommenen Welt haben Menschen unverbindlichen Sex und sehen das nicht unbedingt als Akt der Aggression«, zischte Ben.
»Was soll das heißen?«
»Dass wir nicht alle das Glück haben, mit unserem Seelenverwandten zusammen zu sein, was aber nicht bedeutet, dass wir im Zölibat verharren müssen, bis er endlich aufkreuzt.«
Ich hätte entgegnen können, ich gäbe mich nicht der Illusion hin, dass er lebe wie ein asketischer Mönch. Doch Ben war offenbar ebenso aufgebracht wie ich. Noch nie war ich so erleichtert gewesen, dass eine Vorlesung anfing.
Hatte ich wirklich
Seelenverwandter
gesagt? Bei meiner Schwärmerei von unserem Griechenlandurlaub? Oh, Gott. Vielleicht hatte ich das wirklich. Inzwischen war mir klar, dass ich dick aufgetragen hatte, nur für den Fall, dass Ben bemerkt hatte, wie mir bei dem Kuss vor den Ferien die Knie weich geworden waren. In Wahrheit hatten Rhys und ich die Flitterwochenphase eindeutig hinter uns. Dass mir meine Studienfreunde auf Augenhöhe begegneten, hatte meine Bereitschaft gesenkt, Rhys’ leicht dominante, herablassende Art zu dulden, die mich in den Anfangstagen so an Mr. Darcy erinnert hatte. Dafür warf er mir vor, ich säße auf einem hohen Ross. Wenn ich wirklich ehrlich war, ging es bei Rhys’ Überraschungsurlaub ebenso sehr darum, die Machtverhältnisse wiederherzustellen, wie um sommerliche Romantik und gefüllte Weinblätter.
Nach einer Weile schob Ben seinen Notizblock zu mir herüber, um mir zu zeigen, was er an den Rand geschrieben hatte:
War nur ein Witz.
Ich verzog verständnislos das Gesicht, malte ein Fragezeichen darunter und schob den Block zurück.
Wir haben es nicht gemacht,
schrieb er, wobei er das vorletzte Wort mehrfach unterstrich, damit ich auch wirklich verstand.
Was ist los?
Gute Frage. Achselzuckend schob ich ihm den Block wieder zu. War ich wirklich so verklemmt, dass ich von meinen partnerlosen Freunden ein Leben nach meinen Regeln erwartete?
Nach der Vorlesung hatten wir Seminare an verschiedenen Enden des Gebäudes. Ich sprang auf und hastete die Stufen hinunter zur Tür. Doch Ben holte mich ein und hielt mich am Arm fest, bevor ich mich verdrücken konnte.
»Hör zu, das war pubertär von mir. Normalerweise findest du es lustig«, flüsterte er.
Grob riss ich mich los, obwohl sein Griff nicht fest gewesen war.
»Fürs Protokoll: Wir haben es nicht getan, und ich wollte auch nicht«, fügte er hinzu. »Allerdings verstehe ich noch immer nicht, warum ich anderenfalls moralisch versagt hätte.«
»Es geht mich nichts an«, entgegnete ich von oben herab.
Plötzlich schlug mir das Herz gegen die Rippen, als wolle es Reißaus nehmen und schon mal ins Seminar über den viktorianischen Essay vorauslaufen. Angesichts meines Verhaltens hätte ich vermutlich gut in diese Epoche gepasst.
»Wenn du geblieben wärst, wäre es ein netterer Abend geworden«, sagte Ben, womit er der Quelle meiner Angst gefährlich nahekam.
»Warum drückst du es so aus? Als ob es das geringere Übel gewesen wäre? – ›Sogar mit Ron hätte ich noch einen netteren Abend gehabt.‹«
»So habe ich es nicht gemeint.«
Nein, und ich auch nicht. Ich will nicht, dass du es mit ihr machen willst. Weil sie so ganz anders ist als ich.
Was war nur los mit mir?
Ben schaute aus dem Fenster. Dann sah er mich wieder an, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, zögerte aber.
»Ich kann kochen«, stieß er schließlich hervor.
»Was? Du hast mich reingelegt, damit ich für dich einkaufen gehe?«
Er blickte mich finster an. Ich starrte zurück.
»Es freut mich zu sehen, dass Sie beide so gebannt meinen Ausführungen gefolgt und auch jetzt noch in eine akademische Debatte verwickelt sind«, unterbrach uns der Dozent. »Und ich bin sicher, dass es in den Nachrichten, die Sie einander geschrieben haben, um den Aufstieg der Mittelschicht im vierzehnten Jahrhundert im Zusammenhang mit den
Canterbury Tales
ging.«
»Selbstverständlich«, entgegnete Ben mit einem Nicken.
»Los, verschwinden Sie in die Elf-Uhr-Vorlesung«, sagte der Mann.
Wir machten uns aus dem Staub.
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