Wir in drei Worten
paar Sachen zur Reinigung geben«, entgegnete sie und nahm einige wahrscheinlich sündhaft teure, hauchfeine Kleidungsstücke aus den mit Monogramm versehenen Wäschebeuteln, die sie geschultert hatte. »Kaschmir und so.«
Ich konnte nicht übersehen, dass ihre Arme schlank wie eine Weidengerte und ihre Hände winzig und flattrig wie Schmetterlingsflügel waren. Ihre Finger waren zart wie zusammengedrehtes Seidenpapier. In der Genlotterie hatte sie die Sechs mit Zusatzzahl gezogen.
»Hör zu, wir sollten wirklich machen, worüber wir letztens gesprochen haben. Das Abendessen«, meinte sie.
»Klar. Sag mir einfach, wann.«
»Gerne«, antwortete sie mit einem katzengleichen Schmollmündchen und klimperte mit den getuschten Wimpern. »Dann also bis bald, ja?«
Sie gab ihre Wäsche ab, rauschte davon und winkte Ben im Hinausgehen noch kokett mit den Fingerspitzen zu.
Meine Bemühungen, nicht wie eine eifersüchtige, neugierige Megäre zu klingen, scheiterten kläglich. »Äh. Worüber habt ihr denn gesprochen?«
Eigentlich rechnete ich damit, dass Ben mir von dem vagen Plan berichten würde, zu Pizza Hut zum All-You-Can-Eat-Büffet zu gehen und sich so richtig vollzustopfen.
»Ein Date.«
»Ein
Date?
«, wiederholte ich, als hätte er von kopulierenden Ottern gesprochen, die sich an den Schnurrhaaren festhielten.
»Ja, ist das so ungewöhnlich?«
»Ich dachte, sie trifft sich nicht mit Studenten, sondern hält sich ausschließlich an erfolgreiche ältere Typen, die in anderen Städten wohnen.«
»So wie du, meinst du?« Ben grinste hinterhältig.
Eins zu null für ihn.
Und ehe ich etwas erwidern konnte, fügte er hinzu: »Alle haben nur Vermutungen angestellt. Also dachte ich, ich frage sie einfach. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.«
Das wurde ja immer schlimmer. Er hatte sie gefragt? Allerdings konnte ich nicht abstreiten, dass diese Verbindung im Himmel geknüpft war: Ballkönig und -königin der englischen Literaturwissenschaft.
»Kaschmir und so«,
höhnte ich.
Ben ließ sich nicht provozieren. Ich hatte das Gefühl, ziemlich heftig gegen eine karmische Schwingtür gestoßen zu sein.
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24
I n der zweiten Woche teilen Pete Gretton und ich uns die Pressebank bei der Eröffnung eines Kunstfehlerprozesses. Es geht um den verfrühten Tod einer Neunundzwanzigjährigen bei einer Fettabsaugung. Zwei Ärzte vom staatlichen Gesundheitsdienst und eine Arzthelferin aus einer Privatpraxis stehen wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht. Es sind weitere Vertreter von Nachrichtenagenturen anwesend – eine weniger ortsgebundene und zwielichtige Art von Freiberuflern, als Gretton es ist. Er ist nur hier, weil wir angeblich ein paar schauerliche Einzelheiten über chirurgische Komplikationen und abgelöste Fettzellen zu hören kriegen werden. Dabei ist Gretton selbst eine Art Zellwucherung, die sich durch die Blutgefäße des Gerichtsgebäudes bewegt und gefährlich hohen Blutdruck auslöst, wenn sie irgendwo hängenbleibt.
»Man kann sie doch nicht alle dafür verantwortlich machen«, murmelt er, bevor die Verhandlung anfängt. »Wie viele Leute braucht man denn, um jemandem eine Infusion zu legen? Die Staatsanwaltschaft wirft einfach nur mit Dreck und hofft, dass etwas hängen bleibt. Chewit?«
Ich lehne das angebotene Päckchen Kaubonbons mit einem Kopfschütteln ab. »Nein danke.«
»Auf Diät?«
»Selten so gelacht.«
Gretton fletscht die gelben Zähne. »Keine Sorge, den meisten Männern gefällt es, wenn an einer Frau was dran ist. Gut, die hier hat es übertrieben. Fast hundertdreißig Kilo, wie ich gehört habe. Ein Fass.«
Er schmatzt lautstark und gewährt mir Ansichten seines halb zerkauten Bonbons.
»Sei leise«, zische ich und werfe einen Blick auf die übergewichtige Familie auf den Zuschauerbänken. Dabei rücke ich so weit wie möglich von ihm ab. Ich brauche unbedingt ein T-Shirt mit der Aufschrift:
Ich gehöre nicht zu diesem Idioten.
Die Anwälte stecken die Köpfe zusammen. Papiere werden geordnet. Die Zuschauer rutschen hüstelnd auf ihren Plätzen herum.
Einige Mitglieder der Perücken-und-Roben-Fraktion lachen leise über etwas, das offenbar witzig ist, wenn man sich mit den Feinheiten von Kunstfehlern auskennt. Die Angehörigen mustern sie empört und ungläubig, und ich fühle mit ihnen. Es ist schwer zu begreifen, dass eine derart welterschütternde Tragödie für Menschen, die damit ihre Brötchen verdienen, ganz normale Arbeit ist.
Meistens sind die Reporter nichts
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