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Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Titel: Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane F.
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Geschäft ist.
    Ich ging also zum Autostrich an der Kurfürstenstraße, um so viel Geld zu machen, dass ich von allen möglichen linken Dealern Dope antesten konnte. Dann flippte ich auf der Szene rum, kaufte von ein paar Typen Dope und war schließlich total breit. Es wusste sowieso niemand, bei wem Babsi ihren letzten Druck gekauft hatte. Oder es wollte jedenfalls niemand Bescheid wissen.
    Ich bildete mir noch ein, dass ich auf der Jagd nach Babsis Mörder sei, als es mir in Wirklichkeit nur noch darum ging, mich ohne Gewissensbisse vollzuknallen. Ich konnte mir also sagen: »Du musst dieses linke Schwein finden, auch wenn du selber dabei krepierst.«
    Da hatte ich dann auch keine Angst mehr, wenn ich mich vollknallte.
    Ich gab mir kaum noch Mühe, meinem Vater etwas vorzuspielen. Er ahnte es sowieso schon lange. Ich glaube, er wartete nur noch auf den letzten Beweis. Den bekam er dann auch.
    Als ich eines Abends kein Dope mehr für den nächsten Morgen hatte und auch nicht mehr wegkonnte, weil mein Vater zu Hause war, rief ich heimlich Heinz an und verabredete mich mit ihm in der Gropiusstadt. Mein Vater überraschte Heinz und mich vor dem Schluckspecht. Heinz konnte gerade noch rechtzeitig abhauen. Aber mein Vater fand das Dope, das Heinz mir gegeben hatte, schließlich nach längerem Suchen.
    Ich beichtete ihm gleich alles. Ich musste ihm vor allem alles über Heinz sagen. Ich hatte keine Kraft mehr zum Lügen. Mein Vater befahl mir, für den nächsten Tag mit Heinz ein Treffen auf der Hasenheide auszumachen, wo er mir wieder Dope geben sollte. Dann rief mein Vater die Bullen an, erzählte ihnen alles und verlangte, dass Heinz bei dem Treffen an der Hasenheide verhaftet würde. Die Bullen sagten ihm, dass man an der Hasenheide nur eine richtige Razzia machen könne, und das ginge nicht so von heute auf morgen. Die hatten also gar keinen Bock, so einen »Kinderverführer« – wie mein Vater sagte – zu verhaften, weil ihnen das zu viel Mühe machte. Ich war natürlich froh, dass ich nicht so eine miese Spitzelrolle spielen musste.
    Ich hatte immer gedacht, mein Vater würde mich halb totschlagen, wenn er einmal entdeckte, wie ich ihn hintergangen hatte.
    Aber mein Vater reagierte ganz anders. Er war ziemlich verzweifelt. Fast wie meine Mutter. Er redete sehr lieb auf mich ein. Er hatte irgendwie gecheckt, dass man mit dem H nicht mal so eben aufhören kann, auch wenn man echt will. Er machte sich immer noch irgendwelche Hoffnungen, es irgendwie mit mir zu schaffen.
    Am nächsten Tag schloss er mich erst mal wieder in der Wohnung ein. Meinen Hund Janie nahm er mit. Ich sah Janie nie wieder. Ich kam tierisch auf Turkey. Schon mittags glaubte ich, es nicht mehr auszuhalten. Da rief Heinz an. Ich bettelte richtig, dass er mir Dope bringen solle. Da er ja ohne Schlüssel nicht mal ins Haus kam, wollte ich aus dem 11. Stock eine Schnur runterlassen. Ich kriegte Heinz schließlich rum. Als Gegenleistung verlangte er von mir, dass ich ihm einen Liebesbrief schreiben und den Brief zusammen mit einer Unterhose von mir an der Schnur runterlassen solle. Er gab Dope nie ohne Gegenleistung. Er war eben ein Geschäftsmann.
    Ich suchte also alles an Schnüren zusammen, was ich in der Wohnung fand. Bindfaden, Plastikwäscheleine, Morgenrockgürtel und so weiter. Ich musste viele Knoten machen und immer wieder ausprobieren, bis diese zusammengeknotete Schnur elf Stockwerke lang war. Dann kritzelte ich noch diesen Brief. Voll auf Turkey.
    Heinz meldete sich tatsächlich mit dem verabredeten Klingelzeichen. Ich nahm eine Unterhose, die ich selbst bestickt hatte, aus dem Schrank, steckte sie zusammen mit dem Brief in die Hülle meines Föhns und ließ die Luftpost aus dem Kinderzimmerfenster. Es klappte. Heinz steckte unten das Dope rein. Es sahen mittlerweile schon einige Leute unserem seltsamen Spiel zu. Aber Heinz schien das gar nicht zu stören und mich störte es sowieso nicht. Ich wollte nur das Dope. Erst als sich im neunten Stock ein kleiner Junge aus dem Fenster lehnte und immer nach der Schnur grapschte, wurde ich total hektisch. Ich brüllte rum und versuchte die Schnur von ihm wegzuhalten. Ich hatte urische Angst um das H.
    Ich hatte es schließlich oben und wollte gerade das Dope aufkochen, da klingelte das Telefon. Heinz. Es habe ein Missverständnis gegeben. Er wollte eine getragene Unterhose von mir. Ich hatte das Dope und mir war eigentlich alles egal. Damit der Typ mich nicht weiter nervte, warf ich ihm den

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