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Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo

Titel: Wir Kinder Vom Bahnhof Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane F.
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jeder schon ein Viertel Dope in der Tasche und noch reichlich Geld über. Ich sah zuerst, dass Zivilbullen auf den Bahnsteig strömten. Razzia. Es fuhr gerade ein Zug ein und ich rannte in totaler Panik den Bahnsteig runter. Detlef, blöde, wie er in dem Moment war, hinter mir her. Als ich am Ende des Zuges in einen U-Bahnwagen reinlief, rempelte ich einen Opa. Der sagte: »Mensch, du olle Halbtote.« Das sagte er wirklich. Durch die vielen Zeitungsberichte war längst bekannt, was auf dem U-Bahnhof Kurfürstendamm ablief. Die Spießer in der U-Bahn schnallten also schnell, dass das jetzt eine Razzia gegen Rauschgiftsüchtige war.
    Detlef kam mir nach und natürlich zwei Zivilbullen hinterher. Auffällig genug hatten wir uns ja benommen. Die Bullen hätten uns allerdings gar nicht nachrennen müssen. Denn bevor sie bei uns waren, hatten sich schon die Omas und Opas im U-Bahnwagen auf uns gestürzt, zerrten an unseren Plünnen und schrien hysterisch: »Hier sind sie. Polizei.« Ich fühlte mich wie eine Gesetzlose aus einem alten Western, die gleich am nächsten Baum baumelt.
    Ich klammerte mich an Detlef. Als die Bullen bei uns waren, sagte einer: »Ihr braucht hier gar keinen auf Romeo und Julia zu machen. Los. Los.«
    Wir wurden in einen VW-Bus verladen und zur Revierwache gebracht. Die Bullen waren sehr unfreundlich zu mir, wollten aber weiter nichts von mir wissen. Sie sagten mir nur, dass es jetzt das dritte Mal sei, dass sie mich geschnappt hätten, und dass es über mich schon einen Ordner gäbe. Einer tippte das Protokoll und ich musste es unterschreiben. Sie benachrichtigten nicht mal meine Mutter mehr. Ich war für sie einer von vielen hoffnungslosen Fällen, über den sie noch ein paar Protokolle in den Ordner tun würden, bevor sie dann hinter meinem Namen endlich ein Kreuz machen könnten.
    Detlef wurde mit mir nach einer knappen Stunde entlassen. Da sie uns das Dope abgenommen hatten, mussten wir gleich wieder auf die Szene, um zwei Viertel neu zu kaufen. Wir hatten ja zum Glück noch Geld.
    Die Zivilbullen auf dem Bahnhof Zoo kannten mich mittlerweile eigentlich alle und ließen mich meistens in Ruhe. Einer von den Bullen war sogar ganz nett. Ein junger mit einem süddeutschen Akzent. Er schlich sich mal von hinten an mich ran und hielt mir plötzlich seine Bullenmarke vor die Augen. Ich bekam einen urischen Schreck. Der aber lachte und fragte, ob ich anschaffen ginge. Ich sagte wie meistens auf diese Frage ganz naiv: »Nein, seh ich so aus?«
    Er wusste es wohl besser. Er wollte aber nicht mal in meine Plastiktüte reinsehen. Er sagte nur: »Aber halt dich in nächster Zeit hier mal ein bisschen fern. Sonst muss ich dich nämlich mitnehmen.« Vielleicht war er auch nicht nett, sondern nur zu faul, mich zur Wache zu bringen. Und die auf der Wache hatten auch keine Lust, immer wieder dieselben Protokolle über eine vierzehnjährige Halbtote zu schreiben.
    Nach unserer Festnahme auf dem U-Bahnhof Kurfürstendamm mussten Detlef und ich von einem fremden Dealer Dope kaufen, weil wir unseren Stammdealer nicht mehr fanden. Wir gingen zur Toilette am Winterfeldplatz, um uns den Druck zu machen. Die Toilette war überall aufgebrochen. Die Wasserhähne liefen überhaupt nicht mehr.
    Ich reinigte meine Spritze mit dem Wasser aus dem stinkenden Klo. Ich machte das öfters, weil auf manchen Toiletten zu viel Verkehr war, um das Besteck draußen im Waschbecken sauber zu machen.
    Dieses Dope von dem fremden Dealer haute mich irgendwie um. Ich fiel vor der Toilette der Länge nach in den Dreck. Ich kam zwar gleich wieder hoch, aber ich war immer noch total benebelt. Wir gingen seit langem mal wieder ins Sound. Detlef hottete auf der Tanzfläche ab und ich stellte mich neben einen Orangensaftautomaten. Der hatte oben ein Loch. Ich lehnte mich gegen den Orangensaftautomaten, schob zwei ineinandergesteckte Stohhalme durch das Loch und trank, ohne einen Pfennig zu bezahlen, bis ich auf die Toilette musste, um zu kotzen.
    Als ich zurückkam, machte mich einer von den Geschäftsführertypen an. Er sagte, ich sei eine verdammte Fixerbraut und sollte mitkommen. Ich hatte Angst. Er fasste mich am Arm und zerrte mich durch den Laden. Er machte eine Tür auf, die ging zu dem Raum, in dem die Getränkekisten gelagert wurden. Ich sah, dass da auch ein Barhocker drinstand.
    Ich wusste sofort, was nun passieren sollte. Ich hatte das jedenfalls schon oft gehört. Die zogen Fixer und andere Leute, die sie nicht haben wollten, nackend

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