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Wir Kinder von Bergen-Belsen

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Titel: Wir Kinder von Bergen-Belsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hetty E. Verolme
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Amsterdam war Abraham Asscher der Vorsitzende des Judenrats gewesen und Abraham Soep ein bekanntes Ratsmitglied. Der Judenrat war am 13. Februar 1941 auf Verlangen der Deutschen gegründet worden, unter dem Vorwand, es würde der jüdischen Bevölkerung der Niederlande nützen. Stattdessen hatten die Deutschen den Judenrat dazu benutzt, eine geordnete Deportation der Juden nach Deutschland zu erreichen.
    Es war Mitte Oktober, als Asscher und Soep am frühen Mor gen zum Hauptquartier der SS gebracht wurden. Den ganzen Tag lang spekulierten alle, was los war. Jede Stunde schwirrten neue Gerüchte durch das Lager. Der Tag ging langsam vorbei und als es Zeit zum Abendappell war, waren Asscher und Soep noch immer nicht zurück. Am nächsten Tag erfuhren wir, dass sie erst gegen zehn in der Nacht in ihre Baracken gekomen waren. Der Lagertelegraph berichtete, die SS habe verlangt, As scher und Soep sollten ein großes Kontingent an Diamanten aus Amsterdam besorgen. Diese Diamanten seien für eine neu er baute Schleiferei außerhalb des Lagers bestimmt. Wir glaubten, dass Asscher und Soep Kontakt mit Diamantenhändlern in Amsterdam aufgenommen hatten, aber auch, dass sie keine be kommen würden. Immer neue Gerüchte schwirrten durchs La ger.
    Am nächsten Tag wurden Asscher und Soep wieder zum SS Hauptquartier gerufen, von wo sie gegen drei Uhr zurückkamen. Der Lagertelegraph berichtete die gleiche Geschichte wie am Tag zuvor und auch, dass man keine Diamanten aus Amsterdam be kommen könnte. Von diesem Tag an änderten sich die Verhält nisse für die Diamantengruppe. Die doppelten Rationen wurden gestrichen, und alle mussten sich den Arbeitskolonnen anschlie ßen, außer den Familien Asscher und Soep. Es schien, als sei für sie eine besondere Regelung ausgehandelt worden.
    November 1944
    Etwa fünfzig Meter von unserem Lager entfernt war schon chen zuvor ein großes Zelt errichtet worden, nicht weit vom Schuhhaufen entfernt. Jetzt sahen wir lange Reihen von Frauen durch das Lager ziehen. Sie waren ärmlich gekleidet. Manche hatten überhaupt keine Schuhe, sondern nur schmutzige Lappen um die Füße gewickelt. Die meisten trugen irgendwelche Tü-cher auf dem Kopf, um ihre kahl geschorenen Köpfe zu verbergen. Es war ein schrecklicher Anblick, als sie schweigend, fast geräuschlos, an uns vorbeizogen. Sie wurden in dem großen Zelt untergebracht. Ein paar Tage vorher war Stroh angefahren worden, auf dem sie schliefen. Viele von ihnen hatten Ruhr, man konnte sich leicht vorstellen, welche Zustände nach ein paar Tagen in ihrem Zelt herrschen mussten.
    Unseren Männern war befohlen worden, die Latrinen auszuheben. Sie waren im Freien, aber die Frauen waren schon so tief gesunken, dass es ihnen nichts ausmachte. Ich konnte das alles leicht beobachten, denn unsere Baracke war sehr nah bei dem Zaun zwischen unserem Lager und ihrem Zelt. Während der ganzen Zeit konnte man hören, wie sie miteinander stritten. Manchmal kam ein Kapo mit einer Peitsche und schlug auf die Unglücklichen ein, um Ruhe zu schaffen.
    Am Abend des zweiten Tags nach ihrer Ankunft kam eine Gruppe von Frauen zum Zaun, um mit unseren Leuten zu spre-chen. Wir fanden bald heraus, dass auch einige niederländische Frauen unter ihnen waren. Mein Vater und meine Mutter waren aus Neugier zum Zaun gegangen. Nach einer Weile kam meine Mutter in die Baracke zurück und sah mich oben auf dem Bett sitzen. Ich hatte nicht das Bedürfnis, diesen Frauen nahe zu kommen. Der Anblick, wie sie am Tag davor schweigend an uns vorbeigezogen waren, hatte mich bis ins Innerste erschreckt.
    »Tante Bet ist da und Sonjas Mutter«, sagte Mama. »Papa unterhält sich gerade mit ihnen. Ich bin zurückgekommen, um etwas zum Anziehen für sie zu holen, sie haben nichts. Schau im Koffer nach, Hetty, ob wir irgendetwas entbehren können.«
    Ich zog eine rote Strickjacke heraus, die Mama gehörte, und einen Flanellschlafanzug von Papa.
    »Das ist alles, was wir haben, was ihnen passen könnte«, sagte ich.
    Dann fand ich den schwarzen Pullover, den ich wegen der Läuse weggepackt hatte.
    »Glaubst du, wir könnten ihnen diesen Pullover geben, Mama?«, fragte ich. »Er ist nicht sehr sauber.«
    »Das ist in Ordnung«, sagte sie. »Sie können ihn gegen etwas Essen tauschen, wenn sie ihn nicht behalten wollen. Ich werde es ihnen sagen. Aber vergiss nicht, in ihrem Zustand ist ihnen alles willkommen.«
    Ich gab Mama die Sachen und sie lief schnell wieder hinaus. Als ich langsam unser Zeug

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