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Wir Kinder von Bergen-Belsen

Wir Kinder von Bergen-Belsen

Titel: Wir Kinder von Bergen-Belsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hetty E. Verolme
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angefangen,
    wo ist Schwester Luba? Zu der Küche ist sie schon gegangen.
    Für ihre Kinder schafft sie den Morgenbrei,
    das ist ihr bestimmt nicht einerlei.
    Die Kinder warten mit großer Frage,
    was bringt Schwester Luba heute für uns zutage?
    Ganz hochbeglückt kommt sie zurück,
    wenn sie aus der Küche Kartoffelsuppe mit Speck hat herausgekriegt.
    Alle am Platze, alle sind froh,
    denn das Essen macht das Leben erträglicher noch so.
    Keine Mühe, kein Gang ist Schwester Luba zu viel,
    sie hat nur einen Gedanken, zu erreichen ihr Ziel.
    Und dieses galt ihren Kindern, die ihr sind anvertraut,
    sie schützt mit beiden Händen jedes einzelne Haupt.
    War der Iesie krank viele Wochen schwer,
    gönnte die Luba sich keine Ruhe mehr.
    Ihr Sinn und Gedanke galt dem kranken Kinde,
    wie konnte Schwester Luba es bessern geschwinde.
    Und endlich, mit Geduld und mit Macht,
    bekam der Iesie wieder Kraft.
    So hat die Luba immer ein Sorgenkind
    und weiß auch immer Rat geschwind.
    Die Leni ist krank und recht schwer,
    Luba läuft traurig umher,
    und abends, wenn alles schön liegt in tiefer Ruh,
    Luba kommt rein und steckt ihrem Schützling noch eine Kräftigung zu.
    Und dann das eine Mal, dass die Kinder hatten keine Schuh,
    die »organisiert« Schwester Luba im Nu.
    Und so ruht unser ganzes Leben in ihrem Schoß,
    und wir sind ihr dankbar, klein und groß.
    Viel zu sagen habe ich nicht mehr,
    jetzt nur noch ein Wunsch, schnell komme die Freiheit für uns alle hier. 1
    Schwester Luba saß wie verzaubert auf ihrem Stuhl. Ich ging zu ihr, überreichte ihr das Geschenk und erzählte, welches Opfer die Kinder gebracht hatten, damit wir den Seidenschal für sie bezahlen konnten. Dann legte ich ihr die Arme um den Hals, küsste sie und sagte: »Wir haben dich so lieb, Schwester Luba.« Bei diesem Zeichen von Hingabe waren ihre Augen nicht trocken geblieben, auch nicht die der anderen Schwester. Schwester Luba stand auf und ging die Reihe der Kinder entlang. Sie umarmte jedes Einzelne und bedankte sich. Und dann setzten wir uns alle zusammen mit ihr um den Tisch, um gemeinsam zu frühstücken.
    An diesem Tag ging sie nicht weg, sie schickte Schwester Hermina, die Max mit zur Küche nahm.
    Den ganzen Tag über war Schwester Luba mitten unter uns und einige der kleinen Mädchen verlangten immer wieder einen Kuss und eine Umarmung. Es war ein glücklicher Tag, bis am späten Nachmittag zwei SS-Aufseherinnen zu Besuch kamen. Ich war wie immer im Schlafraum, als ich ins Esszimmer gerufen wurde. Dort sah ich, dass Schwester Luba mit den beiden SS-Aufseherinnen sprach, die mit dem Rücken zu mir saßen. Als sie mich entdeckte, kam sie zu mir, nahm mich bei der Hand und sagte: »Die Aufseherinnen möchten, dass du noch einmal das Gedicht von heute Morgen aufsagst.« Mit diesen Worten schob sie mich in ihre Richtung.
    Eine der beiden war Juana Bormann, die wegen ihrer Grausamkeit gefürchtet war. Jede Faser meines Körpers warnte mich, ja vorsichtig zu sein. Diese Aufseherinnen waren nicht dieselben, die uns früher schon im Schlafraum besucht hatten. Mein Instinkt sagte mir, dass sie sehr böse waren. Irgendwie schaffte ich es, meinen Mut zusammenzunehmen und das Gedicht aufzusagen, aber als ich zur letzten Zeile kam, »jetzt nur noch ein Wunsch, schnell komme die Freiheit für uns alle hier«, zögerte ich und sagte stattdessen: »Und ich wünsche dir einen fröhlichen Geburtstag von uns allen.«
    Woher ich die Worte nahm, weiß ich nicht. Ich sprach nur ein bisschen Deutsch und bin fest überzeugt, dass irgendeine höhere Macht mir die Worte eingegeben hatte, damit ich sie aussprechen konnte. Schwester Luba sah sehr erleichtert aus, und die Aufseherinnen sagten, das sei ein sehr schönes Gedicht, aber sie sahen nicht aus, als würden sie es wirklich so meinen. Dann durfte ich wieder in den Schlafraum zurückgehen.
    Doch damit war die Sache noch nicht zu Ende.
    Zwei Tage später wurde ich wieder zum Esszimmer gerufen. Dort stand Schwester Luba mit einigen ihrer Helferinnen vor einem SS-Offizier mit einem brutalen Gesicht, der auf einem Stuhl saß. Juana Bormann und die andere Aufseherin, die ebenfalls mein Gedicht mit angehört hatte, standen neben ihm. Schwester Lubas Gesicht war rot und ihr Mund war zu einem schmalen, geraden Strich zusammengepresst, sodass ich gleich wusste, dass etwas sehr, sehr schlecht gelaufen war.
    Juana Bormann drehte sich zu mir, als ich eintrat, und sagte: »Obersturmführer Herr Fuchs möchte mit dir

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