Wir lassen sie verhungern
von Familien irgendwie »entledigen« und setzte sie deshalb unterwegs aus. Ohne Nahrung, ohne Decken, ohne Wasser.
111 Geopolitik des Hungers, a. a. O., S. 19.
112 a. a. O., S. 329.
113 Eva Seeber, Zwangsarbeiter in der faschistischen Kriegswirtschaft , Berlin 1964, S. 154. vgl. auch die gründliche Dokumentation Starvation over Europe , die Boris Shub 1943 im Auftrag des Jüdischen Weltkongresses herausgegeben hat.
114 Nach dem Fluss Warthe, der dieses Gebiet durchfließt.
115 Curzio Malaparte, Kaputt , Frankfurt, Fischer Verlag, 2007, S. 182ff.
116 Else Margrete Roed, »The food situation in Norway«, Journal of the American Dietetic Association , Dezember 1943.
117 Maria Babicka, »The current food situation inside Poland«, Journal of the American Dietetic Association , April 1943.
118 ebd.
119 Soencke Neitzel und Harald Weizer, »Pardon wird nicht gegeben«, Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 6, 2011.
120 Adam Hochschild, in: Harpers Magazine , New York, Februar 2011.
121 Timothy Snyder, Bloodlands, Europe between Hitler and Stalin , New York, Basic Books, 2010.
122 Max Nord, Amsterdam tijdens den Hongerwinter , Amsterdam, 1947.
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Ein Licht in der Nacht: die Vereinten Nationen
In Europa endete das Martyrium des Hungers nicht am 8. Mai 1945 mit der Kapitulation des Dritten Reichs. Die Landwirtschaft war verwüstet, die Industrie vernichtet, die Infrastruktur zerstört. Daher litten die Menschen vieler Länder auch weiterhin unter Hunger, Mangelernährung und Krankheiten, die durch den Lebensmittelmangel und das geschwächte Immunsystem großer Bevölkerungsgruppen hervorgerufen wurden.
Dazu schreibt Josué de Castro: »Eine der dringendsten Aufgaben der Nachkriegszeit war die Lieferung von Lebensmitteln an dieses zerrissene und in sechs Kriegsjahren ruinierte Europa. Durch die Verminderung der Produktivität des Bodens aus Mangel an Düngemitteln, die Verringerung der kultivierten Flächen, den relativen Arbeitskräftemangel und das Fehlen landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen war die Agrarproduktion um 40 % gegenüber der Vorkriegszeit zurückgegangen. Dieser Rückgang war um so schwerwiegender, als trotz der hohen Verluste an Menschenleben die Bevölkerung in den Kriegsjahren um 20 % zugenommen hatte.« 123
Zu Frankreich meint Castro: »Frankreich ist ein typisches Beispiel dafür: Krieg , Besatzung und Befreiung schufen eine außerordentlich schwierige Versorgungslage, so daß Frankreich noch lange nach seiner Befreiung Hunger litt und vom Schwarzmarkt geschröpft wurde. Die Sanierung seiner Landwirtschaft stieß auf ernste Hindernisse, besonders wegen des miserablen Zustandes seiner Ländereien und seiner landwirtschaftlichen Maschinen und des Mangels an Dünger und Arbeitskräften.« 124
Eines der schwierigsten Probleme beim Nahrungsmittelanbau war die Düngerknappheit. 1939 belief sich in Frankreich die verfügbare Menge an mineralischem Dünger auf vier Millionen Tonnen. Diese Zahl war 1945 auf 250000 Tonnen gefallen.
Ein weiteres Problem waren die Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Mehr als 100000 französische Landwirte hatten zwischen 1939 und 1945 ihre Betriebe aufgegeben: entweder weil ihre Höfe verwüstet waren oder die Besatzer sie finanziell ruiniert hatten.
Während des Krieges befanden sich 400000 französische Bauern in Gefangenschaft, 50000 waren gefallen.
Der Wiederaufbau war langsam und mühsam. 125
Dazu Castro: »Der starke Produktionsabfall und das absolute Fehlen finanzieller Mittel zum Import von Agrarprodukten ließen Frankreich noch lange Jahre unter der Lebensmittelknappheit leiden.« 126
Durch die Leiden und Entbehrungen, die Unterernährung und den Hunger in der düsteren Zeit der Nazibesatzung waren die Europäer für Castros Analysen sensibilisiert.
Als Gegner der malthusianischen Ideologie vom Gesetz der Notwendigkeit setzten sie sich mit Nachdruck für die Kampagne gegen den Hunger ein und halfen beim Aufbau internationaler Organisationen, die diese Kampagnen führen konnten.
Das persönliche Schicksal von Josué de Castro und sein Kampf gegen den Hunger sind eng mit dem der Vereinten Nationen verknüpft.
Heute ist diese internationale Organisation ein bürokratischer Dinosaurier unter der Leitung eines untätigen und farblosen Südkoreaners, der unfähig ist, auf die Bedürfnisse, Erwartungen und Hoffnungen der Völker einzugehen.
Die UNO löst keine öffentliche Begeisterung mehr aus. Das war ganz anders, als sie bei
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