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Wir lassen sie verhungern

Wir lassen sie verhungern

Titel: Wir lassen sie verhungern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ziegler Jean
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Kriegsende gegründet wurde.
    Der anrührende Name »Vereinte Nationen« wurde zum ersten Mal 1941 genannt. Und zwar im Kontext des Kampfes gegen den Hunger.
    Am 14. August 1941 trafen sich der britische Premier Winston Churchill und der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt auf dem Schweren Kreuzer USS Augusta im Atlantik vor der Küste Neufundlands. Roosevelt war Initiator des Projekts.
    In seiner »Rede über die vier Freiheiten« vom 6. Januar 1941 hatte er die Freiheiten genannt, nach deren Verwirklichung er strebte: Rede- und Religionsfreiheit, Freiheit von Not ( freedom from want ) und von Furcht ( freedom from fear ). 127
    Die vier Freiheiten liegen der Atlantischen Charta zugrunde. Hören wir die Artikel 4 und 6 der Charta: »Sie [unsere Länder] sind bestrebt, mit Rücksicht auf bestehende Verpflichtungen dahin zu wirken, daß alle Staaten, ob groß oder klein, ob Sieger oder Besiegte, gleichermaßen Zutritt zum Handel und zu den Rohstoffen der Welt erhalten, um zu wirtschaftlichem Wohlstand zu gelangen …
    Nach der endgültigen Zerstörung der Nazi-Herrschaft erhoffen sie die Gestaltung eines Friedens, der es allen Völkern ermöglicht, innerhalb ihrer Grenzen in Frieden zu leben, und der allen Menschen in allen Ländern ein Leben frei von Furcht und Not gewährleistet.«
    Auch weiterhin wurden die Menschen in den besetzten und kriegsverwüsteten Gebieten vom Hunger heimgesucht. Nach dem militärischen Sieg war für Churchill und Roosevelt klar, dass die Vereinten Nationen alle ihre Ressourcen und Kräfte vorrangig der Beseitigung des Hungers widmen müssten.
    Der Kanadier John Boyd Orr, der auf der USS Augusta anwesend war, schrieb: »Wenn die Achsenmächte vollkommen vernichtet sind, werden die Vereinten Nationen die Welt kontrollieren. Doch es wird eine Trümmerwelt sein. In vielen Ländern sind die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen vollkommen zerstört. Selbst in den vom Krieg weniger betroffenen Ländern sind diese Strukturen schwer in Mitleidenschaft gezogen. Zweifellos muss diese Welt wiederaufgebaut werden … Eine solche Aufgabe lässt sich nur bewältigen, wenn die freien Nationen, die sich zusammengeschlossen hatten, um die Weltherrschaft der Nazis zu verhindern, vereint bleiben, um sich gemeinsam an den Aufbau einer neuen und besseren Welt zu machen.« 128
    Einige Monate vor seinem Tod fasste Franklin D. Roosevelt noch einmal wunderbar die auf der USS Augusta getroffenen Entscheidungen zusammen: » We have come to a clear realization of the fact that true individual freedom cannot exist without economic security and independence. Necessitous men are not free men. People who are hungry and out of a job are the stuff of which dictatorships are made.
    In our day these economic truths have become accepted as self-evident. We have accepted, so to speak, a second Bill of Rights under which a new basis of security and prosperity can be established for all – regardless of station, race or creed .« 129
    Diese Energie und Hoffnung speiste die weltweite Kampagne gegen den Hunger, die größtenteils vom wissenschaftlichen Werk und dem unermüdlichen Kampf Josué de Castros und seiner Mitstreiter angeregt worden war.
    Allerdings sind hier zwei Einschränkungen zu erwähnen, die diesem großherzigen Projekt innewohnten.
    Die erste betrifft die damalige politische Organisation der Welt: Die Vereinten Nationen der Vierzigerjahre waren in ihrer großen Mehrheit westlich und weiß.
    Ende des Zweiten Weltkriegs lebten noch zwei Drittel des Planeten unter dem Joch des Kolonialismus. Nur 43 Nationen nahmen im Juni 1945 an der Gründungssitzung der Vereinten Nationen in San Francisco teil. Teilnehmen konnten dort nur Staaten, die den Achsenmächten vor dem 8. Mai 1945 den Krieg erklärt hatten.
    Bei der UN-Generalversammlung am 10. Dezember 1948 in Paris, als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet wurde, waren, wie erwähnt, nur 64 Nationen vertreten.
    Die zweite Beschränkung erwächst aus einem Widerspruch, der der UNO seit ihrer Gründung immanent ist: Ihre Legitimität beruht auf dem freien Zusammenwirken von Nationen gemäß den Grundsätzen der Charta – einem Zusammenwirken, das in der Präambel zum Ausdruck kommt: »Wir, die Völker der Vereinten Nationen …« Doch die Organisation ist ein Zusammenschluss von Staaten, nicht von Nationen. Ihre Exekutive ist der Sicherheitsrat, dem (heute) 15 Staaten angehören. Die (heute) aus 194 Staaten bestehende

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