Wir lassen sie verhungern
auf unserem Planeten, egal, ob sie Landwirte in der Beauce oder Kleinbauern im Pandschab sind. Diese Unternehmen kontrollieren die Nahrung der Welt.« 142
In seinem wegweisenden, vor 50 Jahren veröffentlichten Buch Modern Commodity, Futures Trading verwendete Gerald Gold 143 zur Beschreibung dieser Verhältnisse, je nach betrachtetem Aktivitätsbereich, die Begriffe »Kartell« oder »Monopol«. Heute sprechen die Vereinten Nationen von »Oligopolen« zur besseren Charakterisierung von Märkten, wo eine sehr kleine Zahl (griech. oligos ) von Anbietern (Verkäufern) einer sehr großen Zahl von Nachfragern (Käufern) gegenübersteht.
Von den Kraken der Agrarindustrie sagt João Pedro Stedilé: »Ihr Ziel ist es nicht, Lebensmittel zu erzeugen, sondern Waren, um Geld zu verdienen.« 144
Schauen wir uns Cargill etwas näher an, ein Musterbeispiel. Cargill ist mit 1100 Zweigniederlassungen in 66 Ländern vertreten und beschäftigt weltweit 131000 Mitarbeiter. 2007 verzeichnete das Unternehmen einen Umsatz von 88 Milliarden Dollar und einen Nettogewinn von 2,4 Milliarden. Dieser Profit war um 55 Prozent höher als der des Jahres zuvor. 2008, im Jahr der großen weltweiten Lebensmittelkrise, erzielte Cargill einen Umsatz von 120 Milliarden Dollar und einen Reingewinn von 3,6 Milliarden.
1865 in Minneapolis gegründet, ist Cargill heute der mächtigste Getreidehändler der Welt. Das Unternehmen besitzt Tausende von Silos, Tausende von Hafenanlagen und eine Handelsflotte, die diese Anlagen untereinander verbindet. Es ist führend in der Verarbeitung von Ölpflanzen, Mais und Getreide.
Cargill gehört zu den Unternehmen, die unter schärfster Beobachtung von NGOs, vor allem amerikanischer Organisationen, stehen. Ich beziehe mich hier auf die Untersuchung der NGO Food and Water Watch : » Cargill, a threat to food and farming « (»Cargill, eine Bedrohung für Nahrung und Landwirtschaft). 145
Unter anderem ist Cargill der wichtigste Hersteller von mineralischem Dünger, was der Konzern vor allem seiner Tochtergesellschaft Mozaïc verdankt. Dank ihres Quasimonopols hatte diese Gesellschaft 2009 entscheidenden Anteil an einer Preiserhöhung; beispielsweise haben sich die Nitratdünger um 34 Prozent, die Phosphat- und Kaliumdünger sogar um 100 Prozent verteuert.
2007 (die letzten verfügbaren Zahlen), stand Cargill weltweit an zweiter Stelle der Meat Packer (Fleischhändler), an zweiter Stelle der Eigentümer von Feed Lots (Rindermastanlagen). an zweiter der Pork Packer (Schweinefleischlieferanten), an dritter der Putenerzeuger und an zweiter der Futtermittelhersteller.
Von Brasilien über die Vereinigten Staaten bis Kanada besitzt Cargill eine Vielzahl von Schlachthäusern. Zusammen mit drei anderen Unternehmen kontrolliert Cargill 78 Prozent der US-amerikanischen Schlachthäuser.
Zur Verarbeitung der Fleischwaren schreibt Food and Water Watch: »Zu den zweifelhaften Praktiken, die Cargill vorgeworfen werden, gehört die Begasung von Fleischpackungen mit Kohlenmonoxid, damit der Inhalt auch noch nach Ablauf des Verfallsdatums seine rötliche Farbe behält. Angeblich verhindert diese Begasung die Entwicklung des Bakteriums E. coli (obwohl es keinen Beweis für diese Behauptung gibt). Das ist eine Täuschung des Verbrauchers, der sich nicht mehr auf den visuellen Eindruck verlassen kann, um zu entscheiden, ob das Fleisch frisch ist oder nicht.«
Aus derselben Untersuchung geht hervor, dass Cargill die höchst umstrittene Methode der Lebensmittelbestrahlung zur Abtötung von Bakterien verwendet, die sich nach Einschätzung verschiedener Fachleute als höchst gesundheitsgefährdend erweisen könnte.
Food and Water Watch: »Von Januar 2006 bis Juni 2008 hat sich der Preis für Reis verdreifacht, der für Mais und Soja um 150 Prozent erhöht und der für Weizen verdoppelt.«
Dank seiner Hafenanlagen, der in der ganzen Welt vorhandenen Silos, ist Cargill in der Lage, riesige Mengen Mais, Soja und Reis einzulagern – und zu warten, bis die Preise anziehen. Umgekehrt kann Cargill dank seiner gewaltigen Flotte von Handelsschiffen und Frachtflugzeugen seine Waren in Rekordzeit verschieben.
Cargill ist auch einer der größten Baumwollhändler der Welt. Seine Hauptbezugsquelle ist Zentralasien, insbesondere Usbekistan. In Taschkent unterhält das Unternehmen ein Einkaufsbüro, das in Usbekistan Baumwolle für 50 bis 60 Millionen Dollar pro Jahr aufkauft.
Doch das Außenministerium in Washington ( Human Rights Report , 2008)
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