Wir lassen sie verhungern
senegalesische Staat besteuert ihre Löhne.«
Ende der Unterhaltung.
50 Kilometer von Saint-Louis entfernt, an der Straße nach Mali, zählt die ländliche Kooperative von Ross Béthio mehr als 6000 Genossenschaftsmitglieder.
Djibrill Diallo – braune Dschellaba, blitzende Augen, Stirnglatze, hitziges Temperament, um die Fünfzig – ist Exekutivsekretär der Bauerngewerkschaft. Er ist umgeben von den Mitgliedern seines Komitees – vier Männern und drei Frauen.
Die Bauern des Walo ernten den Reis zwei Mal im Jahr. Aber die Ernten sind mäßig – 1 Hektar bringt 6 Tonnen Paddy (ungeschälter Reis) – und die Preise, die die Händler aus Dakar zahlen, bescheiden.
Der Händler lädt den Paddy in seinen Lastwagen. Für einen 80-Kilo-Sack werden 7500 CFA-Franc bezahlt. 293
Der Stellvertreter des Exekutivsekretärs, Diallo Sall, ist ein lebhafter junger Mann, hellhäutig, kahl, ironisch, ungeduldig. Er unterbricht die etwas gespreizte Willkommensansprache von Djibrill mit dem Ausbruch: »Unsere Frauen, unsere jungen Leute gehen auf die Reisfelder, ohne vorher zu essen. Auf den Feldern ernähren sie sich von wilden Früchten … Sagt man das dem Gesundheitsbeamten, antwortet er: ›Du bist gegen die Staatsmacht, du bist ein Regimegegner.‹«
Trotz der bescheidenen Mittel ist die senegalesische Gastfreundschaft fürstlich. Der Tisch ist unweit der Moschee in der Baracke gedeckt, in der das Komitee seinen Sitz hat. Die Ventilatoren quietschen. Aus der Küche dringen köstliche Düfte. In großen Schüsseln erwarten uns gegrillte Karpfen aus dem Fluss, Zwiebeln, Hühnchen, Süßkartoffeln.
Die Reisbauern von Ross Béthio sind politische Aktivisten. Ich bin beeindruckt von der Intelligenz, mit der sie ihren Widerstand führen. Ihre Gewerkschaft ist den Ligues paysannes de l’Afrique de l’Ouest (den Bauernverbänden Westafrikas) und, die Grenzen Afrikas überschreitend, der Via Campesina angegliedert.
Für sie sind die GDS außer Reichweite. Aber der Unterpräfekt und der Präfekt von Walo und mehrere Minister in Dakar sind realistische Angriffspunkte für sie …
Das Land Grabbing beruht auf folgendem Mechanismus: Das Ackerland gehört niemandem, es befindet sich also praktisch im Besitz des Staates. Ein Flurbuch gibt es auf dem Lande nicht. Aber die bäuerlichen Gemeinschaften haben das Recht auf unbegrenzten Nießbrauch des Landes, das sie bewirtschaften. Das ist ein seit unvordenklichen Zeiten bestehendes Gewohnheitsrecht.
Der Staat hat besondere Gremien zur Behandlung von Problemen geschaffen, die sich aus dieser Regelung ergeben: die Landräte. Diese sind natürlich an die Partei gebunden, die in Dakar an der Regierung ist. Ihre Kompetenz ist wichtig: Sie befassen sich mit der Abmarkung, das heißt, mit der Festlegung von Grundstücksgrenzen. Die abgegrenzten und eingezäunten Ländereien weisen sie den Nutznießern zu.
Die Vorwürfe, die die Gewerkschafter von Ross Béthio erheben, sind schwerwiegend, aber gut belegt: Die Enteignung von Ackerland zugunsten der GDS beruht auf obskuren Verhandlungen, die in Dakar stattfinden. Die Landräte, die die Abmarkung vornehmen – das heißt, das Land Grabbing zum Nutzen der GDS –, erhalten ihre Anweisungen von der Regierung.
Die Abmarkung wird in einem offiziellen Dokument schriftlich festgehalten, das zunächst vom Unterpräfekten, dann vom Präfekten und schließlich vom Minister beglaubigt werden muss. Doch die Gewerkschafter versichern, dass einige Staatsbeamte, die mit der Beglaubigung beauftragt sind, und sogar einige Minister in Dakar dem Volumen des enteigneten Ackerlandes noch etliche Tausend Hektar zum eigenen Gebrauch hinzufügen würden.
Ein solcher von einem Landrat aufgesetzter Abmarkungsbescheid weist irgendeiner GDS eine bestimmte Menge Ackerland zu. Je länger der Weg des Dokuments durch den bürokratischen Dschungel, desto größer die Menge des den Bauern geraubten Landes …
Die Profiteure der Enteignung?
Laut den Syndikalisten sind es natürlich zunächst die GDS, aber auch – und in unterschiedlichem Maße – bestimmte Unterpräfekten, Präfekten, Minister und etliche von deren Freunden.
Durch Mobilisierung der öffentlichen Meinung, durch eine Vielfalt von internationalen Protesten, durch Klagen vor senegalesischen Gerichten kämpfen Djibrill, Sall und die Gewerkschafter – diese Reis-, Gemüse-, Obstbauern und Viehzüchter des Walo – gegen die Vernichtung ihrer Produktionsmittel.
Mit einem Mut und einer Entschlossenheit, die
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