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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bainbridge
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Jagen und das Sammeln erlernen, das Ausmaß der Kalorienbeschaffung immer weiter an. Untersuchungen haben ergeben, dass sich der Kalorienertrag beim Individuum zwischen zwanzig und fünfunddreißig vervierfacht. Menschen können energiereiche Nahrung viel, viel schneller beschaffen als jeder Schimpanse – sie brauchen also lange, um die Technik dafür zu erwerben, sind aber irgendwann außerordentlich gut darin. Und wenn wir uns jetzt an den eigentlichen Anlass für all diese Ausführungen erinnern, dann dürfte der wichtigste und erfreulichste Aspekt dieser Beobachtung der sein, dass der Mensch den Höhepunkt seiner Fähigkeit zur Nahrungsbeschaffung mit etwa fünfundvierzig erreicht (zu einem Zeitpunkt, an dem die meisten Schimpansen längst tot sind). Wenn ein Jäger und Sammler fünfundvierzig ist, lassen Kräfte, Knochensubstanz und Beweglichkeit nach, aber durch die vielen Jahre der Übung und Erfahrung hat er immer noch einen Vorteil gegenüber den Jüngeren. In puncto Nahrungsbeschaffung für die Gemeinschaft waren seit jeher die Menschen im mittleren Alter die Besten.
    Wie Essen für den Nachwuchs aufgetrieben werden konnte, hatte bemerkenswerte Auswirkungen auf die menschliche Gesellschaft. Denn es geht ja dabei nicht so zu, dass alle Erwachsenen in gleichem Maße Futter für die Jungen liefern; vielmehr jagen und sammeln manche mehr, manche weniger. Die meisten Primatenverbände kommen problemlos über die Runden, indem sie einfach das essen, was sie finden. Dem Menschen ist das nicht möglich. Um beim Jagen und Sammeln ein gewisses Niveau zu erreichen, muss man geschickt und beweglich sein – es geht nicht,dass beide Eltern und alle Kinder eingebunden sind. Der Mensch musste sich also spezialisieren – ein Teil der Gemeinschaft zog los, um Essen aufzutreiben, und der andere blieb zurück. Zusätzlich unterhalten Menschen ein System, bei dem andere Individuen als  die Eltern sich um die heranwachsenden Kinder kümmern. Heutige Jäger und Sammler erhalten Hilfe von anderen  – eine Untersuchung bei südamerikanischen Stämmen ergab, dass jedes Elternpaar bei der Versorgung ihrer Kinder von durchschnittlich 1,4 anderen Erwachsenen unterstützt werden. Und es sieht in der Tat so aus, als seien überall auf der Welt Männer, und insbesondere Männer im mittleren Alter, diejenigen, die den  Eltern die zusätzlich benötigten Kalorien beschaffen. Und außerdem sind sie auch diejenigen, die für das »Training« jüngerer Männer verantwortlich sind, auf dass diese sie dereinst einmal ablösen. (Womit gleichzeitig gesagt ist, dass Frauen mittleren Alters bei der Nahrungsbeschaffung keine so wichtige Rolle spielen. Wir werden allerdings noch auf das zu sprechen kommen, was sie  beizutragen haben.)
    Das System der Nahrungsbeschaffung ist beim Menschen also außergewöhnlich, und die Schlüsselposition dabei nehmen die Männer mittleren Alters ein. Die Umverteilung von Nahrung scheint ein zentraler Bestandteil menschlicher Gemeinschaften zu sein, vielleicht sogar die Basis für das ausgeprägte Sozialverhalten unserer Spezies, welches sich wiederum als einer der Hauptgründe dafür anbietet, dass unser Gehirn so groß ist. Man beginnt zu erkennen, warum sich in der Biologie des Menschen bestimmte Elemente im Doppelpack, also in Abhängigkeit voneinander, herausgebildet haben. Unser riesiges Gehirn braucht irrsinnig viel Energie, wenn wir jung sind; diese Energie muss oft genug von jemandem geliefert werden, der kein Elternteil ist; durch den Versorgungsengpass sind enge soziale Bindungen nötig; und für dieses Sozialverhalten ist ein leistungsfähigeres Gehirnerforderlich. Wir Menschen sind in einen Kreislauf eingespannt, dessen Bestandteile Intelligenz, Spezialkönnen und Gemeinschaftsbildung sind; im Zentrum der Bewegung sind dabei als treibende Kraft die Middle-Ager.
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    Damit ein Kind überlebensfähig wird, braucht es natürlich nicht nur Nahrung, sondern auch Informationen. Wie wir gesehen haben, befindet sich der Großteil dieser Informationen in unseren Genen. Bei vielen Tieren liegen alle Informationen komplett in den Genen, aber bei komplexeren Arten wie den Säugetieren oder gar den Menschen erhalten die Jungen Informationen auch auf anderem Weg – nämlich von den Älteren.
    Diese nicht-genetische Weitergabe von erlerntem Wissen ist ungemein wichtig, denn hier ist viel von dem enthalten, was Bedeutung für das alltägliche Leben hat  – durch sie können Menschen überleben und sich

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